An Weihnachten und am Neujahrstag zogen vom Mittag bis in die späten Abendstunden wieder die Pelzmartiga durch das Dorf. Sie mischten sich unter die Einheimischen und Wintergäste und erschreckten Passanten mit Kettengerassel und Treicheln, mit denen sie einen «Heidenlärm» vollführten. Mit ...
An Weihnachten und am Neujahrstag zogen vom Mittag bis in die späten Abendstunden wieder die Pelzmartiga durch das Dorf. Sie mischten sich unter die Einheimischen und Wintergäste und erschreckten Passanten mit Kettengerassel und Treicheln, mit denen sie einen «Heidenlärm» vollführten. Mit allerlei Schabernack setzten sie den grossen und kleinen Zuschauern nach und drangen in Gaststuben ein. So sei es schon in früheren Zeiten gewesen, wissen die ältesten Dorfbewohner zu berichten.
Die verkleideten und teils maskierten Gesellen sind heute junge Männer ab Rekrutenalter. Von fern tönt ihr Auftreten wie ein Alpabzug, Man sieht dann zuerst die in Felle (Bärenfell) gekleideten hohen Gestalten, auf die sich die Bezeichnung «Pelzmartiga» oder «Pelzmarti» bezieht. Dazu gesellten sich weitere Symbolfiguren – wusste man sich in Kandersteg doch nicht nur von Bären bedroht, sondern auch von anderen unberechenbaren Gefahren wie Sturm, Lawinen, Steinschlag, Wassernot, Hunger, Armut und Krieg. Die Leute kannten auch Depressionen und Leidenschaften, welche in der winterlichen Abgeschlossenheit des Dorflebens aufbrechen konnten. Darum werden die für den Umzug der Pelzmartiga verwendeten Utensilien durchs Jahr hindurch verborgen aufbewahrt. Man sieht es nicht gerne, wenn diese bei irgendwelchen Anlässen im Verlauf des Jahres aufgeboten werden. Das bringe Unglück.
Also heisst es abwarten: Am kommenden 25. Dezember und 1. Januar werden die Pelzmartiga wieder lärmend durch Kandersteg ziehen.
SONJA REICHEN, TOURIST CENTER KANDERSTEG