KOLUMNE – FEDERLESIS - Von Hobelkäse, kriechenden Günseln und Bachstelzen
28.04.2020 KolumneVon Hobelkäse, kriechenden Günseln und Bachstelzen
«Mamaaa! Stell dir vor, wir haben ein Kilo Hobelkäse gekauft! Für nur 2 Franken und 90 Rappen!» Meine Kinder kehren gerade von einer Gemeinderundfahrt, einem «Läckdoun-Velotüürli», zurück – die Mutter musste ...
Von Hobelkäse, kriechenden Günseln und Bachstelzen
«Mamaaa! Stell dir vor, wir haben ein Kilo Hobelkäse gekauft! Für nur 2 Franken und 90 Rappen!» Meine Kinder kehren gerade von einer Gemeinderundfahrt, einem «Läckdoun-Velotüürli», zurück – die Mutter musste sich nämlich kurz vom von höchster Stelle verordneten Heimunterricht erholen. Zwilling B streckt mir strahlend einen «Bitz» Käse entgegen. Ich war ja nie so gut im Rechnen wie beispielsweise der Dorfdrogist – ich weiss das, weil ich in der Schule neben ihm gesessen habe. Aber dass da mit einem Kilo Hobelkäse für 2.90 Fr. etwas wirklich nicht stimmt, merke sogar ich. Mein lieber Sohn, wo kommt der Käse her und woher das Geld?
Na ja, der Käse aus der Selbstbedienung beim Bauernhof und das Geld aus der Skijacke – der «Schlechtwetter-JO-Batzen» eben … aber die JO vom Skiklub sei ja auch «läckdoun», und drum könne man das Geld anderweitig investieren. Aber für 2.90 Fr. habe er zu viel Käse dabei, erkläre ich, bezahlt seien nur 100 Gramm … Drei Kinder in Schockstarre, während ich die Kühlschrankbesitzerin telefonisch über den Verbleib von 900 Gramm verschwundenem Käse aufkläre. Also das mit den Gramm und Kilos müssen wir im Homeschooling noch anschauen … und nicht nur das, schliesslich haben wir Zeit!
Was gibt es denn Aktuelleres, nebst COVID-19 natürlich, als die vielen Frühlingsblumen! Mit dem Buch «Wiesenund Alpenpflanzen» in der Hand stolpern die Kinder und ich durch unwegsames Gelände und suchen nach den ersten Blüten. Und werden fündig. Ja, schön anzusehen sind sie ja, aber diese Namen! Wie soll man sich diese bloss merken?
Die Kinder wollen schon aufgeben, als ich anfange, theatralisch in der Wiese umherzustampfen: «Seht her, meine Kinder! Dann werdet ihr ‹Günsel› entdecken, die umherkriechen (kriechender Günsel), Töpfe klappern hören (Klappertopf) und, wenn ihr Glück habt, den Schlüssel zur Blume finden! Schaut die schäumenden Kräuter auf den Wiesen (Wiesenschaumkraut), die Windrosen in den Büschen (Buschwindröschen), Blümchen, die ‹mein› nicht vergessen wollen, Klee mit Hörnern und Zähne von Löwen, die blühen! Und da: Eine Butte vom letzten Jahr sitzt noch im Hag, nicht weit von ihr steht der Fuss vom Gockel und für einmal sind nicht die Schwiegermütter, sondern die Stiefmütter im Garten! Hört, wie die Glocken zu Ostern läuten! Hey, sogar die Gänse haben ihr Blümchen, und ‹Krokus› rockt für einmal die Magerwiese …» Die Kinder grinsen – «läck», die Mutter ist glaubs auch langsam «doun»
Ja woher denn, die hat jetzt erst Feuer gefangen! Nebst den Blumen, die nicht zu übersehen sind, sind schliesslich die Vögel im Frühling nicht zu überhören. Also los, widmen wir uns den Vögeln! Der Pöstler bringt auch uns fleissig Päckli mit Vogelstimmenbüchern usw.
Und dann, wir wandern grad einen Bach entlang, da kommt es geflogen – das Vögelchen mit Stelzen und mit ihm der Moment, um mich an den Ergebnissen der letzten Wochen Homeschooling zu erfreuen. Mit einer weiteren Eselsbrücke, beziehungsweise Vogelbrücke, will ich meinem Jüngsten auf die Sprünge helfen: «Schau, das Vögelchen am Bach fliegt auffallend WELLENförmig! Welches gefiederte Tierchen kommt dir dabei in den Sinn?» Ich freue mich schon aufs «Bachstelzli», da ruft Zwilling B furchtbar stolz und seiner Antwort sicher: «Ein Wellenspätzli!»
ANDREA BALMER-BEETSCHEN
ANDREA.BEETSCHEN@BLUEWIN.CH
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