Keine Einigung in Sicht

  29.11.2022 Frutigen

Noch immer schwelt ein juristischer Streit um zwei neue Bauvorhaben in Kanderbrück. In einem Fall wurde eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht eingereicht, im anderen steht der Bauentscheid noch aus.

MARK POLLMEIER
Ein Mehrfamilienhaus am Aussenmatteweg, ein Mehrfamilienhaus im Tellenfeldgässli – ein Einfamilienhaus sowie ein Mehrfamilienhaus im Guggigässli: Um all diese Bauprojekte stritten oder streiten sich Bürgerinnen und Bürger mit den Behörden (der «Frutigländer» berichtete).

Die Auseinandersetzung ist von der Frage geprägt, ob das Quartier für die genannten Bauvorhaben überhaupt ausreichend erschlossen ist. Im Fokus stehen dabei die Verkehrsbelastung und die damit verbundenen Sicherheitsfragen. Der Vorwurf: Die Behörden, namentlich die Gemeinde Frutigen, würden die Situation vor Ort zugunsten der Bauprojekte interpretieren und mit falschen Annahmen operieren.

Das Projekt Aussenmatteweg ist mittlerweile abgeschlossen. Das Gebäude ist fertiggestellt, im Herbst 2021 wurde Aufrichte gefeiert. Um die beiden anderen Vorhaben wird nach wie vor gerungen – im Fall Tellenfeldgässli inzwischen vor dem Berner Verwaltungsgericht. Bei dem Bauvorhaben im Tellenfeldgässli hatte der Oberingenieurkreis 1 die Erschliessung als «knapp genügend» beurteilt, «wenn die privaten Vorplätze zum Ausweichen genutzt werden können». Mit seinem Gesamtbauentscheid vom Februar 2022 bewilligte das Regierungsstatthalteramt das Mehrfamilienhausprojekt.

Genügend oder nicht genügend?
Gegen diesen Bauentscheid erhoben die Einsprecher Beschwerde vor der Bau- und Verkehrsdirektion (BVD). Diese wies die Beschwerde im Oktober jedoch ab, worauf die Kritiker des Projekts Anfang November eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreichten. Sie ziehen unter anderem in Zweifel, dass der Fachbericht des Oberingenieurkreises 1 (OIK) die Situation vor Ort angemessen berücksichtigt hat. Statt sich selbst ein Bild zu machen, beurteile der OIK die Lage ausschliesslich nach den Angaben der Gemeinde Frutigen, so die Beschwerdeführer. Nun muss das gesamte Verfahren vom Verwaltungsgericht überprüft werden. Und bevor das Gericht nicht über die Rechtmässigkeit entschieden hat, bekommt die Firma Grobau Gartenbau AG (zuvor: Grobau Grossen & Co.) keine Baubewilligung für das Projekt im Tellenfeldgässli.

Für die geplanten Häuser am Guggigässli, bei denen das genannte Unternehmen ebenfalls federführend ist, liegt noch kein Gesamtbauentscheid vor. Allerdings hatte die Bauherrschaft bei der Gemeinde Frutigen eine vorzeitige Baubewilligung beantragt und diese auch bekommen. Als im Sommer der Bagger der Grobau Gartenbau AG auffuhr, intervenierten zahlreiche Bewohner des Quartiers bei der Baudirektion, wodurch die Vorbereitungsarbeiten gestoppt wurden.

Kein nicht wiedergutzumachender Schaden
Auch zu dieser Angelegenheit hat sich die Baudirektion mittlerweile geäussert. Anfang November teilte die kantonale Behörde mit, dass sie nicht auf die Beschwerde eintreten werde. Der Grund: Zwischenverfügungen wie eine vorzeitige Baubewilligung können grundsätzlich nur im Zusammenhang mit dem Endentscheid angefochten werden (der aber noch nicht vorliegt). Weiter argumentiert die BVD, dass den Beschwerdeführern durch die vorzeitige Baubewilligung kein Nachteil entstehe, der nicht wiedergutzumachen sei. Denn sollte das Bauprojekt am Ende nicht bewilligt werden, müsste der Bauherr das entsprechende Grundstück eben auf eigene Kosten in den Ursprungszustand versetzen.

Wer darf überhaupt Beschwerde erheben?
Die BVD sieht hier also keinen Handlungsbedarf, spricht bei der Gelegenheit aber einen interessanten Nebenaspekt an: ob nämlich überhaupt alle genannten Beschwerdeführer in diesem Fall «zur Beschwerde legitimiert sind». Es sei erforderlich, dass die EinsprecherInnen von einem Bauvorhaben persönlich in höherem Mass betroffen würden als die Allgemeinheit, so die BVD. Dabei spiele auch die räumliche Nähe zum Bauprojekt eine Rolle. Offenbar bezweifelt die BVD beim einen oder anderen, dass dies der Fall ist. Da es sich jedoch um eine Kollektivbeschwerde handle, könne diese Frage offengelassen werden, so die Baudirektion. Wie geht es beim Projekt Guggigässli nun weiter? Leitbehörde für das Bewilligungsverfahren ist das Regierungsstatthalteramt, das wohl in nächster Zeit einen Gesamtbauentscheid fällen wird. Dann wird sich zeigen, ob das Verfahren abgeschlossen ist – oder ob es ebenfalls weitergezogen wird.


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