Auf der Suche nach dem perfekten Milchschaum
26.04.2019 Reichenbach, KientalSeit gut zwei Jahren tüftelt Matteo Trachsel an einer Maschine, welche die Herstellung von Milchkaffee vereinfachen soll. Wie offen die Gastronomie für seine Neuentwicklung ist, muss der Jungunternehmer aber erst noch herausfinden.
VANESSA BIERI
Auf der Welt werden ...
Seit gut zwei Jahren tüftelt Matteo Trachsel an einer Maschine, welche die Herstellung von Milchkaffee vereinfachen soll. Wie offen die Gastronomie für seine Neuentwicklung ist, muss der Jungunternehmer aber erst noch herausfinden.
VANESSA BIERI
Auf der Welt werden täglich rund 2,23 Milliarden Kaffees getrunken, fast die Hälfte davon auf Milch basierend. Wer aber einen guten Cappuccino mag, holt sich diesen meist in einem Coffeeshop, da die heimische Maschine oftmals keinen optimalen Schaum produziert und die luftige Milch selber zuzubereiten relativ aufwendig ist. Dies realisierten vor einigen Jahren auch Matteo Trachsel und sein damaliger Arbeitskollege Connor Lang. In Seattle, der Geburtsstadt von Starbucks, waren sich die beiden guten Milchschaum gewohnt, wollten aber nicht immer zum nächsten Starbucks, um ihren Kaffee zu geniessen. Deshalb begannen die zwei Ingenieure mit der Entwicklung einer Apparatur für qualitativ hochwertigen Milchschaum.
Zu teuer für den Privatgebrauch
Bald stellten sie fest, dass eine solche Maschine für den Heimgebrauch zu kostenintensiv wäre und auf dem Markt wahrscheinlich nicht bestehen könnte. Daher konzentrierten sie sich mit ihrem neuen Unternehmen namens «Vapporio» auf eine andere Zielgruppe: die Gastronomie. Besonders in der Sparte des Spezialitäten-Kaffees sahen sie Potenzial. Eine Studie zeigte, dass Kunden bereit sind, bis zu 13 Prozent mehr für solchen Kaffee zu bezahlen. Diese spezialisierten Kaffeehäuser setzen dabei nicht nur auf aussergewöhnlichen Kaffee im Geschmack, sondern auch auf «Latte Art» – eine Kunst, bei welcher man mit Milch und Kaffee Muster und Bilder auf Cappuccini zaubert. Dazu muss die Struktur des Schaums aber eine ganz bestimmte Form annehmen: nicht zu flüssig und nicht zu fest und mit möglichst kleinen Bläschen.
Massives Energiesparpotenzial
Matteo Trachsel und seinem Geschäftspartner schwebte aber nicht nur der perfekte Milchschaum vor, sie wollten die Schäumungstechnologie auch sonst verbessern. Gerade beim Thema Energiebilanz sahen sie ein grosses Potenzial. Herkömmliche Dampfboiler brauchen nicht nur viel Platz, sie sind auch äusserst energieineffizient, da sie den ganzen Tag laufen. Die «Vapporio»-Dampftechnologie jedoch hat einen so schnellen Temperaturwechsel, dass sie auf Knopfdruck bereit ist. Dies spart laut dem Unternehmen viel Energie. Im Fall von Starbucks, so die Berechnungen, entspräche das einer jährlichen Einsparung von bis zu 160 000 Megawattstunden, was etwa dem Energiebedarf von 31 000 Einfamilienhäusern entspricht.
Auch Foodwaste soll die Technologie verhindern, indem sie nicht nur eine Dampfdüse mit Temperaturmessung, sondern auch eine Milchdüse hat, welche die optimale Portion Milch zum Schäumen bereitstellt.
Breiter Support an Bord
Seit dem ersten Prototypen im Jahr 2018 konnte «Vapporio» nicht nur sein Produkt weiterentwickeln, sondern holte sich auch professionelle Unterstützung. Der Gründer der Firma Cafina AG, Kurt Bieri, hilft dem Team mit seiner langjährigen Erfahrung und der Ingenieur Nicolai Stucki bemüht sich um die Kleinstarbeit am «Motherboard», dem Herzstück jeder Maschine. Das Team erhält wissenschaftliche Unterstützung der Hochschulen Luzern und Zürich, zudem arbeitet es auch mit Profi-Barista Mathieu Theis zusammen, welcher den praktischen Aspekt abdeckt.
So entstand dieses Jahr die zweite Version der Apparatur, die bereits das automatische Milchschäumen ermöglicht. Das Ziel der Erfinder ist nun die Veröffentlichung einer ersten Vollversion mit integriertem Milchspender an den Barista-Weltmeisterschaften 2020.
Nächster Meilenstein Ende Juni
Die Entwickler sind bemüht, mit ihrem Produkt die Arbeitsabläufe in einem Kaffeehaus zu vereinfachen: Dank der Maschine soll Zeit gespart werden, die Mitarbeitenden bräuchten zudem keine Vorkenntnisse mehr zum Schäumen. Wie gross die Nachfrage bei den Gastronomiebetrieben aber tatsächlich ist, muss die Firma erst noch herausfinden. Dafür wird sie im Rahmen des Projekts «be-advanced Challenge» staatlich unterstützt. Das Startup-Programm des Kantons Bern will damit junge Unternehmen fördern und ihnen in der Startphase helfen, ihre Idee gründlich zu prüfen und zu verwirklichen.
Das Coaching dauert von Mitte März bis Ende Juni und zeichnet erfolgreiche Unternehmen am Schluss mit einem Zertifikat aus. Ob die Idee von Matteo Trachsel also planmässig umgesetzt wird, zeigt sich am 25. Juni.