Günstigerer Strom und neue Parkplätze

  29.11.2022 Frutigen

Die Biogasanlage auf dem ARA-Gelände soll Teil eines Verbraucherzusammenschlusses werden und dadurch auch die Gemeinde mit Energie versorgen. Dieses Kreditgeschäft ist nicht das einzige, über das die Gemeindeversammlung abstimmen wird.

BIANCA HÜSING
Das Thema Strom nimmt in Frutigen zurzeit viel Raum ein. Zum einen muss man sich natürlich auch hier mit der potenziellen Mangellage und den steigenden Preisen auseinandersetzen. Zum anderen hat ein von Privatpersonen organisierter Infoabend den Energierichtplan in die öffentliche Wahrnehmung zurückgeholt – und mit ihm die Frage, wie weit die Gemeinde mit dessen Umsetzung ist (der «Frutigländer» berichtete). Zehn Tage vor besagtem Anlass teilte der Gemeinderat mit, er werde der Gemeindeversammlung zwei Energieprojekte im Umfang von 1,5 Millionen Franken vorlegen. Eines der beiden Projekte – die geplante Photovoltaikanlage auf dem Dach der Widi-Halle – zog er wenige Tage nach dem Anlass wieder zurück. Aufgrund «neuer Erkenntnisse» sei das Geschäft noch nicht beschlussreif. Auf Nachfrage erläutert der Gemeindeschreiber, dass unter anderem das Turnhallendach baufällig sei. Ob im Frühling eine ausserordentliche Gemeindeversammlung zum Thema stattfinden wird, sei noch offen.

Auch wenn die Solaranlage vorläufig also noch nicht zur Abstimmung steht – den einen oder anderen Wortbeitrag dürfte sie gleichwohl provozieren.

ZeV statt KEV
Definitiv behandelt wird das zweite Energieprojekt. Die Biogasanlage im Kanderspitz soll Teil des Zusammenschlusses energetischer Verbraucher (ZeV) werden, zu dem bisher der Werkhof, die Kläranlage sowie die Kadaversammelstelle und das Schlachthaus der Frutigland Fleisch AG gehören. Die ZeV-Partner beziehen gemeinsam Strom von der Solaranlage auf dem Werkhofdach. Neu soll auch die Biogasanlage dazugehören, die den ZeV mit bis zu 500 000 kWh pro Jahr versorgen kann. Zusammen mit dem Solarstrom sei dies mehr als genug, um den Bedarf aller ZeV-Liegenschaften im Kanderspitz zu decken. Allfällige Überschüsse könne man ins BKW-Netz einspeisen.

Eigentlich würden die Betreiber der Biogasanlage bis 2034 Beiträge aus der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) erhalten. Laut Versammlungsbotschaft sind sie nun aber bereit, aus dem KEV auszusteigen und dem ZeV beizutreten. Im Gegenzug müsse die Gemeinde ihnen die Stromabnahme zu KEV-Bedingungen bis ins Jahr 2031 garantieren. Um also während neun Jahren 500 000 kWh zum Preis von je 0,213 Franken vergüten zu können, beantragt der Gemeinderat einen Verpflichtungskredit in Höhe von 958 500 Franken.

Auf der Wiese statt unter der Erde
Das Traktandum mit dem zweitgrössten Kreditvolumen betrifft die Schülertransporte Innere Gebiete und Reinisch. Weil der bisherige Vertragspartner (der Inhaber der Firma Kander-Reisen) in Rente geht, braucht die Gemeinde ab 2023 einen neuen Anbieter. Der Einzige, der sich auf die öffentliche Ausschreibung gemeldet hat, war der neue Kander-Reisen-Inhaber Marcel Germann. Mit der Übernahme der Firma werde dieser per 1. Januar 2023 sämtliche Eignungskriterien erfüllen und könne die Transporte für jährlich rund 144 000 Franken übernehmen. Für den auf vier Jahre befristeten Vertrag beantragt der Gemeinderat einen Verpflichtungskredit in Höhe von 576 000 Franken.

In gewisser Weise kostensparend ist das dritte Kreditbegehren des Gemeinderats. Wegen unterschiedlicher «gestalterischer Ansichten» will er sich nicht mehr am Einstellhallenbau der Raiffeisenbank beteiligen. Stattdessen soll der oberirdische Gemeindeparkplatz nun um neun Felder sowie um Velo- und Mofaabstellplätze ergänzt werden. «Damit verzichtet die Gemeinde auf die ursprünglich grüne Wiese», heisst es in der Versammlungsbotschaft. Weil im Zuge des Parkplatzbaus auch die Abwasseranlagen saniert werden sollen, rechnet man mit Gesamtkosten in Höhe von 95 000 Franken. An der Einstellhalle hätte sich die Gemeinde mit 270 000 Franken beteiligt – und zwar mit dem Segen der Frutiger Stimmbevölkerung, die den entsprechenden Kredit erst letztes Jahr gutgeheissen hatte. Um die Parkfelder bauen zu können, beantragt der Gemeinderat, diesen Urnenentscheid aufzuheben und stattdessen der oberirdischen Variante zuzustimmen.

Der Hangarverkauf ist budgetiert
Die Energiekrise schlägt sich aller Voraussicht nach bereits im nächsten Rechnungsjahr nieder. Unter anderem wegen «massiv höherer Energiekosten» budgetiert die Gemeinde in der Spezialfinanzierung Abwasserentsorgung ein Minus von knapp 580 000 Franken. Der andere grosse Kostentreiber in diesem Bereich sei die Erhöhung des Einlagesatzes für den Werterhalt von 80 auf 100 Prozent. Das Defizit kann jedoch mit dem Eigenkapital der Spezialfinanzierung ausgeglichen werden. Im Gesamthaushalt resultiert gemäss Budget ein Aufwandüberschuss von über 600 000 Franken.

Im Gegensatz dazu soll der allgemeine Haushalt positiv abschliessen. Der erwartete Ertragsüberschuss von knapp 380 000 Franken wird in die finanzpolitische Reserve überführt. Budgetiert ist auch ein Buchgewinn in Höhe von 1 Million Franken für den Verkauf der alten Hangarparzelle. Dieser wird in die Spezialfinanzierung «Unterhalt Liegenschafen Verwaltungsvermögen» eingelegt. Die Verkaufsverhandlungen sind nach Auskunft des Gemeindeschreibers im Gange.

Im Gesamthaushalt sind nächstes Jahr Nettoinvestitionen in Höhe von knapp 4,5 Millionen Franken geplant – unter anderem für die erste Tranche der Ortsdurchfahrtsanierung (inklusive Kanalisationsleitungen) und die Sanierung der OSS-Turnhalle. Weil die Gemeinde nur knapp die Hälfte der Investitionen aus eigener Kraft finanzieren kann, wird sie neue Schulden aufnehmen müssen.

Die Gemeindeversammlung findet am Dienstag, 6. Dezember, um 20 Uhr im Kirchgemeindehaus statt.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote