Der «Spitze Stein» droht stärker zu rutschen
15.03.2019Die Felsbewegungen nördlich des Doldenstocks könnten sich wieder beschleunigen. Die Gemeinde hat deshalb vorbeugende Mass nahmen getroffen und das Vorgehen im Ereignisfall geregelt. Die Bevölkerung soll am 4. April näher informiert werden.
Aufgrund neuster Daten sei ...
Die Felsbewegungen nördlich des Doldenstocks könnten sich wieder beschleunigen. Die Gemeinde hat deshalb vorbeugende Mass nahmen getroffen und das Vorgehen im Ereignisfall geregelt. Die Bevölkerung soll am 4. April näher informiert werden.
Aufgrund neuster Daten sei damit zu rechnen, dass sich die Gefahr von Abbrüchen im Frühjahr 2019 wieder erhöht, heisst es in einer Mitteilung der Gemeinde Kandersteg. Die instabile Gesteinsmasse rund um den «Spitzen Stein» erstreckt sich über eine Fläche von ungefähr 50 Hektaren. Bislang sei die Lage der Gleitfläche nicht genau bekannt. Im ungünstigsten Fall könnten bis zu 15 Millionen Kubikmeter in Bewegung geraten. Zur Illustration: Das entspräche einem Quader mit den Kantenlängen 200 × 250 × 300 Meter.
Die Auswirkungen eines Felssturzes
Grundsätzlich hängt die Reichweite von Abbrüchen vom Volumen der abstürzenden Masse ab. Mit zunehmendem Abbruchvolumen weiten sich die gefährdeten Bereiche aus. Ein grösserer Abbruch würde in den Oeschinensee bzw. via Oeschibach in Richtung Siedlungsgebiet gelangen. Der Wirkungsraum könnte sich im schlimmsten Fall bis in den Raum Zilfuri ausbreiten. Im kommenden Sommer sollen nun weitere Untersuchungen erfolgen, um die Lage der Gleitfläche genauer zu bestimmen.
Neben den eigentlichen Felsmassen sind auch Druckwelle, Splitterwirkung und Staubausbreitung zu berücksichtigen. Je nach Ablagerung und Niederschlagsmengen werden zeitlich etwas verzögert auch Murgänge erwartet, die Auswirkungen links und rechts des Oeschibaches bis zur Einmündung in die Kander haben können.
Die Massnahmen der Gemeinde
Auf Empfehlung der Abteilung Naturgefahren des Kantons Bern habe man eine zweite witterungsunabhängige Überwachungsanlage installieren lassen, so die Information der Gemeinde Kandersteg. Damit sollen grössere Abbrüche rechtzeitig erkannt und Sicherheitsmassnahmen ergriffen werden können. Bisher hatte die Lage am «Spitzen Stein» keine vorsorglichen Absperrmassnahmen erfordert.
Fachleute wurden ausserdem mit einer umfassenden Studie beauftragt, welche für verschiedene Szenarien die betroffenen Gebiete modellieren soll. Geprüft wurden auch Fragen wie Bohrungen zur Überwachung der Verschiebungen, Auswirkungen einer Impulswelle im Oeschinensee sowie vorsorgliche Sprengungen.
Worst-Case-Szenarien unwahrscheinlich
Auch wenn das Eintreten des Worst-Case-Szenarios zum heutigen Zeitpunkt unwahrscheinlich erscheint, hat die Gemeinde das Sicherheitskonzept überarbeitet, die weiteren Massnahmen festgelegt und das mögliche Vorgehen nach einem Ereignis geregelt (Absperrmassnahmen, Intensivierung der Überwachung, Sicherheitsmassnahmen für betroffene Gebäude, Versorgung mit Wasser und Strom usw.). Ziel ist es, Personen, Tiere und Sachwerte nicht unnötig Gefahren auszusetzen.
Im Auftrag des VBS haben Spezialisten inzwischen auch beurteilt, ob Abstürze am «Spitzen Stein» Auswirkungen auf das ehemaligen Munitionslager Mitholz haben könnten. Sie kamen zum Schluss, dass die Erschütterungen keinen Einfluss auf die Risikobeurteilung hätten.
PRESSEDIENST GEMEINDE KANDERSTEG / RED
«Keine neue Situation»
Die Lage rund um den «Spitzen Stein» habe sich seit Herbst 2018 nicht grundsätzlich verändert, sagt Gemeinderatspräsident Urs Weibel auf Anfrage. «Wir wissen nicht, wann und in welchem Ausmass Teilabbrüche oder Bergstürze erfolgen und wie die Wirkungsräume aussehen werden.» Wichtig sei, dass aufgrund der aktuellen Kenntnisse ein Abbruch mindestens einige Tage im Voraus erkannt werden kann. «Zusammen mit den Fachspezialisten werden wir versuchen, bis zum Informationsanlass vom 4. April die Abklärungen bezüglich der betroffenen Gebiete zu vertiefen.»
POL
Öffentlicher Info-Anlass
Die Gemeinde wird am 4. April um 20 Uhr im Gemeindesaal über Gefahren, Auswirkungen und Massnahmen informieren. Am Anlass werden Fachspezialisten für die Beantwortung von Fragen zur Verfügung stehen.