Die Bahn fährt nicht mehr
16.06.2020 Reichenbach, KientalIn einem Monat wäre die Ramslauenenbahn in die Sommersaison gestartet – doch daraus wird nichts mehr. Nach dem klaren Nein der Reichenbacher zum Unterstützungsgesuch des Unternehmens leitet dieses nun das Konkursverfahren ein. Trotzdem: Hans Rudolf Bachmann glaubt noch immer an ein ...
In einem Monat wäre die Ramslauenenbahn in die Sommersaison gestartet – doch daraus wird nichts mehr. Nach dem klaren Nein der Reichenbacher zum Unterstützungsgesuch des Unternehmens leitet dieses nun das Konkursverfahren ein. Trotzdem: Hans Rudolf Bachmann glaubt noch immer an ein Happy End.
BIANCA HÜSING
Die Sportbahnen Kiental AG trägt Trauerflor: Das Banner auf der Homepage des Unternehmens zeigt nunmehr schwarz-weisse Bilder. Betriebsstatus: geschlossen. Wie der Verwaltungsrat in einer Medienmitteilung verkündet, hat er die Bilanz der Bahn per 15. Juni 2020 deponiert und eine sogenannte Überschuldungsanzeige eingereicht. Damit ist das Aus der Bahn vorerst besiegelt. Der Verwaltungsrat ist aufgelöst, die Aktien sind wertlos und die Infrastruktur geht in den Besitz des Konkursamts Oberland über. Der bisherige VR-Präsident Hans Rudolf Bachmann kämpft hörbar mit seinen Gefühlen. «Ich wünsche keinem Verwaltungsrat der Welt, eine solche Entscheidung treffen zu müssen», sagt er vier Tage nach der Sitzung des Gremiums am Telefon.
Zweieinhalb Stunden habe man sehr emotional diskutiert und Alternativen durchgespielt – etwa eine Nachlassstundung, mit der sich das Unternehmen eine gewisse Schonfrist gegenüber Gläubigern hätte verschaffen können. «Damit hätten wir das Problem aber nur verschleppt», meint Bachmann, «die Forderungen hätten uns spätestens in der übernächsten Saison wieder eingeholt.» Auch die beigezogene Treuhänderin riet von diesem Vorgehen ab, sodass letztlich nur noch eine Option verblieb: das Insolvenzverfahren.
Enttäuscht vom Tourismus
Bachmann ist nach wie vor überzeugt: So weit hätte es nicht kommen müssen. «Ohne die negative Abstimmungsempfehlung des Gemeinderats wäre der Urnenentscheid besser ausgefallen.» Besonders enttäuscht ist der scheidende VR-Präsident jedoch von den örtlichen Tourismusverantwortlichen. Explizit bezieht er sich dabei auf ein Interview, das TALK-Direktor Urs Pfenninger letzte Woche der «Jungfrauzeitung» gegeben hat. «Klar ist es schade, wenn Institutionen, die es seit Jahrzehnten gibt, unter finanziellen Druck kommen oder gar verschwinden», lässt Pfenninger sich darin zitieren. «Aber die Ramslauenenbahnen wären nicht die ersten, die schliessen müssen.» Zudem habe das Kiental noch viele andere touristische Angebote auf Lager.
«Für mich heisst das übersetzt: Das Kiental braucht die Bahn nicht. Und das ist aus meiner Sicht einfach falsch», meint Bachmann dazu. Allein das örtliche Gewerbe sei stark auf die Bahn-Touristen angewiesen. Mit dieser Kritik konfrontiert, bekräftigt Pfenninger noch einmal: «Ich stehe zu meinen Aussagen. In den kommenden Jahren werden sich für viele Bahnen in der Schweiz ähnliche Fragen stellen.» Der Chef-Touristiker ist überzeugt, dass das Kiental auch ohne eigene Bergbahn grosses Potenzial birgt.
VR-Präsident hofft auf einen Käufer
Trotz aller Gram bleibt auch Hans Rudolf Bachmann insgesamt zuversichtlich. «Ich bin sicher, dass jemand die Bahn kaufen und weiterbetreiben wird. Die Anlage ist schliesslich noch nicht alt.»