PUNKTLANDUNG - Kapriolen in Grün und Weiss

  17.03.2023 Kolumne

Kapriolen in Grün und Weiss

«Während die gesamte Wintersaison-Bilanz in den Berggebieten bis jetzt etwas unter den Ergebnissen der letzten Jahre liegt, gibt es im Februar eine Zunahme an Gästen zu verzeichnen», schrieb Seilbahnen Schweiz Anfang März. Besonders positiv falle die Bilanz des letzten Monats im Vergleich zum Vorjahr aus. Betrachte man lediglich den Februar, so lag die Gesamtanzahl an Gästen in den Schweizer Schneesportgebieten um vier Prozent höher als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Im Wallis betrug der Zuwachs sogar acht Prozent, in der Zentralschweiz waren es fünf und in Graubünden sowie im Berner Oberland vier Prozent.
Wenn ich an die Bilder in den Zeitungen, den TV-Sendungen und den Apps der letzten Monate zum Thema Wintersport denke, dann war Grün die meistgezeigte Farbe: Da musste die nach Süden ausgerichtete und dem Föhn direkt ausgesetzte Klosterwiese in Engelberg auf ziemlich genau tausend Meter über Meer immer wieder herhalten mit ihrem weissen Skilift-Band aus mehrheitlich technischem Schnee. Auch andernorts kam oft die apere Talseite visuell zum Zug, um uns drastisch vor Augen zu führen, wie prekär die Lage denn sei.
Meine Frau und ich waren im Januar und Februar zwei Mal drei Tage lang im Saanenland zum Winterwandern und Schneeschuhlaufen. Wir trafen zwischen 1000 und 2000 Metern Höhe über Meer hervorragende Verhältnisse an mit nicht übermässigen, aber klar ausreichenden Schneemengen, sogar mit tiefverschneiten Tannen zur Dekoration. Wo wir Abfahrtspisten oder Loipen kreuzten, lag überall genügend Schnee für die Skifahrer und Langläuferinnen – auch natürlicher.
Anfang März fuhr ich dann mit einem Freund Ski auf dem Stoos (1305 m ü. M.). Am Fronalpstock (1921 m ü. M.), der jeweils am Morgen von der Sonne intensiv bestrahlt wird, war zwar nur die Hauptpiste präpariert. Aber auf der gegenüberliegenden Seite mit dem Klingenstock (1935 m ü. M.) und seinen roten und schwarzen, nordexponierten Pisten herrschten herrliche, hochwinterliche Verhältnisse: weder eine Wurzel noch ein Stein weit und breit. Nur die gefühlt überhängend steile Abfahrt rechts vom Sessellift war, weil wohl nicht bearbeitbar, geschlossen. Zehn Tage später tummelten wir uns am Andermatter Gemsstock (2960 m ü. M.). Ich kann mich nicht erinnern, in den letzten 20 Jahren jemals derart gute Schneeverhältnisse angetroffen zu haben. Das galt abschliessend auch für die bestens präparierte Talabfahrt zurück ins Dorf (1447 m ü. M.).
«Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast», lautet ein bekanntes Sprichwort. Ich bin nach diesem Winter davon angetan, dieses abzuwandeln: «Traue keinem Artikel, keiner Sendung, keiner Wetterapp und erst recht keinem Schneebericht, bevor du nicht selbst an deiner Wintersportdestination angekommen bist!».

KURT METZ

MAIL@KURTMETZ.CH


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