POLITISCHES PARKETT
16.06.2020 KolumneGesundheits- und finanzpolitisch sinnvoll
Die Sommersession des Grossen Rates fand wegen der COVID-19-Vorgaben auf dem Gelände der BERNEXPO statt. Die Session schon nur wegen der Corona-Kredite durchzuführen, war meiner Meinung nach richtig, obwohl dadurch Mehrkosten von ...
Gesundheits- und finanzpolitisch sinnvoll
Die Sommersession des Grossen Rates fand wegen der COVID-19-Vorgaben auf dem Gelände der BERNEXPO statt. Die Session schon nur wegen der Corona-Kredite durchzuführen, war meiner Meinung nach richtig, obwohl dadurch Mehrkosten von 600 000 Franken entstanden.
Die politische Atmosphäre des Rathauses fehlte auf dem Messegelände gänzlich, dafür konnte die Zwei-Meter-Abstands regel eingehalten werden. Ausserdem stand mehr Pultablagefläche zur Verfügung. Verpflegt wurde man in der Kaserne – ein Déjà-vu für viele einstige Militärdienstler.
Ein politischer Vorstoss (einer von 85 während dieser Session) war ein Verpflichtungskredit von knapp 8 Millionen Franken für den Aufbau eines qualitätskontrollierten Darmkrebs-Screening- Programms für den Kanton Bern während mindestens fünf Jahren. Dieser Kredit ist ausschliesslich reserviert für die Kosten der Programmleitung, Logistik, Qualitätssicherungsmassnahmen, Evaluation und Überprüfung der Programmwirksamkeit. Darmkrebs ist eine weit verbreitete bösartige Krebsart, welche meist im Dickdarm oder im Mastdarm auftritt. Bei den Frauen ist Darmkrebs die zweithäufigste Krebsart, bei den Männern die dritthäufigste.
Die Krankheit tritt bei Männern rund 1,5-mal häufiger auf als bei Frauen. Jährlich erhalten in der Schweiz rund 4300 Menschen die Diagnose Darmkrebs, rund 1700 Menschen sterben jedes Jahr an den Folgen.
Im fmi-Spital Interlaken sind im letzten Jahr 34 Männer und 19 Frauen mit Darmkrebseingriffen behandelt worden. Das Spital in Frutigen verfügt nicht über den dafür notwendigen Leistungsauftrag, weshalb alle Patienten am Standort Interlaken behandelt wurden.
Mithilfe einer Darmkrebsvorsorgeuntersuchung (Screening) ist es möglich, Krebs bereits in einem frühen Stadium zu erkennen. Die Früherkennung von Darmkrebs durch eine Darmspiegelung alle zehn Jahre oder durch einen «Blut-im-Stuhl-Test» alle zwei Jahre zwischen dem 50. und dem 69. Lebensjahr ist seit dem 1. Juli 2013 eine Pflichtleistung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Finden die Untersuchungen im Rahmen eines organisierten Programms mit Qualitätssicherung statt, sind diese von der Franchise befreit, der Selbstbehalt von zehn Prozent muss jedoch von den Teilnehmenden übernommen werden.
Die SVP-Fraktion befürwortet diese Darmkrebsvorsorgeuntersuchung
(Screening). Mehr Tests bedeuten mehr erfasste Tumore; die Massnahme macht sowohl gesundheits- wie auch finanzpolitisch Sinn. Jede vermeidbare Erkrankung bedeutet weniger Kosten für die Allgemeinheit, da eine Komplettbehandlung von Darmkrebs durch Chirurgie, Chemotherapie usw. ein Vielfaches kosten würde.
Ein Rückweisungsantrag der SVP wurde abgelehnt. Er hatte verlangt, wegen der durch die Corona-Krise verursachten angespannten Finanzsituation die Umsetzung des Darmkrebs-Screening-Programms auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben oder aber die Kosten zu senken.
Die Gesundheitspolitiker aller Fraktionen nutzten die Gelegenheit der Mikrofon benützung rege, sodass eine lebhafte Debatte entstand und der Kredit schliesslich mit 136 Ja- bei 9 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen deutlich angenommen wurde.
KURT ZIMMERMANN, GROSSRAT SVP