Unbewilligtes Bauen kann teuer werden

  19.07.2022 Region

JUSTIZ Dass illegale Bauarbeiten in der Landwirtschaftszone mit einer hohen Busse bestraft werden, musste am Montag ein Landwirtepaar aus dem Frutigland schmerzhaft erfahren.

PETER SCHIBLI
Zwischen 2018 und 2020 hatte ein Ehepaar den Stall und das Obergeschoss ihres Weidhauses ausgebaut und mit Fenstern versehen, ein freistehendes WC-Häuschen errichtet und auf dem Vorplatz illegalerweise Asphaltfräsgut verwendet. Bei einem zweiten Weidhaus bauten die beiden Dachfenster ein, auch hier, ohne dafür eine Baubewilligung zu besitzen. Zudem erstellten sie zwischen den zwei Häusern einen Schotterweg. All diese Eingriffe wurden von der Gemeinde Frutigen auch nach Einreichen eines nachträglichen Baugesuchs nicht bewilligt.

Strafbefehle nicht akzeptiert
Für die zuständige Baukommission waren die illegalen Bauaktivitäten des Guten zuviel, handelte es sich doch um mehrere klare Verstösse gegen das Baugesetz. Mit Mehrheitsentscheid beschloss die Kommission, gegen die Bauherren eine Strafanzeige einzureichen. Im September 2021 schickte die Staatsanwaltschaft jedem Ehepartner einen Strafbefehl und sanktionierte die Übertretungen mit Bussen von je 7000 Franken und Gebühren von je 300 Franken. Da sie die Strafbefehle nicht akzeptierten und Einsprache dagegen erhoben, mussten die beiden am Montag als Beklagte vor dem Regionalgericht Oberland in Thun erscheinen.

Gerichtspräsidentin Nathalie Fritz machte dem Ehepaar gleich zu Beginn der Verhandlung keine Hoffnung auf einen Freispruch. Bei unbewilligten Bauten in der Landwirtschaftszone kenne das Gericht kein Pardon. Im Gegenteil: Es sei nicht ausgeschlossen, dass das Gericht die Busse erhöhen werde. Ausserdem sei bei einem halben Tag Verhandlung mit zusätzlichen Gerichtskosten von rund 1000 Franken zu rechnen.

Zuständiger Gemeinderat riet zum Rückzug
Bereits im Rahmen der Vorfragen mischte sich der anwesende Frutiger Gemeinderat Markus Grossen ein und fragte rhetorisch, ob es den Beklagten erlaubt sei, ihre Einsprache zurückzuziehen. Ganz offensichtlich war es dem für das Baudepartement zuständigen Gemeindevertreter angesichts des drohenden Unheils unwohl. Fast entschuldigend schob er nach, seine Gemeinde mache nur, was der Kanton befehle. Und vom Bussgeld fliesse kein Rappen an die Gemeinde zurück.

20 Minuten nach Verhandlungsbeginn läuteten beim Landwirte-Ehepaar die Alarmglocken. Die beiden Beklagten realisierten, dass eine Fortsetzung der Verhandlung sowie ein Urteil zu deutlich höheren Kosten führen könnte. Nach kurzer Beratung mit dem Gemeinderat zogen sie ihre Einsprache zurück und erklärten sich mit einer zusätzlichen Gerichtsgebühr von je 100 Franken einverstanden.

Ende gut, alles gut – könnte man meinen. Doch ganz abgeschlossen ist die Geschichte noch nicht. Wann die illegal errichteten Gebäudeteile zurückgebaut werden, wusste der Gemeinderat gestern nicht. «Das ist eine andere Geschichte,» meinte er lakonisch beim Rausgehen.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote