Kirchgemeinde strebt ordentliche Kündigung an

  29.11.2022 Aeschi, Aeschiried, Krattigen

Der Vertrag, nach dem der Aeschiner Kirchturm ein potenzieller Mobilfunkstandort ist, bleibt gemäss einem Gerichtsentscheid weiter gültig. Nachdem die ausserordentliche Kündigung also nicht möglich war, strebt die Kirchgemeindeversammlung nun eine ordentliche Kündigung an.

MARK POLLMEIER
25 stimmberechtigte Mitglieder der Kirchgemeinde fanden sich am Freitag im Kirchgemeindehaus ein. Traktandiert war die umstrittene Mobilfunkantenne nicht. Nachdem kurz vor der Versammlung aber das Regionalgericht in Thun die ausserordentliche Kündigung des Mietvertrags für nichtig erklärt hatte, war das Thema trotzdem präsent. Yvonne Pfister erläuterte noch einmal, warum der vorzeitige Ausstieg aus dem Vertrag von Beginn an wenig Chancen gehabt hatte. Damit eine ausserordentliche Kündigung Bestand hat, brauche es juristisch betrachtet drei Voraussetzungen, so Pfister:

• Es muss ein wichtiger Grund vorliegen, der die Fortsetzung des Vertrags für die kündigende Partei unzumutbar macht.
• Der Kündigungsgrund darf beim Abschluss des Vertrags nicht vorhersehbar gewesen sein. • Der Kündigungsgrund darf von jener Vertragspartei, die kündigt, nicht selbst verschuldet worden sein.

Alle drei Voraussetzungen müssen zusammen erfüllt sein. Ansonsten wird eine ausserordentliche Kündigung von den Gerichten als nichtig gewertet – so wie es auch das Regionalgericht Oberland in Thun tat. Denn: Der Widerstand aus der Kirchgemeinde sei vorhersehbar gewesen, der Vertrag bleibe also in Kraft. Angesichts dieser Ausgangslage hat der Kirchgemeinderat den Fall nicht an die nächste Instanz weitergezogen.

Ob und wann die Antennenanlage im Turm der Aeschiner Kirche installiert wird, ist momentan nicht absehbar. Alle Baubewilligungsverfahren, gegen die es Einsprachen gab, sind derzeit sistiert; die Behörden warten auf einen Grundsatzentscheid des Bundesgerichts. Erst wenn dieser vorliegt, wird die Berner Baudirektion damit beginnen, die diversen Verfahren, die sich angesammelt haben, abzuarbeiten. Und selbst wenn der Entscheid zur Aeschiner Kirchturmantenne vorliegt, kann dieser weitergezogen werden – was mindestens ein Einsprecher bereits angekündigt hat.

Fazit: Bevor es wirklich an die Installation der Anlage geht, kann es noch eine ganze Weile dauern. Sollte es am Ende keine Baubewilligung geben, kann die Betreiberfirma selbst vorzeitig aus dem Vertrag aussteigen.

Aus der Versammlung kam der Antrag, den Mietvertrag trotzdem so früh wie möglich ordentlich zu kündigen. Der nächste Termin hierfür sei der 31. Dezember 2033. Die Strategie dahinter: Wenn die Antenne wegen Einsprachen und Beschwerden erst mit Verzögerung errichtet werden kann und zusätzlich bereits die Kündigung vorliegt, sieht die Betreiberfirma vielleicht davon ab, das Vorhaben überhaupt umzusetzen. Mit dem Antrag auf ordentliche Kündigung des Mietvertrags wird sich die nächste Kirchgemeindeversammlung beschäftigen.

Finanzielles und ein neues Reglement
Neben der Mobilfunkanlage behandelte die Kirchgemeindeversammlung einige weitere Themen. Das Budget 2023 und die Kirchensteueranlage, vorgestellt von Kirchgemeinderat Jürg Rothacher, wurden genehmigt. Der Voranschlag sieht bei einem Aufwand von rund 722 000 Franken einen Ertragsüberschuss von gut 6000 Franken vor. Das Eigenkapital würde demnach auf 545 000 Franken anwachsen. Die Kirchensteueranlage bleibt bei 0,25 der einfachen Steuer. Jürg Rothacher stellte ausserdem den fünf Jahre in die Zukunft reichenden Finanzplan der Kirchgemeinde vor.

Beschlossen wurde auch das von 2012 stammende und nun überarbeitete Personalreglement der Kirchgemeinde, das man an die veränderten Bedürfnisse angepasst hat. Im Wesentlichen soll das Reglement dadurch flexibler werden und besser auf Anstellungsverhältnisse mit kleinen Pensen zugeschnitten sein, wie sie für Kirchgemeinden typisch sind. Das neue Reglement wird am 1. Januar 2023 in Kraft treten, bestehende Arbeitsverträge bleiben davon unberührt.

Das «Gehirn der Kirchgemeinde»
Lea Flückiger aus Aeschiried wurde als neues Mitglied in die Kinder- und Jugendkommission gewählt. Yvonne Pfister erinnerte an das runde Dienstjubiläum von Hansruedi von Ah, der im Herbst 2002 zum Pfarrer der Kirchgemeinde Aeschi-Krattigen gewählt worden war. Pfarrer von Ah habe grosse Qualitäten, lobte die Kirchgemeinderatspräsidentin, nicht zuletzt sei er während seiner Amtszeit quasi zum «Gehirn der Kirchgemeinde» geworden. Er habe immer alles im Blick und sei auch administrativ und organisatorisch eine grosse Hilfe. Die Versammlung dankte Hansruedi von Ah mit einem Applaus.


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