Zum Tode Bernhard Müllers
03.06.2020 Reichenbach, Kiental, NachrufBerner Regierungsrat, Nationalrat, vor allem aber zeitlebens ein Freund des nepalesischen Volkes und der Tibeter: Mit Bernhard Müller verliert die Region einen vielfältig engagierten Politiker und Entwicklungshelfer.
MARK POLLMEIER
Seine politische Karriere begann ...
Berner Regierungsrat, Nationalrat, vor allem aber zeitlebens ein Freund des nepalesischen Volkes und der Tibeter: Mit Bernhard Müller verliert die Region einen vielfältig engagierten Politiker und Entwicklungshelfer.
MARK POLLMEIER
Seine politische Karriere begann verhältnismässig spät: 42 Jahre alt war Bernhard Müller, als die SVP einen Nachfolgekandidaten für den bisherigen Oberländer Regierungsrat Hans Tschumi suchte.
Müller, geboren am 16. April 1931 als Sohn eines Bergbauern in Scharnachtal, hatte zuerst eine Lehrerausbildung absolviert und arbeitete als Oberschullehrer in Faltschen. Danach studierte er in Bern und Basel Volkswirtschaftslehre und Verhaltensbiologie und erwarb den Doktortitel. Statt seine wissenschaftliche Karriere weiterzuverfolgen, wechselte Müller Anfang der 1960er-Jahre in die Entwicklungshilfe. Der damalige Volkswirtschaftsminister Friedrich Traugott Wahlen ernannte ihn zum Co-Leiter der Schweizer Entwicklungshilfe in Nepal. 1962 reiste Müller erstmals in das damalige Königreich zwischen Indien und Tibet und liess sich mit seiner Familie für vier Jahre dort nieder. Die Verbindung in diesen Teil Asiens sollte ein Leben lang Bestand haben.
1966 kehrte Müller in die Schweiz zurück, war Abteilungsleiter des Bundesamtes für Umweltschutz, Schweizer Delegierter bei der OECD und hatte einen Lehrauftrag an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne, wo er Dozent für Umweltschutzfragen war. Mehrere Jahre lang war er Präsident des Schweizerischen Fremdenverkehrverbandes.
1974 kam dann die Anfrage der SVP: Ob Müller nicht kandidieren wolle? Müller liess sich überreden und schaffte als Quereinsteiger und Parteineuling mit sicherer Mehrheit den Einzug in den Berner Regierungsrat. 16 Jahre sollte er dieses Amt bekleiden. Parallel dazu sass er von 1979 bis 1987 für die SVP im Nationalrat – und war dort nach eigenen Schilderungen nicht immer einig mit seinem Sitznachbarn, einem gewissen Christoph Blocher. Vor allem in Umweltfragen hatte der spätere Bundesrat Blocher meist eine andere Meinung als Müller.
Nachdem eine Volksinitiative das Doppelmandat als Regierungs- und Nationalrat verboten hatte, trat Bernhard Müller 1987 als Nationalrat zurück, blieb aber noch bis 1990 Berner Volkswirtschaftsdirektor. Die politische Karriere des damals 60-Jährigen war damit beendet.
Nie versiegt ist jedoch Müllers Interesse und Engagement für die Entwicklungspolitik. Fast jährlich reiste er nach Nepal, wo er unter dem Motto «Hilfe zur Selbsthilfe» zahlreiche Projekte begleitete. Noch in den 1960er-Jahren wurde mit seiner Unterstützung die «Agricultural Development Bank of Nepal» gegründet, die heute mehrheitlich in Staatsbesitz ist. Seit mehr als drei Jahrzehnten ist die Bank das führende ländliche Kreditinstitut, sie trägt mehr als 67 Prozent zur Kreditversorgung des Landes bei.
Als 2015 ein Erdbeben im Osten Nepals schwere Zerstörungen anrichtete, setzte sich Bernhard Müller, inzwischen Mitte 80, vehement für den Wiederaufbau ein. Für einen Monat reiste er nach Nepal, um seinen schwer getroffenen Freunden vor Ort zu helfen. Nach seiner Rückkehr wurde ihm im Dezember 2015 in Bern der Menschenrechtspreis 2015 der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (Schweiz) verliehen.
In Erinnerung bleiben wird Bernhard Müller auch für sein Engagement für die Rechte der Tibeter. Mit deren Schicksal war er schon in den 1960er-Jahren in Berührung gekommen, als viele Tibeter nach Nepal flüchteten. Schon Jahre zuvor war der Staat im Himalaja von China annektiert worden, nach mehreren blutigen Auseinandersetzungen traten viele Tibeter die Flucht an. Bernhard Müller erhielt vom Roten Kreuz den Auftrag, in Nepal Siedlungen für 4000 Tibeter zu bauen. Einige davon gibt es bis heute – noch im Herbst 2019 war Müller in zweien zu Besuch. Begleitet hatte ihn auf dieser Reise sein jüngster Sohn Krishna Müller, in dessen Hände der Vater seine Entwicklungshilfe-Projekte legen wollte.
Bernhard Müller war seit den frühen 1960er-Jahren mit dem 14. Dalai Lama, dem Oberhaupt der Tibeter, befreundet. Über Jahrzehnte standen die beiden etwa gleichaltrigen Männer in persönlichem Kontakt.
Bernhard Müller verstarb am Dienstag, dem 26. Mai 2020, im Alter von 89 Jahren. Der Trauermitteilung seiner Familie ist ein Zitat Goethes vorangestellt: Was man tief in seinem Herzen besitzt, kann man durch den Tod nicht verlieren.
Im Sinne Bernhard Müllers bittet die Trauerfamilie darum, die Aufbauprojekte in Nepal mit einer kleinen Spende zu unterstützen. Konto (IBAN) CH08 0878 4016 2209 9750 1 bei der Spar- und Leihkasse Frutigen.