Wie schön ist denn das?
Es ist ein lokales Hauptgesprächsthema in Adelboden: Spätestens seit vor ein paar Wochen das Fassadengerüst wegkam, fragen alle «Wie gefällt dir eigentlich das neue Revier-Hotel?» Und meist lautet die Antwort: «Nicht schlecht – nur zu hoch ...
Wie schön ist denn das?
Es ist ein lokales Hauptgesprächsthema in Adelboden: Spätestens seit vor ein paar Wochen das Fassadengerüst wegkam, fragen alle «Wie gefällt dir eigentlich das neue Revier-Hotel?» Und meist lautet die Antwort: «Nicht schlecht – nur zu hoch für den Ort, wo es steht.»
Tatsächlich erscheint der enorme Baukörper an der Stelle der früheren «Alpenrose» im Verhältnis zu den Nachbarbauten überdimensioniert. Ein kolossaler Hingucker! Das ist offenbar nun mal der Preis, den das Dorfbild zu zahlen hat – für einen ansonsten hochwillkommenen Hotelneubau.
Aber was bedeutet das «nicht schlecht» oder gar das «gut», das viele – mich eingeschlossen – beim isolierten Betrachten des Bauwerks äussern? Da ist zunächst das hölzerne Kleid in naturnahem Farbton, das uns anspricht. Zwar fehlt dem «Revier» jene klar vertikale oder horizontale Fassadengliederung, welche manchem Haus seinen eigenen Ausdruck verleiht. Abgesehen von der prominenten senkrechten Hotelanschrift ist die balkonlose Fassade geprägt von Flächigkeit. Trotzdem hat der Bau ein starkes Gesicht. Er verdankt es seinen grossen, konturenreich umrahmten Fenstern. Diese stehen zwar recht monoton in Reih und Glied, spiegeln damit aber die modulare Bauweise des Hotels: An der Fassade lässt sich das Innenleben ablesen. Hotelzimmer für Hotelzimmer. Ehrliche Architektur, die uns nichts vorgaukelt.
Anders als an der Lenzerheide, wo bereits ein «Revier»-Hotel in Betrieb ist, hat das Adelbodner Exemplar kein Flachdach. Das entspechende Verbot umschifft der Bau geschickt, indem seine drei Giebel mit nur mässig geneigten Dachflächen verbunden sind. Es resultiert eine optimale Ausnutzung des Volumens – trotzdem ist der von den hiesigen Bauvorschriften verlangten «Chalet»-Anmutung Genüge getan. Wobei dieser Neubau eben gerade kein herkömmliches Monster-Chalet ist.
Was ihm jetzt (noch) fehlt, ist das unabdingbare Kernstück jeder Hotelfassade: ein deutlich markierter Eingangsbereich, der den Gästen schon von Weitem zuruft: «Hier gehts rein!»
Auch wenn das «Revier»-Gebäude kaum die Qualität wirklich herausragender Baukultur zeigt: Immerhin sehen wir hier ein eigenständiges Stück neuer alpiner Architektur, von dem sich andere Vorhaben gerne inspirieren lassen dürfen.
TONI KOLLER
TONI_KOLLER@BLUEWIN.CH