Ostern? Zum Lachen!

  26.03.2024 Gesellschaft

ZUM FESTTAG Schlüpfrige Witze von der Kanzel? Kirchgänger, die sich vor Lachen die Bäuche halten? Heute schwer vorstellbar. Doch all das gab es einmal: Im Mittelalter war die Osterpredigt mancherorts eine regelrechte Comedy-Show.

MARK POLLMEIER Hat Gott Humor? Schmunzelt er manchmal? Schwer zu sagen. Die Bibel schweigt zu diesem Thema weitgehend. Wenn Gott in den biblischen Texten lacht, dann höchstens einmal aus Überlegenheit. Psalm 2 schildert, wie die Könige der Welt sich gegen Gott auflehnen und Pläne gegen ihn schmieden. Und die Reaktion? «Der im Himmel wohnt, lacht über sie und verspottet sie.» Es ist eine der wenigen Bibelstellen, in denen das Wort «lachen» überhaupt vorkommt.

Auch von Jesus ist nicht überliefert, dass er gelacht habe. Das hat über Jahrhunderte auch die Kunstschaffenden beeinflusst. Es gibt Tausende religiöse Darstellungen, die Museen sind voll von solchen Gemälden. Die meisten zeigen den Gottessohn als ernsten Mann. Manchmal schaut er mild und verständnisvoll, auf einigen Bildern zornig (zum Beispiel, wenn er die Händler aus dem Tempel wirft). Aber lachend? Fehlanzeige.

Dabei ist es ja höchst unwahrscheinlich, dass Jesus nie gelacht hat. Lachen ist etwas sehr Menschliches, und wenn der Gottessohn wirklich «wahrer Mensch» war, wie es die Kirche lehrt, dann wird er irgendwann auch einmal in Gelächter ausgebrochen sein. Zu Recht wies der Berner Theologe Kurt Marti darauf hin, dass Jesus mit allen möglichen und unmöglichen Leuten getafelt und ihnen viele Liter Wein spendiert habe. Von seinen Zeitgenossen wurde er deswegen als Fresser und Säufer gescholten, als Kumpan der Zöllner und Sünder (Matthäus 11,19). Und ein solcher Mensch soll nicht auch mal gelacht haben? Schwer vorstellbar.

Weil aber Humor in der Bibel kaum eine Rolle spielt, weil das Göttliche in der Kunst sehr ernst daherkommt, hat sich der lachende, lebenslustige Jesus nie durchgesetzt. Im Gegenteil: Spass und Fröhlichkeit scheinen bis heute nicht so recht in die Kirche zu passen. Es kommt vor, dass in einem Gottesdienst MusikerInnen auftreten und wunderschöne Stücke vortragen. Nach einer solchen Darbietung wäre es völlig normal, zu applaudieren. In der Kirche aber scheint es eine natürliche Hemmung zu geben, zu klatschen – offenbar aus der Sorge heraus, das gehöre sich nicht. In freikirchlichen Feiern mag es etwas lockerer zugehen. Doch in landeskirchlichen Gottesdiensten ist wohl schon mancher Künstler applauslos nach Hause gegangen.

Dieses Steife und Ernste ist doch einigermassen merkwürdig! Eigentlich hat der christliche Glaube ja die beste Nachricht von allen auf Lager: «Auch du wirst irgendwann sterben – aber mach dir keine Gedanken, alles wird gut!» Ostern ist das Fest dieser Hoffnung, eine Feier des Lebens. «Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?», schreibt Paulus in seinem Brief an die Korinther, und man kann förmlich sehen, wie er dem Sensemann dabei ins Gesicht lacht. Mir machst du keine Angst!

Es gab tatsächlich Zeiten, da schallte das christliche Gelächter am Ostersonntag aus den Kirchen. Vor ungefähr 500 oder 600 Jahren, so genau weiss man es nicht, fingen die Pfarrer an, den Gläubigen an Ostern Witze und lustige Geschichten zu erzählen. Untermalt wurden die Anekdoten von Grimassen und Verrenkungen, je nach Temperament. Und weil es im Spätmittelalter insgesamt recht derb zuging, waren wohl nicht alle dieser «Ostermärlein» ganz jugendfrei. Mancher Geistliche wird es vielleicht sogar übertrieben haben beim Witzereissen am Ostersonntag. Der Basler Pfarrer und Reformator Johannes Oekolampad (1482–1531) äusserte sich in einem Brief entsetzt über dieses Treiben. «Einer schrie immer ‹Kuckuck›», berichtete er einem Kollegen. «Ein anderer legte sich auf Rindermist und tat, als sei er im Begriff, ein Kalb zu gebären.» Ja, sogar zu Obszönitäten sei es gekommen! Der Reformator war empört. Man witzle doch auf der Kanzel nicht über Dinge, «die Eheleute in ihrer Kammer und ohne Zeugen zu tun pflegen».

Um die Kirchgänger zum Lachen zu bringen, war den Predigern offenbar jedes Mittel recht – man feierte schliesslich das Fest der Auferstehung! Grund genug, dem Tod die Zunge herauszustrecken und allen zu zeigen, wie schön das Leben war. Aber eben: Den Reformatoren waren die humoristischen Darbietungen ein Dorn im Auge. Martin Luther wird zwar durchaus Humor zugeschrieben. Doch auch er lehnte den Osterbrauch als «närrisch lächerliches Geschwätz» ab.

So geriet der «risus paschalis», das Osterlachen, in Verruf, bei den Reformierten sowieso, aber zunehmend auch in der katholischen Kirche. Die Zoten des Spätmittelalters wurden allmählich zu harmlosen Geschichten, das brüllende Gelächter wich einem gepflegten Schmunzeln. Spätestens im 19. Jahrhundert war der Brauch verschwunden – vermutlich für immer.

Heute gibt es vereinzelte Versuche, das Osterlachen wiederzubeleben. Vor ein paar Jahren wünschte sich der deutsche Bischof Gerhard Feige für die Kirche mehr Humor: «Gott liebt die Narren und die Gaukler.» Und tatsächlich: Mancherorts treten sogar ausgebildete Kirchenclowns auf, die das Lachen zurück in die Kirche bringen sollen.

Doch die Zeit lässt sich nicht einfach zurückdrehen. Nachdem der Gottesdienst jahrhundertelang eine spassbefreite Zone war, wirkt es doch eher bemüht, wenn vorne plötzlich jemand eine rote Knollennase trägt. Ganz abgesehen davon, dass die Rolle des Witzbolds nicht allen Prediger-Innen auf den Leib geschneidert ist.

Trotzdem bleibt Ostern die Feier der Auferstehung und des Lebens (oder für weniger Religiöse: ein Fest des Frühlings und der wiedererwachenden Natur). Und weil ein bisschen Heiterkeit in diesen Zeiten sowieso nicht schaden kann, soll dieser Text mit ein paar österlichen Witzen enden (siehe Spalte rechts). Sie alle sind entweder in einem Gottesdienst erzählt worden oder in einem Kirchenblatt oder Gemeindebrief veröffentlicht worden. In diesem Sinne: Fröhliche Ostern!


Der Trick mit dem Grossvater
«Glauben Sie an eine Auferstehung nach dem Tode?», fragt der Chef in strengem Ton.
«Ich weiss nicht», stammelt der junge Angestellte unsicher, «warum fragen Sie mich das?» Darauf der Chef: «Ihr Grossvater, zu dessen Beerdigung Sie gestern frei bekommen haben, verlangt Sie am Telefon.»

Das geliehene Grab
Josef von Arimathäa kommt am Karfreitag nach Hause. «Die Römer haben Jesus heute ans Kreuz geschlagen», erzählt er bedrückt. Seine Frau schliesst ihn in die Arme: «Ich weiss, er war dein Freund. Lass uns zusammen trauern.» Gemeinsam schweigen sie eine Weile. Dann sagt Josef: «Weisst du, am Abend haben wir ihn dann in unser Grab gelegt – wo sollten wir auch hin mit ihm?» Josefs Frau sieht ihren Mann entgeistert an: «Was habt ihr?? Das ist doch nicht dein Ernst! Du weisst ganz genau, wie schwierig man in Jerusalem ein ordentliches Grab bekommt. Wir haben viel Geld für diesen Platz bezahlt…» Die Frau redet sich in Rage. «Aber, Schatz… so beruhige dich doch», unterbricht sie Josef. «Es ist doch nur übers Wochenende!»

Das Osterwunder
Denkt der Pfarrer so bei sich: «Ich wünschte mir, dass in meinem Gottesdienst mal ein Wunder geschieht. Ein echtes Wunder. Dann würden endlich alle glauben!» Und dann passiert es, ausgerechnet an Ostern. Nach dem Gottesdienst ruft eine ältere Dame: «Herr Pfarrer, ich kann wieder laufen!» Der Pfarrer fällt auf die Knie, lobt Gott und fragt: «Wie ist das geschehen?» Antwortet die Dame: «Sie haben wieder so lange gepredigt – jetzt ist mein Bus weg.»

Der Heilige Vater schwitzt
Nach einem strengen Osterwochenende mit mehreren Messen nimmt sich der Papst am «Osterdienstag» frei. Zur Entspannung besucht er zum ersten Mal im Leben eine Sauna – und ist begeistert. «So gut hab’ ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Wie neugeboren!», ruft er. «Das machen wir morgen gleich noch mal.» Ein Würdenträger räuspert sich und flüstert ihm ins Ohr: «Eure Heiligkeit, morgen geht es nicht – da ist gemischte Sauna.» Darauf der Papst: «Aber das macht doch nichts. Die paar Reformierten stören mich nicht.»


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