Spieglein, Spieglein ...
31.12.2019 AllerleiBevor wir uns dem neuen Jahr zuwenden, schauen wir nochmals in den Rückspiegel: Wir machten uns auf die Suche nach Erlebnissen aus der Arbeitswelt, die uns in besonderer Erinnerung geblieben sind. Das Resultat sind persönliche journalistische Momente in gerahmter Form. Wir danken Ihnen, ...
Bevor wir uns dem neuen Jahr zuwenden, schauen wir nochmals in den Rückspiegel: Wir machten uns auf die Suche nach Erlebnissen aus der Arbeitswelt, die uns in besonderer Erinnerung geblieben sind. Das Resultat sind persönliche journalistische Momente in gerahmter Form. Wir danken Ihnen, liebe Abonnentinnen und Abonnenten, für Ihre Lesertreue und wünschen Ihnen ein Jahr voller Ereignisse, an die Sie sich immer gerne erinnern werden.
Schreiben über die, die sonst immer schreiben. Schreiben über Drucker, die später drucken, was ich schreibe: In dieser Situation fand ich mich beim Verfassen eines Berichts zum gemeinsamen Firmenevent des «Frutigländers» und der Egger AG wieder. Während des Ausflugs auf die Engstligenalp nahm ich also sowohl die Rolle des Beobachters wie auch die des Teilnehmers, des Analysten und des Chronisten ein – ein anspruchsvoller Spagat, der mit dem nötigen Augenzwinkern gelang.
Benjamin Haltmeier
Für einmal auf der anderen Seite sein: Für das Buch über die «Schreckensnacht von Mitholz» interviewte ich nicht den Autoren, sondern wurde selber über meine Beweggründe zu dieser Publikation ausgefragt. Ein spezieller Moment, einem Berufskollegen gegenüber zu sitzen und Auskunft zu geben. Hat er aus meinen Worten das geschlossen (und geschrieben), was ich sagen wollte? Daran werde ich mich noch öfters erinnern, wenn ich künftig selber Interviews führe – das liegt mir nämlich eindeutig besser.
Hans Rudolf Schneider
«Sie sind also Julian Zahnd», tönte es plötzlich neben mir. Ich besuchte gerade eine Generalversammlung, und einer der Aktionäre war an mich herangetreten. Schon wollte ich mich geschmeichelt fühlen, da schob der Mann nach: «Ich sehe immer dieses schreckliche Foto von Ihnen.» Ich war mir sicher, mich verhört zu haben, doch der Herr blieb bei seiner Meinung – fortwährend lächelnd, woraus ich schloss, dass er mich nicht beleidigen wollte. Die Verunsicherung konnte ich zum Glück rasch abstreifen. Schliesslich werde ich ja nicht bezahlt, um gut auszusehen, sondern fürs Verfassen von Texten –, die er glücklicherweise nicht schrecklich fand.
Julian Zahnd
Auf 81 Zeilen war im Sommer im «Frutigländer» über die Einweihung des erneuerten BLS-Nordrampenweges zu lesen. «Wer glaubwürdig schreiben will, muss die Strecke mit allen Sinnen erleben», sagte ich mir und wanderte von Kandersteg bis Frutigen. Grande Fiesta auf halber Strecke mit Reden, Liedvorträgen sowie etwas fürs leibliche Wohl. Die zweite Hälfte des Weges hatte es in sich: Die Sonne brannte, der Schweiss tropfte, die Getränkeflasche leer und kein Restaurant in Sicht. Trotz Eile musste ich am Ziel auf meinen nächsten Interviewpartner warten.
Katharina Wittwer
Mitte Januar starben bei einem Verkehrsunfall in Nordschweden sechs junge Männer, fünf von ihnen stammten aus Adelboden. Am 30. Januar, einem Mittwoch, nahm ich für den «Frutigländer» am Abschiedsgottesdienst in der Widihalle teil. Ich habe seitdem oft an diesen Nachmittag zurückgedacht. An die sechs von Kerzen umrahmten Holzstelen mit den Porträtfotos der Verstorbenen. An die 2500 Trauergäste, die vielen Medienvertreter. Vor allem aber an die zu Herzen gehenden Ansprachen jener Familien, die gerade einen geliebten Menschen verloren hatten. Diese Trauerfeier hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen, der sicher über das Jahr 2019 hinausreicht.
Mark Pollmeier
Ich durfte in diesem Jahr zwei buchstäblich erhebende Premieren feiern: meine erste Baggerfahrt und meinen ersten Besuch im Bundeshaus. Für unsere Sommerserie «Time Out» schnupperten wir RedaktorInnen in anderen Berufen. Mich liess man im Steinbruch Pochten tatsächlich mit einem Lastwagen quer übers Gelände fahren und einen Bagger steuern – davon träumte ich schon als Kind! Später hat mich vor allem die Politik gereizt.
Trotzdem war ich im Oktober froh, dass ich der Verabschiedung Werner Luginbühls aus dem Ständerat nicht als Politikerin, sondern als Journalistin beiwohnen durfte. Denn allein die Unterschiedlichkeit dieser zwei Recherche-Erlebnisse macht deutlich, wie reizvoll und vielfältig mein Beruf ist.
Bianca Hüsing