Analyse bestätigt: Gefahr ist zu hoch
16.04.2019 Kandergrund, Blausee, MitholzDas Bundesamt für Umwelt hat die Risikoanalyse für das ehemalige Munitionslager überprüft. Es bestätigt die Einschätzung der Armee: Das Risiko für die Bevölkerung ist nicht akzeptabel. Die Experten gehen dabei von einem grösseren Ereignis aus als das VBS.
HANS ...
Das Bundesamt für Umwelt hat die Risikoanalyse für das ehemalige Munitionslager überprüft. Es bestätigt die Einschätzung der Armee: Das Risiko für die Bevölkerung ist nicht akzeptabel. Die Experten gehen dabei von einem grösseren Ereignis aus als das VBS.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Die Risikoanalyse des Verteidigungsdepartementes hat Mitte letzten Jahres viel Staub aufgewirbelt: In Mitholz werden noch 3500 Bruttotonnen Munition vermutet, von denen ein Explosionsrisiko ausgeht. Die Forderung der Kandergrunder Behörden ist klar: Die Rückstände der Explosion vom Dezember 1947 in der unterirdischen Armeeanlage und das Risiko für die Anwohner müssen beseitigt werden. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) als Fachstelle für die Störfallverordnung – der auch das Munitionslager Mitholz untersteht – hat eine Beurteilung der Risikoanalyse vorgenommen. Diese Beurteilung erfolgte gemäss dem normalen Prozess im Vollzug der Störfallverordnung. Sie stützt sich auf ein unabhängiges, durch das deutsche Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik (Ernst-Mach-Institut) erstelltes Gutachten.
Risiko muss gesenkt werden
Das Fazit, das gestern Abend in Mitholz der Bevölkerung vorgestellt wurde, ist keine Überraschung. Das BAFU kommt zum selben Schluss wie die Armee, dass «das Risiko der Anlage im nicht akzeptablen Bereich liegt und somit deutlich grösser ist, als in der Vergangenheit angenommen wurde». Frühere Beurteilungen in den Jahren 1949 und 1986 besagten, dass bei einer weiteren Explosion nur mit kleinen Schäden zu rechnen sei. Dem Generalsekretariat des VBS als verantwortliche Stelle wird beantragt, dass die Senkung des Risikos «mindestens in den akzeptablen Bereich» gemäss den Kriterien zur Störfallverordnung erfolgen muss.
20 statt 10 Tonnen Explosivstoff?
Für die Beurteilung des BAFU flossen die Erkenntnisse der Spezialisten des Fraunhofer-Instituts ein. Diese befanden die gewählten Szenarien als plausibel. Sie hatten zur Beurteilung die Anlage besichtigt und führten Diskussionen mit den Schweizer Experten. Dieses Gutachten diente dem BAFU als Grundlage für seine Stellungnahme.
Um die Bandbreite der möglichen Gefährdungen abzustecken, prüften die deutschen Fachleute auch andere Szenarien als jene, die das VBS berücksichtigt hatte. So konnte der Einfluss aller Szenarien auf das Risiko eingeschätzt werden. Während das VBS in seiner Analyse von einer Obergrenze von 10 Tonnen explodierendem TNT (Sprengstoff Trinitrotoluol) ausgeht, erachten die externen Experten auch die Detonation von 20 Tonnen als möglich. Die Folgen der grösseren Explosion: Die Risiken wären insgesamt zwar ähnlich wie bei den VBS-Szenarien, die Gefahrenbereiche räumlich aber anders verteilt, sagen die Fachleute. Und sie empfehlen, diese Erkenntnisse in der Massnahmen- und Notfallplanung zu berücksichtigen.
Neue Annahmen werden berücksichtigt
Das VBS begrüsst in einer schriftlichen Stellungnahme die Beurteilung und betont, dass die bisher eingeleiteten Massnahmen von Bund, Kanton und Gemeinde sich als richtig erwiesen hätten. Nun müssten die Arbeiten für die Risikosenkung konsequent weitergeführt werden. Die zusätzlichen Erkenntnisse, dass ein Ereignis mit der doppelten der bisher angenommenen Menge Sprengstoff als möglich erachtet werde, soll bei der Prüfung von Massnahmen und bei der Notfallplanung des Kantons berücksichtigt werden.
Was mit der gefährlichen Hinterlassenschaft in Mitholz passieren wird, soll bis Mitte 2020 klar sein. Mehrere Varianten und Vorgehen werden abgeklärt. Weiter werden Tests mit geborgener Munition aus dem Stollen durchgeführt und im Innern sowie im Aussenbereich des ehemaligen Munitionslager sind technische Überwachungsanlagen installiert.
Der Informationsanlass von BAFU, VBS, Kanton und Gemeinde fand gestern Abend nach Redaktionsschluss statt. Die Unterlagen dazu sind unter www.vbs.ch/Mitholz im Internet abrufbar.