KOLUMNE – SPAGAT - Keine gute Zeit für TeamsportlerInnen
19.06.2020 KolumneKeine gute Zeit für TeamsportlerInnen
Schon seit Wochen habe ich nichts mehr für den «Frutigländer» geschrieben. Alle Wettkämpfe der Geräteturnerinnen wurden im Frühling wegen COVID-19 abgesagt. Schon seit Längerem ist klar, dass auch die Schweizermeisterschaften ...
Keine gute Zeit für TeamsportlerInnen
Schon seit Wochen habe ich nichts mehr für den «Frutigländer» geschrieben. Alle Wettkämpfe der Geräteturnerinnen wurden im Frühling wegen COVID-19 abgesagt. Schon seit Längerem ist klar, dass auch die Schweizermeisterschaften im November nicht werden stattfinden können. Keine Wettkämpfe, keine Turnfeste – dafür Bewegung zu Hause vor dem Computer ... Es war eine schwierige Zeit für Menschen wie mich, die sich lieber in der Gruppe bewegen statt allein. Mir fallen immer wieder zahlreiche Ausreden ein, zu Hause zu bleiben, statt mich allein im Laufschritt durch Dorf und Umgebung zu jagen. Da sind all die Hunde, die mich in meiner Vorstellung anspringen und die Regenwolken, die ihren Inhalt genau über mir ausleeren könnten, die Wäsche, die darauf wartet, gewaschen oder weggeräumt zu werden ... Ich bin definitiv keine Einzelsportlerin.
Da kam die Nachricht, dass wir das Training wieder aufnehmen dürften, wie eine Erlösung. Bis es aber so weit war, mussten wir – wie alle anderen Vereine – die Muster-Schutzkonzepte unseren Trainingsformen anpassen. Was für eine Bürokratie so ein Virus doch auslösen kann! Für jede Altersgruppe und jede Riege liegt mittlerweile ein Exemplar vor. Den turnenden Kindern und Jugendlichen waren diese Papiere egal. Sie trafen sich vor zwei Wochen freudestrahlend vor der Widihalle. Obwohl sie es kaum erwarten konnten, endlich wieder an den Ringen zu schaukeln oder sich an den Reckstangen die Hände blutig zu turnen, liessen sie sich geduldig noch einmal die wichtigsten Regeln erklären. Geräteturnerinnen sind mehrheitlich Einzelsportlerinnen. Die Gruppe brauchen sie nur, um sich an anderen messen zu können.
Ich selbst stand genauso erwartungsvoll in der Halle und wartete auf meinen Einsatz als Trainerin. Mehr als drei Monate war es her, dass wir zum letzten Mal physisch zusammen waren. Die Begeisterung der Jungen mitzuerleben, machte mich glücklich. Ich war stolz, ein Teil dieser tollen Truppe zu sein.
Nach zwei Stunden wechselte ich die Turnhalle. Endlich konnte auch ich das Training wieder aufnehmen. Nach meiner Schulteroperation versuchte ich wochenlang, mithilfe von Videos meinen Trainingsrückstand wettzumachen. Allein in meinen vier Wänden gelang mir das nicht wirklich gut. Doch bei den ersten Takten Musik in der Halle war die Erinnerung zurück und damit auch die Glückshormone, die mich bis zum Einschlafen begleiteten. Zusammen turnen, schwitzen, lachen und manchmal auch intensiv über Bewegungsabläufe diskutieren, ist für mich die schönste Möglichkeit, mich körperlich und geistig fit zu halten. Ich bin halt einfach eine Teamsportlerin.
Und als eine solche hoffe ich ganz fest, dass wenigstens die Schweizermeisterschaften Teamaerobic im Herbst stattfinden können. Im Moment sieht es noch danach aus.
Mit der Aussicht, nach der Krise doch noch einen Wettkampf zu haben, bewahre ich auch die Hoffnung, in diesem unmöglichen Jahr einen Bericht über eine sportliche Aktivität der Turnerfamilie verfassen zu können. Und während ich so schreibe, merke ich, dass mir nicht nur das Turnen, sondern auch das Schreiben gefehlt hat.
FRANZISKA KAUFMANN
FR.KAUF@GMAIL.COM