KOLUMNE – PUNKTLANDUNG - Tourismus auf Wegen und in Wagen gelber Klasse
26.06.2020 KolumneTourismus auf Wegen und in Wagen gelber Klasse
Sage und schreibe 65 000 Kilometer lang ist das Wanderwegnetz der Schweiz. Das entspricht einer Distanz von gut eineinhalb Erdumrundungen. Über die Wege allein zu sinnieren, bringt kaum etwas. Was sie aber so einmalig und ...
Tourismus auf Wegen und in Wagen gelber Klasse
Sage und schreibe 65 000 Kilometer lang ist das Wanderwegnetz der Schweiz. Das entspricht einer Distanz von gut eineinhalb Erdumrundungen. Über die Wege allein zu sinnieren, bringt kaum etwas. Was sie aber so einmalig und benutzerfreundlich macht, sind die rund 50 000 Wegweiser-Standorte. Die dort aufgestellten Tafeln orientieren über Wegkategorie – gelb für einen Wanderweg, gelb mit weiss-rot-weisser Spitze für Bergwege und weiss-blau für alpine Pfade -, über die Ziele und oft auch über die Marschzeit und die Höhe des Standorts über Meer. Dazu kommen ungezählte gelbe Wegweise-Rhomben an Bäumen und weiss-rot-weisse Markierungen auf Steinen oberhalb der Baumgrenze.
Während der zwei letzten Monate hatten wir ausgiebig Zeit, um an der frischen Luft und oft allein weit und breit Wanderwege zu benutzen und festzustellen, wie fantastisch dicht die Wegweiser stehen und informativ die Orientierung erlauben. Marschierten wir in unserer Kindheit noch mit Landeskarten im Massstab 1:25 000 los (wir erinnern uns: vier Zentimeter entsprechen einem Kilometer), so kann man sich heute locker auf eine Wanderung ohne Hilfsmittel begeben – vorausgesetzt, man kennt sein Ziel!
Allerdings steht man gelegentlich vor einem Dilemma, nämlich dann, wenn dieses Ziel über zwei oder drei Routen erreichbar ist. Dann erleichtert die angegebene Marschzeit die Entscheidung. Wobei wir da mittlerweile unsere Zweifel darüber haben, wie jene entstanden und wie präzis sie ist. Einmal schaffen wir es locker, die Zeitspanne zu unterbieten, ein anderes Mal überschreiten wir sie deutlich. Ob es wohl an unserer Tagesform liegt? Oder an der Person, die für die Angaben verantwortlich ist: war es ein Spitzensportler oder doch ein Bummler? Da hilft dann die klassische Regel von vier Kilometer in der Stunde auf ebener Strecke (mit einer kurzen Verschnaufpause von zehn Minuten) und ein Plus von einer Stunde für 300 Höhenmeter hinauf oder 450 Meter hinunter.
Um das in Erfahrung zu bringen, ist die App von SchweizMobil nützlich. Die Grundversion ist kostenlos. Für 35 Franken im Jahr kann man das gesamte Kartenwerk von swisstopo bis hinab zum Massstab 1:10 000 auf dem Handy, Tablet und Laptop hochladen. Diese Version erlaubt, eigene Routen zu zeichnen und die Marschzeit zu berechnen.
Die Wanderweg-Signalisation und die Pflege des Netzes sind seit 2018 sogar in der Bundesverfassung im Artikel 88 verankert. Fürs Instandhalten stehen 1500 Freiwillige bereit. Die Mitgliedschaft in einer der 26 kantonalen Wanderweg-Organisationen kostet einen symbolischen Beitrag und erschliesst viele Dienstleistungen wie Wandervorschläge, geführte Touren und Rabatte für die Ausrüstung. Eine ganze Reihe von bedeutenden Partnern unterstützt die Schweizer Wanderwege. Dazu gehört auch ein Unternehmen, dessen Hausfarbe zum Verwechseln ähnlich ist: Die Post als Hauptpartner und PostAuto als offizieller Transportpartner.
Die Schweizer haben das Wandern längst entdeckt und pflegen es intensiv, dieses Jahr wahrscheinlich aus bekanntem Grund noch mehr als sonst. Die Gelegenheit scheint mir gut, diesen Schwung zu nutzen und in Zukunft vermehrt auch ausländische Gäste für die gelb markierten Routen und das Benutzen der gelben Busse zu begeistern. Denn beide sind weltweit einzigartig und Spitze in ihrer Klasse.
KURT METZ
MAIL@KURTMETZ.CH