Im Schneegestöber und bei Sonnenschein
29.11.2019 Adelboden, SportDieses Jahr hat der internationale Ski-Verband (FIS) die Piste auf Tschenten für Rennen freigegeben. Der letzte FIS-Wettkampf wurde hier 1992 durchgeführt. Am Mittwoch und Donnerstag waren 67 Teilnehmerinnen aus sechs Nationen am Start – unter ihnen Nadja Bircher mit der Startnummer ...
Dieses Jahr hat der internationale Ski-Verband (FIS) die Piste auf Tschenten für Rennen freigegeben. Der letzte FIS-Wettkampf wurde hier 1992 durchgeführt. Am Mittwoch und Donnerstag waren 67 Teilnehmerinnen aus sechs Nationen am Start – unter ihnen Nadja Bircher mit der Startnummer 57. GALERIE
MICHAEL SCHINNERLING
Um 6.30 Uhr sind die Skifahrerinnen beim Frühstück. Derweil machen sich rund 30 Helfer auf den Weg zur Tschentenalp. Es schneit, und um 8 Uhr ist noch nicht klar, ob das Rennen überhaupt stattfindet. «Gegen 10 Uhr wissen wir es dann», meint ein Helfer vor Ort. Für die Frutigländerin Nadja Bircher ist es etwas ganz Besonderes, am Mittwoch und Donnerstag starten zu können – es ist ihre erste Saison mit FIS-Rennen. «Ich freue mich sehr, dass ich auf meinem Heimhang ein Rennen fahren darf. Ich werde nichts erzwingen, aber sicher mein Bestes geben», erklärt sie beim Aufwärmen. «Um mich vorzubereiten, brauche ich schnelle Musik, die ein bisschen reinhaut.» Mit einem Lächeln geht die 16-Jährige an den Start.
Stets motiviert und zielstrebig
Der Slalom geht über 461 Meter und eine Höhendifferenz von 157 Metern. «Die Zeit von Bircher ist 45.50. Damit belegt sie den 32. Zwischenrang», kommt aus dem Lautsprecher. Ist sie damit zufrieden? «Mit dem Rang ja, mit dem Lauf nicht so ganz. Ich war im oberen Teil nicht zentral über den Ski, sondern zu weit hinten.» Trotzdem geht Bircher positiv mit dem Resultat um und freut sich darauf, im zweiten Lauf noch einmal Gas geben zu können. «Nadja hat sich physisch weiterentwickelt», erklärt ihr Trainer Martin Schild die Leistung der Athletin. «Es liegen noch viele harte Trainingseinheiten vor uns, bis wir dort sind, wo wir gerne wären. Im Schnee ist Nadja aber stets motiviert und zielstrebig.»
Im zweiten Lauf vermied Bircher alle Fehler, was mit einer Zeit von 43,83 und dem 33. Gesamtrang belohnt wurde. Wie schätzt die junge Athletin ihre Performance ein? Bircher überlegt lange und sagt dann: «Im unteren Teil hatte ich immer noch Schwierigkeiten. Ich habe aber versucht, anzugreifen – wie es der Trainer wünschte. Am Donnerstag werde ich meine Körperhaltung verbessern und noch mehr Gas geben.» Gesagt, getan: Am nächsten Tag belegte Nadja den 22. Rang. Im ersten Lauf stoppte die Uhr bei 42.90, beim zweiten Durchgang bei 41.73.
«Der schnelle Erfolg hat kurze Beine»
«Damit der Skirennsport im Berner Oberland erfolgreich bleibt, muss der Grundstein in den Regionalen Leistungszentren und BOSV-JO-Kadern gelegt werden», erklärt Trainer Martin Schild. Der Weg sei steinig, lang und individuell, daher brauche es eine langfristige Athletenplanung. «Der schnelle Erfolg hat kurze Beine», so Schild.
Nadja Bircher weiss, wovon ihr Coach da spricht. Ein normaler Trainingstag beginnt bereits um 6.15 Uhr. Dann gehts auf die Piste und um 15 Uhr wieder zurück. Anschliessend heisst es regenerieren, Konditionstraining, Ski wachsen und später die Videoanalyse vom Training anschauen. «Skifahren ist zeitaufwendig und stressig. Da darf man sich nichts vormachen. Höchstens vier Wochen im Jahr ist man zu Hause, und selbst dort muss man trainieren – zum Beispiel an einem Berglauf», weiss Bircher. Die 16-Jährige ist seit dieser Saison im BOSV-Juniorenkader. «Rennen fahre ich allerdings in allen Disziplinen, also Slalom, Riesenslalom, Super-G und Abfahrt. Am liebsten fahre ich jedoch Riesenslalom.»
Kein Rennen ohne Snowfarming
Dass das Rennen auf der Tschentenalp überhaupt durchgeführt werden konnte, ist Reto Däpp zu verdanken. Der Trainer des RLZ Frutigen und sein Team hatten die Piste mithilfe von Snowfarming bereit gemacht. Beim Wettkampf selbst war das Wetter vielfältig: von Regen, Schnee, Sonne bis zu leichtem Nebel war alles dabei. «Viele waren der Meinung, wir könnten aufgrund des Wetters kein gutes Rennen durchführen», so Däpp. «Doch am Schluss waren alle zufrieden – und das ist ja das Ziel.»