Erfinder holt Gold in Genf
07.05.2019 Reichenbach, KientalEine solarstrombetriebene Pumpe, die überall frei im Gelände aufgestellt werden kann: Mit dieser Idee hat der Scharnachtaler Bruno Wittwer an der Erfindermesse eine Medaille gewonnen.
KEREM S. MAURER
Rund 1000 Aussteller haben dieses Jahr am «Salon International des ...
Eine solarstrombetriebene Pumpe, die überall frei im Gelände aufgestellt werden kann: Mit dieser Idee hat der Scharnachtaler Bruno Wittwer an der Erfindermesse eine Medaille gewonnen.
KEREM S. MAURER
Rund 1000 Aussteller haben dieses Jahr am «Salon International des Inventions» in Genf ihre Erfindungen präsentiert – 80 davon allein in Wittwers Kategorie «Energy – Environmental Protection». Dass der Scharnachtaler mit seiner doppelwirkenden Kolbenpumpe mit Solarantrieb mit dem Namen «Dipper-Pump-Antrieb» überraschend den ersten Platz gewinnt, macht ihn stolz.
Doppelt so viel Wasser gefördert
Das Prinzip seiner Wasserpumpe ist relativ simpel: Ein Elektromotor bewegt einen Kolben in einem Rohr rauf und runter. Doch während normale Kolbenpumpen nur bei der Aufwärtsbewegung Wasser transportieren, fördert es Wittwers Kolbenpumpe auch während der Abwärtsbewegung. Darum pumpt Wittwers Maschine in der selben Zeit doppelt soviel Wasser. Die Energie dafür wird von einem über dem Pumpenantrieb angebrachten Photovoltaikpanel produziert. Letzteres lässt sich mit einem einfachen Handgriff entfernen, wenn es abends dunkel wird und ohnehin kein Wasser gepumpt werden kann. «Das ist eine einfache Vorsichtsmassnahme, damit einem das Panel über Nacht nicht gestohlen wird», führt der Erfinder aus. Eine weitere Besonderheit ist ausserdem, dass die Pumpe bei schwacher Sonneneinstrahlung auch von Hand betrieben werden kann.
Das Ganze klingt etwas exotisch, und es drängt sich die Frage auf, wie ein Frutigländer dazu kommt, so etwas zu entwickeln.
In Australien und Afrika unterwegs
Der heute 70-jährige gelernte Mechaniker und Elektriker Bruno Wittwer wanderte nach Abschluss seiner Lehre nach Australien aus, wo er folgende Problematik der Farmer erkannte: Viele Wasserstellen waren oft weit weg, sodass die Kühe lange Wege zurücklegen mussten, um zu trinken. Auf diesen Wegen verloren die Tiere Gewicht und Energie und gaben folglich weniger Milch bzw. Fleisch ab. Dazu kam, dass die meisten Wasserpumpen damals mit Windrädern betrieben wurden. Und genau in der heissesten Phase des Tages, wenn die Tiere am meisten Wasser benötigten, war es oft windstill.
Für den ambitionierten Tüftler war klar, dass Solarstrom bei diesem Problem helfen würde. Er begann, sich für die damals revolutionäre Technologie der Stromgewinnung aus Sonnenlicht zu interessieren. Wittwer begriff, dass Solarpanels, die sich nach der Sonne ausrichten und dadurch zu jeder Tageszeit eine optimale Sonneneinstrahlung haben, wesentlich ertragreicher sind als fix montierte. «Damit kann man mit der gleichen Fläche bis zu 35 Prozent mehr Strom generieren», rechnet er vor. Also gründete der Pionier 1990 seine Firma B/W Solar und baute einen sogenannten Tracker. So nennt er seinen Rahmen, auf dem die Photovoltaikpanels montiert werden.
Bereits 1997 Silber geholt
Mit einem kompletten Solar-Wasserpumpsystem ging er 1992 zum ersten Mal an eine Erfindermesse. «Weil an solchen Messen viele potenzielle Kunden herumlaufen», betont der geschäftstüchtige Erfinder. Da die australischen Farmer einen täglichen Wasserbedarf von 10 000 Litern und mehr hatten, konstruierte Bruno Wittwer in der Folge einen grösseren Pumpenantrieb und nahm mit diesem 1997 erneut an der Erfindermesse teil. Er gewann damit die Silbermedaille.
Zwischen 1973 und 1978 lebte der Scharnachtaler in Afrika und sah dort, wie vor allem Frauen oft lange Wege zurücklegen mussten, um Wasser für ihre Familien zu holen. Der Clou an Wittwers Weiterentwicklung zum aktuell prämierten Dipper-Pump-Antrieb mit doppelwirkender Kolbenpumpe ist neben der ausgefeilten Technik nun die Einfachheit der Konstruktion. Auch ohne grosse technische Kenntnisse sei man in der Lage, solche Wasserpumpen vor Ort zu reparieren und sogar zu produzieren. Ein weiterer Vorteil: «Der kleine Rahmen, an dem die Pumpe montiert ist, kann überall dort aufgestellt werden, wo man sie gerade braucht – also auch im Dorf selber», erklärt er. Ausserdem sei die Pumpe stark genug, um Grundwasser aus einer Tiefe von bis zu 30 Metern zu fördern. Dies reiche in etwa 80 Prozent aller Fälle aus, weiss der erfinderische Frutigländer, der insgesamt 27 Jahre in Australien und 4 Jahre in Südafrika gelebt hat.
Seine prämierte Wasserpumpe mit Antrieb, die er zurzeit am Brunnen vor seinem Haus in Scharnachtal aufgebaut hat, könne ab sofort überall eingesetzt werden, sagt Bruno Wittwer. Am liebsten hätte der Scharnachtaler, wenn er in Zusammenarbeit mit Hilfswerken dafür sorgen könnte, dass bereits in naher Zukunft in vielen afrikanischen Dörfern frisches Wasser dank seiner Erfindung sprudelt. «Das wäre schon was», sagt er nicht ohne Stolz in seiner Stimme. Gerne wäre Wittwer auch bereit, den Menschen vor Ort sein Wissen und sein Können zur Verfügung zu stellen, damit seine Pumpe vor Ort produziert und montiert werden kann. Denn das, lächelt der Erfinder, wäre wahrhaftig nachhaltige Entwicklungshilfe.