POLITISCHES PARKETT
26.03.2019 KolumneDie Jugend ist erwacht, doch der Nationalrat macht nichts in Sachen Klimaschutz
Das mit den Klimastreiks wurde von einigen Lehrkräften unserer Oberstufenschule falsch verstanden, der «Frutigländer» hat ausführlich berichtet. Die Jugendproteste für einen wirkungsvollen ...
Die Jugend ist erwacht, doch der Nationalrat macht nichts in Sachen Klimaschutz
Das mit den Klimastreiks wurde von einigen Lehrkräften unserer Oberstufenschule falsch verstanden, der «Frutigländer» hat ausführlich berichtet. Die Jugendproteste für einen wirkungsvollen Klimaschutz sind eine freiwillige Aktion und sollen es bleiben. Wichtig und eindrücklich sind sie aber allemal!
Alle Umfragen zeigen: Das Thema Klimaschutz steht sehr weit oben auf der Sorgenliste der Bevölkerung, die kantonalen Wahlen am vergangenen Sonntag in Zürich bestätigen dies eindrücklich – auch mit tollen Erfolgen für uns Grünliberale. Und was macht der Nationalrat? Nichts. Keine Klimadebatte, keine positiven Entscheide zu Klimavorstössen, alles abgelehnt! Mit einem Postulat habe ich den Bundesrat aufgefordert, konkrete Lösungen für die zweite Etappe der Energiestrategie 2050 vorzulegen. Mit dieser haben wir 2017 in weiter Ferne liegende Ziele beschlossen, nun braucht es endlich Massnahmen.
Ich fordere seit Jahren ein wirksames Energielenkungssystem, das wie folgt funktioniert: Umweltbelastende Energieträger werden je nach Schädlichkeit mit Abgaben belegt. Öl, Gas und Kohle werden dadurch teurer, unsere einheimischen Energien wie Wasser, Holz, Sonne und Wind günstiger. Die Einnahmen gehen nicht an den Staat, sondern werden der Bevölkerung und der Wirtschaft wieder zurückerstattet, zum Beispiel via Krankenkasse. Dadurch werden die finanziellen Anreize zugunsten der Umwelt richtig gesetzt, und es ist verkraftbar für Bevölkerung und Wirtschaft. Das Berner Oberland als Energieregion mit viel Wasserkraft, Holz und Sonne würde insgesamt stark von diesem System profitieren. Die überbordenden kantonalen und kommunalen Bauvorschriften könnten reduziert und Baubewilligungen verschlankt werden. Energieeffizienz und erneuerbare, einheimische Energien würden von selbst rentieren. Die ETH Zürich hat vor drei Jahren errechnet, dass die Energiewende mit einem solchen Lenkungssystem fünfmal weniger kosten würde als mit dem aktuellen Fördersystem und strengen Vorschriften. Trotz allem hat der Nationalrat mit Hilfe von SVP, FDP und CVP mein Postulat abgelehnt. Kein Klimaschutz, schade! Stattdessen hat der Nationalrat beim Strassenausbau mit teilweise zehnspurigen Autobahnen über die Stränge geschlagen und gegen den Willen des Bundesamtes für Strassen noch eine zusätzliche Milliarde bewilligt. Ich habe das abgelehnt und verlange eine ambitioniertere und klimafreundliche Verkehrspolitik, der Ständerat muss hier korrigieren. Der CO2-Ausstoss und die Umweltbelastung auf der Strasse steigen seit zwei Jahren wieder an. Grosse Geländewagen und andere CO2-Schleudern werden gekauft wie nie zuvor. Und das nicht etwa bei uns in den Landregionen, nein: Die meisten SUVs werden im flachen Kanton Zug verkauft! Der Bundesrat und die Autobranche haben hier versagt, umdenken ist dringend nötig. Immerhin wurde im Dezember mit der «Roadmap Elektromobilität 2022» das Ziel beschlossen, ab 2022 bei Neuwagen mindestens 15 Prozent Elektrofahrzeuge in den Verkehr zu bringen – wenigstens ein Lichtblick in Sachen Klimaschutz.
Die Digitalisierung und die Elektromobilität ermöglichen neue Lebens-, Arbeitsund Mobilitätsformen – und sie bringen mehr Qualität, Komfort und Klimaschutz. Das Parlament muss aber offener auf diese neuen Möglichkeiten eingehen und entsprechend mutiger als bisher entscheiden.
JÜRG GROSSEN,NATIONALRAT GLP