Der lokale Strommarkt unter der Lupe

  21.01.2020 Region, Gesellschaft, Wirtschaft

ENERGIE Die Licht- und Wasserwerk Adelboden AG und die Kraftwerke Oberhasli AG sind für einen Teil der Energieversorgung im Berner Oberland zuständig. Wie bewältigen sie ihre Aufgaben? Ein Gespräch zeigte uns: überraschend unterschiedlich.

Anfang Woche fuhren wir zur Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) in Innertkirchen, um mehr über die Energiegewinnung zu erfahren. Nach dem interessanten Gespräch mit Thomas Huber fuhren wir nach Adelboden. Dort erwartete uns der Geschäftsführer von der Licht- und Wasserwerk Adelboden AG (LWA), Pascal von Allmen, um uns ebenfalls spannende Antworten auf unsere Fragen zu liefern.

Was ist Ihr Hauptangebot?
KWO:
Unser Kerngeschäft ist die Stromproduktion aus Wasserkraft.
LWA: In Adelboden sind wir für die Stromversorgung zuständig. Das heisst, wir betreiben das Stromnetz und kaufen zusammen mit anderen kleineren und mittleren Elektrizitätsversorgungsunternehmen elektrische Energie am Strommarkt von inländischen und europäischen Stromproduzenten ein, mit welcher wir unsere Kunden beliefern.

Woher nehmen Sie das Wasser, welches Sie für die Stromproduktion benützen?
KWO:
Aus dem Wasser, welches im ganzen Susten- und Grimselgebiet anfällt, produzieren wir Energie. Dies ist ein Riesengebiet von über 400 km2 Fläche.
LWA: Unser grösstes Kleinwasserkraftwerk steht an der Engstlige. Dort nehmen wir das Wasser für die Stromproduktion und anschliessend fliesst es wieder zurück in den Bach. Unser ältestes Kraftwerk ist die Moosweid, welches Wasser aus einem Quellgebiet bezieht. Mittlerweile haben wir dort auf halber Fallhöhe noch ein zusätzliches Kraftwerk. Eine weitere Art von unseren Kraftwerken sind die beiden sogenannten Trinkwasserkraftwerke, welche im Trinkwasserleitungsnetz Strom produzieren.

Wie viel Wasser verbrauchen Sie pro Tag?
KWO:
Konkret kann man dies so nicht beziffern. Wir können 25 Prozent vom anfallenden Wasser in unseren Seen speichern. Dank unserer Wasserspeicher können wir bedarfsgerecht Strom produzieren. Dies unterscheidet uns von Laufkraftwerken. Wenn ein Loch im Stromnetz entsteht, können wir die Schleusen öffnen und das Wasser turbinieren, um Strom zu produzieren.
LWA: Bei der Wasserkraftproduktion spreche ich lieber von verwenden, da im eigentlichen Sinne kein Wasser verbraucht wird. Wir sind sehr saisonabhängig. Im Winter produzieren wir sehr wenig Strom. Im Vergleich zum Frühling, wenn das Schmelzwasser kommt, verarbeiten wir mehr Wasser. Der maximale Durchfluss aller Kleinwasserkraftwerke zusammen beträgt dann 195 000 l/min.

Naturschutz ist bei Kraftwerken in Berggebieten häufig ein Thema. Auch für Sie?
KWO: Ja, das ist ein sehr wichtiges Thema. Wasserkraft heisst gleichzeitig natürlich auch Eingriff in die Natur, dies kann man aber nicht vermeiden. Wir haben bereits vor einigen Jahren den Weg gewählt und gesagt, die Natur ist uns sehr wichtig, und deshalb engagieren wir uns seit Jahren stark für den Einklang mit der Natur. Dies ist auch der Grund, weshalb die KWO eine eigene Ökologie-Abteilung mit mittlerweile acht Mitarbeitenden hat. Zudem haben wir Ersatz- und Ausgleichsmassnahmen ergriffen, die Kraftwerke saniert, Ausgleichsbecken gebaut, die Fischgängigkeit verbessert oder Arven gepflanzt. Das Ziel des Ausgleichsbeckens in Innertkirchen ist beispielsweise, dass man vom turbinierten Wasser nicht alles auf einmal zurück in die Aare gibt. Wäre dies der Fall, könnten Fische in der Aare nicht mehr aufsteigen. Das Ausgleichsbecken bewirkt, dass die Fische auch zurück in das Grimselgebiet können, um dort zu laichen.
LWA: Ja, wir sind nach ISO 14 001 zertifiziert. Das ist eine Umweltmanagementnorm, welche man erhält, wenn man über ein Umweltmanagement-System verfügt und sich in diesem Bereich stetig verbessert. Zudem beteiligen wir uns an Aufwertungsmassnahmen von Gewässern in der Region. Zusätzlich haben wir ab diesem Jahr eingeführt, dass wir für Kunden, die in der Grundversorgung sind, nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen einkaufen.

Haben Sie irgendwelche zukünftigen Projekte?
KWO:
Wir haben verschiedene Ausbauvorhaben. Das aktuellste Projekt ist das Kraftwerk und der Speichersee Trift. Das Projekt, welches sich derzeit im Konzessionsverfahren befindet, beinhaltet einen Stausee mit einem weiteren Kraftwerk im Gadmental. Dort haben wir keine Speicherseen im Vergleich zum Aaretal. Im Gadmental müssen wir das gesamte Wasser als Laufwasser turbinieren. Wir können es nicht zwischenspeichern, was für die Netzstabilität und die bedarfsgerechte Stromproduktion viel wertvoller wäre. Der Speichersee wäre eine zusätzliche Winterbatterie.
LWA: Im Bereich Wasserkraft haben wir aktuell keine weiteren Projekte. In diesem Tal ist die Wasserkraft, welche finanziert werden kann, mehr oder weniger ausgeschöpft. Wir haben dies auch von einer externen Firma prüfen lassen.

Durch die Abstellung des Atomkraftwerks Mühleberg und die vermehrte Nachfrage nach Elektroautos könnte ein Strommangel entstehen. Welche Massnahmen werden ergriffen, damit der Strom ausreicht?
KWO: Dieses Problem wurde auch schon vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz prognostiziert. Sie machen regelmässig eine RiskMap, welche die grössten Risiken für die Schweiz aufzeigt. Neu ist der Strommangel auf Platz 1 gerückt und wird als grösseres Risiko eingestuft als eine Atomkatastrophe. Eine Strategie ist, dass man die vorhandenen Potenziale ausbaut, d. h. im Bereich Wasser-, Wind- und Sonnenenergie. Weiterhin muss man die Bevölkerung natürlich darauf hinweisen, möglichst effizient Strom zu nutzen.
LWA: Wir müssen hier in der Schweiz schauen, dass mehr Strom aus erneuerbaren Quellen produziert wird – sei es mit Wasserkraft oder Solar. Die Herausforderung dieser Formen ist, dass diese keine kontinuierliche Bandenergie produzieren, da sie sehr wetterabhängig sind. Daher müssen wir das Stromsystem in der Schweiz umbauen. Wir arbeiten bei so einem Projekt in einem Feldtest mit. Das Startup-Unternehmen namens aliunid testet dabei zusammen mit rund 15 Energieversorgungsunternehmen und drei Grosswasserproduzenten ihr intelligentes System, bei welchem die Endverbraucher mit den Produzenten verbunden werden, um die Produktion und den Bedarf flexibel zu steuern.

ALEXANDRA KEHRLI, KRISTINA DURIC


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