Ihr Vorrat an edlen Kleidern ist ständig gewachsen
18.12.2018 TourismusAm Anfang wurden ihr Damenhüte geschenkt. Dann kamen immer mehr schöne, über 100-jährige Kleider und Accessoires hinzu. Heute staffiert Meta Dummermuth etwa 50 Personen für die Belle Epoque in Kandersteg aus.
KATHARINA WITTWER
Katharina Oswald erhielt zum 50. ...
Am Anfang wurden ihr Damenhüte geschenkt. Dann kamen immer mehr schöne, über 100-jährige Kleider und Accessoires hinzu. Heute staffiert Meta Dummermuth etwa 50 Personen für die Belle Epoque in Kandersteg aus.
KATHARINA WITTWER
Katharina Oswald erhielt zum 50. Geburtstag einen Gutschein zur Teilnahme an einem Anlass während der Belle-Epoque-Woche in Kandersteg. Eingelöst hat sie ihn vor drei Jahren. «Wir gingen damals zu fünft hin. Inzwischen ist unser ‹Clübli› auf drei Personen geschrumpft», so die Faltschenerin. Mit der Reichenbacherin Marianne von Känel und Susanne Wäfler aus Aeschiried probiert und wählt sie heute Nachmittag bei Meta Dummermuth die Garderobe für die kommende Ausgabe der Eventwoche.
Pelzkragen und Hut sind ein Muss
«Da ich die Frauen bereits vor einem Jahr ausstaffierte, weiss ich genau, was ich ihnen zum Anprobieren hervorhole», erklärt die Kostümverleiherin. Für die grossgewachsene Oswald hat sie eine schwarze Spitzenbluse und ein weinrotes Shirt zurechtgelegt. Einen Jupe wird sie ihr aus vorrätigem schwarzem Stoff anfertigen. Nun müssen noch Brosche, Jacke, Pelzkragen, Muff und Hut gefunden werden. Die Wimmiserin scheint ihren Fundus gut zu kennen, obschon er aus rund 40 Jacken, 60 Jupes, über 100 Blusen, vielen Unterröcken und Hüten – alles in verschiedenen Grössen – und unzähligen Accessoires wie Pelzkragen, Taschen, Muffs, Ketteli, Broschen, Schirmen und Spazierstöcken besteht. «Ich habe auch Schuhe, doch alle mit glatter Sohle und somit ungeeignet für winterliche Strassenverhältnisse.»
Jedes Jahr etwas anderes
Die zierliche Marianne von Känel zeigt auf «ihren» Jupe vom letzten Jahr – «weil er so bequem ist». Dummermuth jedoch überzeugt sie, etwas anderes auszusuchen, da Frauen ungern zweimal die gleiche Ausgangsgarderobe anziehen würden. Von Känel hört sich die Meinung ihrer beiden Freundinnen an und entscheidet sich nach reiflicher Überlegung für eine neue Kombination, beharrt jedoch auf das adrette Hütchen und denselben Muff wie letztes Jahr.
Susanne Wäfler «verliebt» sich in einen edlen Jupe, der unten mit Falten und Knöpfen verziert ist. Er wurde der Sammlerin angeboten – zerknüllt in einer Plastiktüte. «Ob ich diesen ‹Hudel› wolle, fragte mich die Spenderin.» Natürlich wollte sie. Nach sorgfältiger Reinigung und gründlichem Bügeln entpuppte er sich als wahres Prunkstück. Die zwei Löchlein lassen sich vorläufig kaschieren, indem man anstelle eines weissen einen schwarzen Unterrock wählt. Die Hobbyschneiderin wird den Schaden nach der Belle Epoque mittels Kunststopf-Technik beheben.
Stets ein Auge auf Trouvaillen
Meta und Hanspeter Dummermuth jodeln seit Jahren und besitzen verschiedene Trachten. Weil sie viel Stauraum haben, brachten ihnen Familienmitglieder ihre teilweise alten Trachten und Kleider zum Aufbewahren. Vereine vernahmen von ihrer Sammlung, inzwischen kleidet die Rentnerin Theaterleute für Gotthelf-Stücke ein. Der Verleih für die Belle-Epoque-Woche ist längst zu ihrem grössten Hobby geworden. «Vor etwa 30 Jahren schenkte mir eine Bäuerin drei grosse Damenhüte. Weil sie mir gefielen, landeten sie auf dem Estrich.» Aus unerklärlichen Gründen kamen im Laufe der Jahre immer mehr noble Kleider hinzu – entweder geschenkt oder selbst in einer Brockenstube entdeckt.
«Als vor neun Jahren die Belle-Epoque-Woche in Kandersteg angekündigt wurde, wusste ich, warum sich bei mir Kleider aus dieser Zeit angesammelt hatten.» Wo immer Meta Dummermuth unterwegs ist, hält sie ein Auge auf Trouvaillen. Sie schafft auch mal neue Blusen an, falls Farbe und Schnitt der Mode ebendieser Zeit entsprechen. Gerne stöbert sie auf Flohmärkten oder in Brockenhäusern und kauft Stoffe und Accessoires für den Vorrat. Jupes und Unterröcke näht sie selbst und verziert sie mit Bändern, Spitzen oder Knöpfen. Aus einem Nähanleitungsbuch von 1909 übernimmt und vergrössert sie Schnittmuster und findet darin Tipps, wie man Falten, Ziernähte oder Garnituren anfertigt. Auch bekommt sie immer wieder Dinge geschenkt. «Da bin ich allerdings heikel. Ich nehme aus Platzmangel nur das entgegen, was ich auch verwenden kann», betont sie.
Der Fundus an Herrenkleidern ist kleiner
Meta Dummermuth hat sich inzwischen ein breites Wissen über die Mode der «besseren Leute» aus der Zeit um die vorletzte Jahrhundertwende angeeignet. Immerhin kleidet sie alljährlich etwa 40 Frauen und 8 Männer für die Kandersteger Nostalgie-Woche ein. Sie liebt es, Damen dem Zeitgeist angemessen auszustaffieren – umso mehr, weil sich die Trägerinnen darüber freuen. «Noch nie hat eine Kundin das Haus ohne passende Kleidung verlassen.» Ihr Vorrat an Herrengarderobe ist viel kleiner. Da viele Männer ungern Kleider anprobieren, legt sie ihnen die gleichen Teile wie im Vorjahr zur Abholung bereit.
Vereinbart eine neue Kundin telefonisch einen Termin, erkundigt sie sich umgehend nach der Konfektionsgrösse, damit sie sich gedanklich vorbereiten kann. «Steht sie dann vor der Türe, habe ich sofort eine klare Vorstellung, was sie auswählen wird. Es ist wie ein Wettbewerb mit mir selbst, den ich meistens sogar gewinne.»
Meta Dummermuth, Wimmis. Termine nur nach Vereinbarung, Tel. 033 657 21 23.