Nach Ablauf der dreijährigen Schonfrist ist das Schicksal des Skilifts Spittelmatte besiegelt: Er wird nicht mehr in Betrieb genommen. Weil das Defizit immer grösser wurde, haben sich alle Beteiligten auf die Stilllegung ge einigt.

BIANCA HÜSING
«Das Skigebiet weit über dem Dorf Kandersteg ist ein idealer Tummelplatz für Familien», wirbt die Sunnbüelbahn auf ihrer Website. Allein: Getummelt hat sich hier zuletzt kaum jemand. Seit vielen Jahren ist der Skilift defizitär und muss vom Sommergeschäft mitgetragen werden. Schon 2018 hätte die Anlage deshalb stillgelegt werden sollen.

Doch gegen den Unternehmensbeschluss regte sich Widerstand aus den Reihen der Kandersteger JO. Mit einer mehr als 500-mal unterzeichneten Petition brachte Jugendtrainer Marco Kallen die Sunnbüelbahn zum Einlenken – unter der Bedingung, dass die Gemeinde und die Petitionäre sich finanziell am Betrieb des Skilifts beteiligen. Gesagt, getan: Die genannten Parteien einigten sich auf eine dreijährige Probephase und sicherten zu, je einen Drittel des Defizits von rund 45 000 Franken jährlich zu übernehmen. Kallen und seine Unterstützer gründeten zu diesem Zweck sogar einen Förderverein, die «IG Skilift». Deren Hoffnung, in dieser Zeit mehr Leute auf den Lift zu bringen, wurde jedoch nicht erfüllt. Im Gegenteil.

Steigende Kosten – und eine Reparatur
«Die Fahrgäste wurden eher weniger und die Betriebskosten höher», sagt Reto Zurbrügg, Verwaltungsratspräsident der Luftseilbahn Kandersteg-Sunnbüel AG. Es sei extrem schwierig, eine kleine Einzelanlage wie den Skililft Spittelmatte auch über die Region hinaus zu vermarkten. «Niemand kommt von Zürich oder Bern angereist, nur um auf Sunnbüel Ski zu fahren», so Zurbrügg. Tatsächlich sind die Frequenzen der letzten drei Saisons nicht besonders hoch. Nach Auskunft des Sunnbüel-Verwaltungsrats Jürg Brönnimann kamen 2018 / 19 noch 828 Gäste zum Skifahren, in der Folgesaison 886 und 2020 / 21 noch 628.

Dass es zuletzt derart wenige Ersteintritte gab, hängt sicherlich zum Teil mit Corona zusammen. Doch auch ohne die Pandemie wären die Besucherzahlen wohl nicht plötzlich in die Höhe geschnellt. «Im Schnitt hatten wir immer gegen 14 bis 17 Skifahrer pro Tag», sagt Brönnimann. Die Einnahmen (Tickets Sunnbüel, Verbundabos und Pooltickets wie etwa Top4) beliefen sich in den letzten drei Wintern auf 20 000, 30 000 und 6 000 Franken – was nicht ansatzweise ausreichte, die Betriebskosten für den Lift zu decken. Das jährliche Defizit ist kontinuierlich gestiegen und lag zuletzt bei 56 000 Franken. Zu allem Überfluss wurde im Frühjahr 2020 auch noch ein Getriebeschaden an der 38-jährigen Anlage festgestellt.

Weil die vereinbarte «Schonfrist» für den Lift noch nicht ausgelaufen war, wurde die Reparatur ausgeführt. Kostenpunkt: 27 000 Franken. Gemeinde und Sunnbüelbahn zahlten je die Hälfte. «Weil die IG ohnehin schon Mühe hatte, ihren jährlichen Defizitbeitrag zu stemmen, musste sie sich an den Reparaturkosten nicht beteiligen», sagt VR-Präsident Zurbrügg. Der Personalaufwand für die Reparatur (260 Arbeitsstunden) ging komplett zulasten der Bahn.

Ein rein wirtschaftlicher Entscheid
Nach Ablauf der dreijährigen Probephase und kurz vor Beginn der kommenden Wintersaison haben die drei Parteien sich noch einmal zusammengesetzt und über die Zahlen gebeugt. «Schweren Herzens, aber einvernehmlich, beschlossen wir, den Betrieb des Skilifts und des Kinderskilifts einzustellen», so Zurbrügg. Der Entscheid sei ein rein wirtschaftlicher gewesen – glücklich sei damit niemand.

Letztlich ist es so gekommen, wie Zurbrügg bereits vor drei Jahren vorausgesagt hatte. Er zeigte sich damals skeptisch, dass sich an der Situation grundsätzlich etwas ändern würde – zumal es langfristig wohl den meisten kleinen Skigebieten so ergehen werde.

Für die JO und andere treue Gäste tue es ihm leid, dass Kandersteg nun einen Lift weniger habe. Aber er merkt auch kritisch an: «Wären alle 500 Unterzeichner der Petition regelmässig zum Skifahren gekommen, hätten wir dieses Problem vielleicht nicht.» Jedenfalls habe das Bahnunternehmen angeboten, weiterhin seinen Teil zum Betrieb der Anlage beizutragen – wenn die übrigen Parteien dies auch gewollt hätten.

«Es ist extrem schade»
Gewollt hätte man schon – aber nicht gekonnt. «Das Defizit ist jedes Jahr grösser geworden. Ganz am Anfang lag unser Beitrag noch bei 15 000 Franken. Diese Summe hätten wir wohl auch weiterhin aufbringen können. Ein Jahr später waren es aber schon 18 000 Franken», sagt Marco Kallen von der IG Skilift. Mit Mitgliedsbeiträgen zwischen 50 und 200 Franken sei es schwierig, die wachsenden Kosten aufzufangen – umso mehr, da man nicht wisse, wie hoch sie noch geworden wären. «Und ob die Rechnung stimmt, können wir sowieso nicht nachvollziehen», merkt Kallen an. So sei er schliesslich mit der Gemeinde und dem Bahnunternehmen übereingekommen, den Betrieb des Skilifts einzustellen – auch wenn er dies sehr bedaure. «Es ist extrem schade, dass es wieder ein Angebot weniger gibt.»

«Aus finanzieller Sicht verständlich»
Mit seiner JO wird Kallen nun vor allem am Oeschinensee trainieren. Auch nach Adelboden könne man ab und zu fahren, doch sei dies recht kostspielig und aufwendig. Den Vorwurf, man habe den Lift auf Sunnbüel zu selten genutzt, lässt er so nicht gelten. «Die ersten beiden Jahre der Probephase sind sehr gut angelaufen mit fast doppelt so hohen Frequenzen wie vorher.» Dass es im dritten Jahr weniger geworden sei, liege vor allem an Corona.

Auch die Gemeinde bedauert nach offizieller Auskunft, dass der Skilift nicht mehr betrieben wird. «Aus finanzieller Sicht ist der Entscheid der Luftseilbahn Kandersteg-Sunnbüel AG jedoch verständlich.»

Die Abos bleiben gültig

Die Betreiber der Sunnbüelbahn wollen nun umso mehr auf den Sommer setzen, aber auch auf die weiterhin bestehenden Winterangebote wie die Langlaufloipen, Schneeschuhtrails und Winterwanderwege. «Insbesondere beim Langlauf sehen wir aufgrund der schneesicheren Höhenlage noch Potenzial», meint VR-Präsident Reto Zurbrügg. Bis anhin gültige Abonnemente wie das Saisonabo Kandersteg, das Saisonabo Adelboden / Kandersteg und Top4 behalten für die Benutzung der Luftseilbahn ihre Gültigkeit. Die Sunnbüelbahn ist zwar aus dem Top4-Verbund ausgestiegen (der «Frutigländer» berichtete), gewährt ihren Top4-Kunden in der kommenden Saison aber noch freie Fahrt.

HÜS

Schluss mit Skifahren auf Sunnbüel

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