Die geplante 5G-Antenne ist umstritten
21.07.2020 Frutigen, Kandergrund, Blausee, MitholzMobilfunkunternehmen spüren die Skepsis gegen Antennen der fünften Generation. Aktuell betrifft dies Sunrise in Kandergrund. Nicht nur direkte Anwohner wollen den Bau verhindern – und Regeln für die Zukunft aufstellen.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
In Kandergrund leben ...
Mobilfunkunternehmen spüren die Skepsis gegen Antennen der fünften Generation. Aktuell betrifft dies Sunrise in Kandergrund. Nicht nur direkte Anwohner wollen den Bau verhindern – und Regeln für die Zukunft aufstellen.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
In Kandergrund leben rund 820 Leute, 262 davon haben innert kurzer Zeit eine Petition gegen neue Mobilfunkantennen unterzeichnet. Auslöser der Sammelaktion war das Baugesuch von Sunrise für eine 5G-Antenne im Bunderholz, direkt an der Nationalstrasse ist die 20 Meter hohe Antenne auf einer privaten Liegenschaft geplant. Je nach Standort wird ausser der weitherum bekannten Kirche und dem Bergpanorama auch die Antenne im Blickfeld sein. Das sei schon sehr dominant und «störend», sagt Samuel Kratzer. Er wohnt im Bunderholz und ist Mitinitiant der Petition.
«Für Anwohner nicht nötig»
Die Petitionäre führen neben den optischen auch gesundheitliche Gründe für ihre Skepsis an, da die Wirkung der hochfrequenten Strahlung auf den menschlichen Körper zu wenig abgeklärt sei. Auch der Standort ist umstritten: «Die Antenne soll knapp ausserhalb der Zone für Ortsbildschutz und vor allem in der Landwirtschaftszone erstellt werden. Das geht nur mit einer Sondergenehmigung. Doch dieser Standort ist aus unserer Sicht nicht zwingend», erklärt Kratzer. Mit der bestehenden 5G-Antenne beim BKW-Kraftwerk habe die Gemeinde schon genug Abdeckung, den Anwohnern bringe der zusätzliche Sendemast nichts. Auch Hightechfirmen, die darauf angewiesen seien, gebe es nicht. Diese Antenne sei gemäss Antrag für die Sondergenehmigung vor allem für die Versorgung des Durchgangsverkehrs gedacht, kritisiert Kratzer. Der Ausbau von 5G bedeute zudem eine Wertverminderung für Immobilien und Grundstücke, und für eine vollständige Abdeckung müsste alle paar hundert Meter eine 5G-Anlage errichtet werden.
In der Petition sind vier Forderungen explizit aufgeführt:
• Der Gemeinderat soll auf das laufende Verfahren im Bunderholz Einfluss nehmen, damit das Projekt am heutigen Standort nicht bewilligt wird.
• Auf dem gesamten Gemeindegebiet sollen keine Baubewilligungen für neue Sendeanlagen mit hochfrequenter Strahlung erteilt werden. Wenn sich das nicht vermeiden lasse, müsse der Gemeinderat Einfluss auf die Standortwahl (Ortsbild, Abstand zu bewohnten Gebäuden) nehmen.
• Auch die Aufrüstung bestehender Anlagen soll nicht bewilligt werden.
• Die Bevölkerung soll aktiv über allfällige Ausbaupläne der 5G-Technologie sowie vorgesehene Schutzmassnahmen informiert werden.
Erhalten hat die Petition der Gemeinderat sowie als Kopie das Regierungsstatthalteramt – dieses ist Baubewilligungsbehörde von Kandergrund. Der Gemeinderat hat nun ein Jahr Zeit, auf die Eingabe zu reagieren. Man sei sich bewusst, dass der Gemeinderat beim aktuellen Projekt, das zwischen der Firma und einer Privatperson geregelt werde, wenig Einfluss habe. Dies wurde an der letzten Gemeindeversammlung vom Präsidenten Roman Lanz auch so erklärt: «Wir behandeln dieses Vorhaben wie jedes andere Baugesuch. Auf gemeindeeigenen Liegenschaften lehnen wir neue Antennen ab.»
Die Petition sei denn auch nicht als Kritik fehlender Aktivität zu verstehen, wird von den Unterzeichnern betont. Der Gemeinderat solle aber zu Massnahmen ermuntert werden, damit bei diesem und künftigen Antennenprojekten für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösungen gefunden werden könnten.
Gespannt auf den Einsprache-Entscheid
262 Unterschriften sind viel. Samuel Kratzer sagt, dass man von der breiten Unterstützung «positiv überrascht» sei. Auf der Petitionswebsite sind die Argumente und eine Fotomontage der Antenne zu sehen. Gespannt warten die Petitionäre nun, wie es weitergeht mit dem aktuellen Baugesuch – zuerst auf die Entscheidung der Regierungsstatthalterin und dann auf den Dialog für eine Lösung mit dem Gemeinderat. Ausser der Petition ist fristgemäss gegen das Vorhaben nämlich eine 105 Unterzeichner umfassende Sammeleinsprache mit Rechtsverwahrungen eingegangen, wie das Statthalteramt bestätigt.
Einen Leserbrief zum Thema 5G finden Sie in dieser Ausgabe auf Seite 2.
Frutigen schränkt die Antennenstandorte ein
Die Kandergrunder verweisen einerseits auf die Sistierung von Antennen in Spiez, andererseits aber auch auf die Nachbargemeinde Frutigen, wo die Auflagefrist der Mitwirkung Mobilfunkanlagenplanung soeben zu Ende gegangen ist. Resultate oder Anpassungen durch allfällige Eingaben sind deshalb noch nicht vorliegend.
In Frutigen soll ein andernorts bereits eingesetztes «Kaskadensystem» eingeführt werden, um neue Antennenstandorte beurteilen zu können. Die Gemeinden können dabei nur auf die bau- und planungsrechtlichen Aspekte eingehen (Landschaftsschutz, Sichtbarkeit von Antennen). Die Beschränkung der nichtionisierenden Strahlung liegt hingegen in der Verantwortung des Bundes. Zudem muss der Versorgungsauftrag der Mobilfunkanbieter berücksichtigt werden. Mit der aktuellen Planung sollen die heutigen Vorgaben des lokalen Baureglements präzisiert werden.
Das in Frutigen gewählte Beurteilungssystem zeigt deshalb drei verschiedene Kaskadenstufen respektive Kategorien auf, wo Antennen unter welchen Bedingungen überhaupt möglich sein werden. In Priorität 1 (rot) eingeteilt sind primär Arbeitszonen (Schwandi, Unteres Widi oder Parallelstrasse), Zonen der öffentlichen Nutzung wie Werkhof, Markthalle sowie Bahnliegenschaften. Die Areale der zweiten und dritten Priorität kommen erst in Betracht, wenn die höher eingestuften Areale nachweislich nicht zum Ziel führen. Dies erfordert detaillierte Begründungen der Gesuchsteller. Ausserhalb der vom Gemeinderat festgelegten Zonen sind Sendeantennen damit quasi unmöglich; das betrifft vor allem Wohngebiete. So kann dem Schutz der Bevölkerung vor übermässiger Strahlung Rechnung getragen werden, wie aus den Auflageunterlagen ersichtlich ist. Die so festgelegten Areale stellen dennoch den Ausbau der Mobilfunknetze im Rahmen des öffentlichen Interesses sicher. Dieser Richtplan ist behördenverbindlich, das angepasste Baureglement kommt noch vors Volk.
HSF
Weitere Infos finden Sie in der Online-Übersicht unter www.frutiglaender.ch/web-links.html