KOLUMNE – SCHRITT FÜR SCHRITT - Der innere Schweinehund
14.01.2020 KolumneDer innere Schweinehund
Ich bin Fitnesstrainerin, Schmerztherapeutin, Coach, Hypnosetherapeutin und Inhaberin des Group-Fitness-Studios Movida in Frutigen. Meine grosse Leidenschaft ist die Bewegung. In meiner Freizeit laufe ich am liebsten bergauf und bergab auf den ...
Der innere Schweinehund
Ich bin Fitnesstrainerin, Schmerztherapeutin, Coach, Hypnosetherapeutin und Inhaberin des Group-Fitness-Studios Movida in Frutigen. Meine grosse Leidenschaft ist die Bewegung. In meiner Freizeit laufe ich am liebsten bergauf und bergab auf den wunderschönen Wanderwegen in unserem Tal. Ich möchte die Leser dazu animieren, Schritt für Schritt etwas für sich selbst zu tun, um damit Gesundheit, Zufriedenheit und ein hohes Mass an Selbstvertrauen zu erlangen.
Es ist ein grauer Wintertag. In der Nacht hat es geschneit. Mittlerweile ist der Schnee aber wieder in Regen übergegangen, es ist neblig, nass und kalt draus sen. Ich sitze mit meinem Kaffee im Bett und gehe gedanklich meinen Tagesablauf durch. Dieser beinhaltet neben Haushalt, Büro und Arbeit auch eineinhalb bis zwei Stunden Laufen. Normalerweise freue ich mich auf meine Trainings, aber bei diesem Wetter? Unmöglich! Mein innerer Schweinehund meldet sich mit verlockenden Worten: «Du könntest ja heute mal ein bisschen länger im Bett bleiben. Hier ist es schön warm. Ein Buch lesen, eine Tasse Tee trinken.» Oh ja, das klingt gut. Fast schon hatte er mich überzeugt, da kommentiert aber noch meine Vernunft: «Ich denke, du hast wieder Pläne im nächsten Frühjahr? Was wird aus den Abenteuern, die du dir vorgenommen hast? Willst du dich dieses Jahr beim ‹Eiger Ultra Trail› durchkämpfen, oder doch lieber im Flow laufen?»
Recht hat sie, die Vernunft. Wie soll ich im kommenden Sommer einen Ultra-Trail laufen können, wenn mich jetzt schon ein bisschen Regen aufhält? Im gleichen Moment meldet sich aus meinem Hinterstübchen die Erfahrung: «Weisst du noch, damals am ‹Zugspitz Ultra-Trail›? Da standest du um sieben Uhr morgens bei strömendem Regen und kalten drei Grad in Grainau an der Startlinie, um 100 Kilometer und 5500 Höhenmeter rund um die Zugspitze zu laufen. Eigentlich wolltest du gar nicht starten, aber dann hast du es trotzdem gewagt. Nach dem ersten Aufstieg begann es zu schneien, und die Wege waren rutschig und matschig. Einige Male bist du ausgerutscht und auf dem Hintern gelandet. Deine Schuhe waren so dreckig, dass man ihre Farbe nicht mehr erkennen konnte, weil es von Anfang bis Ende einfach nur regnete und schneite. Und dann bist du schliesslich ins Ziel gelaufen. Die Emotionen waren überwältigend. Noch nie zuvor bist du ein so hartes Rennen gelaufen. Du bist dann mit dem Bus ins Hotel gefahren und hast dir dort eine kalte Platte und ein Weissbier aufs Zimmer bestellt. Nach einer ausgiebigen, warmen Dusche hast du dich dann ins Bett gelegt und dort dein Abendessen genossen, während es draussen immer noch wie aus Kübeln goss.»
Ja, ich erinnere mich. Ich dachte damals, der glücklichste Mensch auf Erden zu sein. Das unfassbar befriedigende Gefühl macht sich augenblicklich in mir breit. Schnell ziehe ich mich an und gehe raus zum Laufen. Zwei Stunden später stehe ich wieder klatschnass und mit eiskalten Händen vor meiner Wohnungstür. Und wieder freue ich mich auf die warme Dusche, die mir wie ein riesiger Luxus erscheint. Ich bereite mir eine feine Mahlzeit zu, und irgendwie schmeckt das Essen heute noch viel besser als sonst. Wieder bin ich um eine Erfahrung reicher geworden, und ich bin stolz, auf meine Vernunft gehört zu haben – denn ich habe noch eine Menge vor. Und der innere Schweinehund? Nun, der hat sich beleidigt wieder zurückgezogen. Vielleicht ein andermal …
HELENE OGI
INFO@FIT-MIT-MOVIDA.CH