Die Gemeinde will investieren – und muss Schulden machen

  29.11.2022 Aeschi, Aeschiried

Die BürgerInnen können am Freitag ein ausgeglichenes Budget verabschieden, mittelfristig steigt aber der finanzielle Druck. An der Gemeindeversammlung geht es überdies ums Parkplatzreglement und ums Hallenbad. Zudem soll ein Gemeinderat gewählt werden – Kandidaturen gibt es aber noch nicht.

JULIAN ZAHND
Auf den ersten Blick scheinen die Finanzen Aeschis im Lot: Das Budget 2023, über das die Gemeindeversammlung diese Woche befindet, weist im Steuerhaushalt einen kleinen Gewinn von 17 300 Franken aus, die Steuern werden nicht erhöht.

Gleichzeitig schreibt die Gemeinde in ihrer Botschaft: «Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts ist nur bedingt erfüllt.» In der Erfolgsrechnung enthalten sind nämlich auch rein buchhalterische Erträge, die quasi von einem Konto aufs andere geschoben werden und nicht real in die Kasse fliessen. Sie polieren die Zahlen auf. Dabei handelt es sich um Gewinne, die im Jahr 2016 aufgrund einer Neubewertung der gemeindeeigenen Liegenschaften resultierten und die jetzt Schritt für Schritt aufgelöst werden. Noch bis ins Jahr 2025 werden davon in der Erfolgsrechnung jährlich rund 300 000 Franken verbucht, danach sind diese Neubewertungsreserven aufgebraucht. Ohne diesen Betrag wäre das Budget 2023 defizitär.

Schuldzinsen werden sich vervielfachen
Zudem stehen der Gemeinde grössere Investitionen ins Haus, was den finanziellen Druck erhöht. Zurzeit ist Aeschi mit 1370 Franken pro Kopf verschuldet. Das ist kein dramatischer Wert, doch in den nächsten fünf Jahren wird sich einiges ändern. Denn im Jahr 2023 steht die Sanierung des Gemeindesaals an, Kostenpunkt 2,3 Millionen Franken. 2025 sind weitere 2,7 Millionen für die Sanierung der Oberstufenschule und der Turnhalle geplant. Pro Jahr kann die Gemeinde aber nur rund 500 000 Franken an Investitionen aus Eigenmitteln decken, den Rest muss sie als Fremdkapital aufnehmen. Und das wird sich wegen der steigenden Zinsen in der Kasse bemerkbar machen. «Wir rechnen ab 2027 mit jährlichen Schuldzinsen von rund 300 000 Franken, sagt Gemeindekassier Fritz Portenier. Gegenüber heute entspricht das einer Versechsfachung. Immerhin verfügt die Gemeinde zurzeit über einen Bilanzüberschuss von vier Millionen Franken, was «gewisse Spielräume» offenlasse.

Besseres Ergebnis, aber nicht mehr Geld
Buchhalterischer Natur ist auch das Traktandum 5. Das Schulhaus Aeschiried wird seit 2019 nicht mehr als solches genutzt, die Schulräume und Wohnungen im Gebäude werden vermietet. Daher muss das Schulhaus vom Verwaltungs- ins Finanzvermögen überführt werden, was zu einem Buchgewinn von über einer Million Franken führt. Der Betrag fliesst in die laufende Erfolgsrechnung ein.

Könnte dieser Gewinn künftig gleich für Investitionen verwendet werden? Fritz Portenier verneint. Die Gemeinde habe sich gegen einen Verkauf des Schulhauses entschieden. «Der Betrag taucht zwar in der Rechnung auf, kann aber nicht als flüssige Mittel angezapft werden.» Ähnlich war das bereits bei der Rechnung 2021, die mit einem Plus von über einer Million Franken abschloss. Der Gewinn ergab sich aus der Umwandlung des Kindergartens in eine vermietete Kita. Auch dieses Gebäude verblieb im Besitz der Gemeinde, wodurch sich die Liquidität nicht erhöhte.

Mehr und teurere Parkplätze in Aeschiried
Wenn unten Nebel herrscht, zieht es viele Tagesausflügler nach Aeschiried, viele reisen mit dem Auto an. An Spitzentagen ist das Verkehrsaufkommen daher enorm, die Gemeinde spricht von «prekären Verhältnissen». «Die Parkplätze sind an diesen Tagen berstend voll, folglich wird auch wild parkiert», sagt Gemeindeschreiber Lukas Berger. Zwei neue Massnahmen sollen helfen, das Problem zu entschärfen. Erstens entstehen beim Schulhausplatz zurzeit rund 30 neue Parkfelder. Zweitens will die Gemeinde die Parkgebühren erhöhen – dafür braucht sie den Segen der Gemeindeversammlung.

Die Anpassung des Parkplatzreglements, über die am Freitag abgestimmt wird, würde es dem Gemeinderat erlauben, die Gratisstunde auf öffentlichen Parkplätzen abzuschaffen. Die konkrete Festsetzung der Gebühren obläge dann dem Gemeinderat, darüber wird nicht abgestimmt. Vorgesehen sind Kosten von zwei Franken für eine Parkstunde, ab vier Stunden soll die Gebühr neu acht Franken betragen (bislang sind es sieben).

Eine Bürgschaft fürs Hallenbad
Traktandiert ist an der Gemeindeversammlung auch das Hallenbad. Diesem stehen dringende Sanierungsarbeiten im Gesamtwert von knapp 1,3 Millionen Franken bevor. Erneuerungsbedürftig ist etwa das Flachdach und das Sprudelbecken. Zudem will der Betrieb eine Solaranlage installieren, um das Duschwasser und das Schwimmbad zu heizen. Da das Unternehmen die Arbeiten nicht selbst finanzieren kann, beantragt es unter anderem ein Darlehen bei der neuen Regionalentwicklung in der Höhe von 550 000 Franken. Damit dieser Betrag fliesst, braucht die Hallenbad AG Aeschi eine Rückversicherung, weshalb sie die Gemeinde bat, das Darlehen zu verbürgen. Über diese Bürgschaft wird nun abgestimmt.

Nun gehören Hallenbäder üblicherweise nicht zu den rentabelsten Betrieben. Wie gross ist das Risiko, dass diese Bürgschaft zum Tragen kommt? Gemeindeschreiber Lukas Berger sagt dazu: «Für die Gemeinde ist das Schwimmangebot wichtig. Entsprechend wollen wir das Bad auch unterstützen.» Sollte das Unternehmen tatsächlich in finanzielle Schieflage geraten, wäre die Gemeinde ohnehin involviert. Sie besitzt 40 Prozent der Aktien und ist daher die grösste Teilhaberin der Hallenbad AG Aeschi.

Eine gewisse Entwarnung gibt zudem ein Blick in die Vergangenheit. Seit das Bad im Jahr 2012 mittels Notfallplan in die Zukunft gerettet werden musste, sind die Abschlüsse solid, die Rechnung schliesst üblicherweise positiv. Eine Ausnahme war das Corona-Jahr 2020, in dem ein Minus von rund 50 000 Franken resultierte. Natürlich sind diese Zahlen nur möglich, weil die Gemeinde das Bad jährlich mit 175 000 Franken unterstützt, wovon 50 000 Franken fürs Schulschwimmen reserviert sind. Der Betrag sei verhältnismässig tief, sagt Lukas Berger. Zum Vergleich: Das Hallenbad in Frutigen erhält von der Gemeinde jährlich 320 000 Franken Unterstützung.

Ein vakanter Sitz wäre ein Novum
Weiter muss die Gemeindeversammlung über einen Kredit für das neue Kommunalfahrzeug in der Höhe von 200 000 Franken befinden. Zudem werden ihr diverse Kreditabrechnungen zur Kenntnisnahme unterbreitet.

Und schliesslich wird an diesem Abend auch gewählt: Nebst diversen Kommissionsposten wird ein Sitz im Gemeinderat frei. Yvonne Schmid verlässt das Gremium infolge Amtszeitbeschränkung. Einziges Problem: Wenige Tage vor der Wahl hat sich noch niemand für das Amt gemeldet. «Wir sind derzeit verzweifelt auf der Suche», sagt Philipp Zaugg, Präsident der SVP – der einzigen Ortspartei in Aeschi. Eine Vakanz wäre ein Novum für die Gemeinde.

Sollte die Suche der Partei weiterhin erfolglos verlaufen, müsste sie wohl auf die Spontanität ihrer BürgerInnen hoffen: Im Gegensatz zu anderen Gemeinden gibt es in Aeschi keine Frist für Kandidierende. Theoretisch kann man sich also auch am Abend der Gemeindeversammlung bewerben.

Gemeindeversammlung: Freitag, 2. Dezember, 20 Uhr im Gemeindesaal.


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