Der Heimatverein erfindet sein Museum neu
18.04.2019 KulturEin Museum ist nicht nur ein kulturelles Angebot, es ist auch eine Visitenkarte der Region. Die Gestaltung des künftigen kulturellen Treffpunkts ist derzeit in Arbeit – mit positiven Fortschritten.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
«Anmächelig» ist der Zugang zum heutigen ...
Ein Museum ist nicht nur ein kulturelles Angebot, es ist auch eine Visitenkarte der Region. Die Gestaltung des künftigen kulturellen Treffpunkts ist derzeit in Arbeit – mit positiven Fortschritten.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
«Anmächelig» ist der Zugang zum heutigen Heimat- und Pfadfindermuseum in den Kellerräumen neben der Gemeindeverwaltung nicht. Über der Treppe sind in gleich grosser Schrift die öffentlichen Toiletten angeschrieben. Auch der neue Standort – das Gebäude der Armeeapotheke beim Dorfeingang – wirkt heute noch abweisend. Doch das soll sich ändern. Vor allem hinter den Kulissen laufen spannende Vorgänge ab. Intensiv arbeitet man daran, drei Museen nicht nur örtlich unter ein Dach zu bringen, sondern auch die Zusammenhänge aufzuzeigen: das neue Seilbahnmuseum Schweiz, das Pfadfinder- und das Heimatmuseum. Die zentrale Frage vor dem Start eines solchen Projektes: Was erwarten die Besucher von einem Museum? Wieso gehen sie dorthin – oder eben nicht? Und was hat Kandersteg diesen zu bieten? Am Dienstag wurden genau diese Fragen einer Gruppe ausgewählter Personen aus Tourismus, Gewerbe, Bevölkerung, Bildung und Politik gestellt. Ruedi Schorer, Präsident des Heimat- und Kulturvereins, erklärte: «Wir wollen in diesem Workshop Wissen anzapfen, die Ideen und Meinungen der Leute für ein lebendiges, interessantes und lehrreiches Museum anhören und sammeln.»
Die richtige Mischung finden
Man holt sich zudem Hilfe bei der Entwicklung des künftigen «Museums Kandersteg»; den verstaubt klingenden Begriff Heimatmuseum will man auch vom Konzept her loswerden. Die Museumsgestalterin Claudia Glass vom Büro Räume und Kommunikation hielt ein Einführungsreferat und zeigte auf, welche Oberländer Museen man als Vorbilder besucht hatte. Und Dr. Su Jost – promovierte Ethnologin, Leiterin der Geschäftsstelle des Vereins Museen im Kanton Bern sowie des Dorfmuseums Belp – erklärte die Potenziale eines Museums für das Dorf. Sie sieht dieses als Begegnungsort, Schlechtwetterangebot, kulturelle Bereicherung und Grundlage im Bildungsbereich – leider würden die Bedürfnisse der Einheimischen oftmals fast vergessen, was in Kandersteg nicht passieren soll.
«Von den Säumerwegen zur Neat» ist das Oberthema, chronologisch soll die Entwicklung der Gemeinde, des Tales und der Kanderstegerinnen und Kandersteger aufgezeigt werden. Material und Geschichten hat man eigentlich genug. Der richtige Mix zwischen Historie und der Behandlung aktueller Themen zu finden, ist die Herausforderung. Das Pfadfindermuseum zu integrieren wird ebenfalls ein wichtiger Baustein sein. Platz für individuelle Schwerpunkte, Sonderausstellungen oder Anlässe bieten die neuen Räumlichkeiten auch, was bisher im engen und ziemlich vollgestopften Keller beim Gemeindehaus nur ein Traum war.
Was fliesst in die Entwicklung ein?
Im anschliessenden Workshop diskutierte man in den leeren und auch temperaturmässig kalten Räumen und trug Ideen und Meinungen zusammen. Die Gruppen schlüpften in die Rolle der potenziellen Touristen oder agierten als einheimische Museumsbesucher. Nicht angesprochen wurden an diesem Anlass bewusst die Kosten, die für den Aufbau, den Betrieb und das Marketing des künftigen «Museum Kandersteg» anfallen werden. «Dazu können Neumitglieder im Verein einen kleinen Beitrag leisten», wirbt Rudolf Schorer. Die Eröffnung sei vor der nächsten Belle-Epoque-Woche geplant, da auch der Kleiderverleih im Museum einen Platz finden wird.
Abschliessende Frage an den Vereinspräsidenten: Hat er im Workshop erreicht, was er sich wünschte? «Ich bin sehr zufrieden, wir haben viele Infos und Hinweise erhalten, die eben nicht nur aus unseren Kreisen kommen. Diese werden nun ausgewertet.» Bestätigt fühlt man sich ebenfalls vom Konzept, das neben den Räumen Aussenstationen im Dorf umfassen soll, um die Geschichte erlebbar zu machen.