KOLUMNE – FEDERLESIS - Viel Spass im Garten
28.08.2020 KolumneViel Spass im Garten
Das Telefon klingelt: «Hie isch d Hundeabhäu-Radarstation …», raunt eine Stimme im breitesten Züridüütsch. Wer spricht da? «Dein Nachbar, dein Hund ist gerade neben meinem Haus vorbeigefegt. Ist er auf der Flucht oder ist er abghäuä?», fragt ...
Viel Spass im Garten
Das Telefon klingelt: «Hie isch d Hundeabhäu-Radarstation …», raunt eine Stimme im breitesten Züridüütsch. Wer spricht da? «Dein Nachbar, dein Hund ist gerade neben meinem Haus vorbeigefegt. Ist er auf der Flucht oder ist er abghäuä?», fragt der Anrufer. Ein Blick nach draussen offenbart ein offenes Gartentörli – ich tippe auf Letzteres: Abgehauen.
Ein paar Minuten später erwische ich den Ausreisser auf dem nahegelegenen Landwirtschaftsbetrieb. Der Bauer schmunzelt: «Dä chunnt albä cho d Chatzemilch suufe.» Was heisst da «albä»? So, fertig lustig. «Heim mit dir, Vierbeiner!», schimpfe ich. Auf dem Heimweg ruft mir eine Anwohnerin zu, sie sei also schon froh gewesen, dass sich ihre Katze drinnen aufgehalten habe, als der Hund durchs Quartier gejagt sei. Und ich erst, meine Liebe, und ich erst.
Nach diesem hektischen Tagesanfang bin ich froh, dass nun «Gartenarbeit» auf dem Tagesprogramm steht. Ich freue mich auf einen entspannten Moment im Grünen beim Vitamin-D-Tanken, Osteoporose-Vorbeugen, beim gleichmässigen Muskelaufbau, beim Stärken des Immunsystems durch den Kontakt mit Bodenbakterien – auf gut Berndeutsch bedeutet das «Jätte» – und beim Stressabbau. Seelisch ausgeglichen und geerdet werde ich nach Hause zurückkehren … Doch kaum habe ich meinen Pflanzblätz betreten, bin ich mir da nicht mehr so sicher.
Sie müssen wissen, ich bin sozusagen «Neulenker» im Garten. Nur das hier nicht das Seitwärts-Einparken die Herausforderung ist, sondern unter anderem meine Zucchetti-Stauden. Gefühlte Jahre ernähren wir uns jetzt schon von diesem Gemüse, und die Blüten scheinen sich über Nacht Bäuche anzufuttern, die sich am nächsten Tag im Morgenlicht sonnen. Fast wünsche ich mir ein Rudel «Zuccheti-Schnecken» ins Beet …
Dabei habe ich um die Herrschaft auf dem Gartenboden gerungen: Verkleidet als Kräuterhexe und bewaffnet mit Rhabarberblatt-Jauche habe ich die Eintrittspforten der Schleimer begossen. Den gemeinen Ohrwürmern, dem «Ohregrübler», Unterschlupf geboten, Raubmilben bezirzt. Frühmorgens, wenn der Tau noch auf den Blättern lag, zog ich mit getrocknetem Kafisatz in den Kampf gegen den Kartoffelkäfer. Habe Steinmehl um mich geworfen gegen dessen Larven und Meerrettich verbuddelt, um den widerspenstigsten aller Härdöpfelchäfere zu vertreiben. Um die Wühlmäuse zu vergrämen leere Glasflaschen gesetzt und Knoblauch gepflanzt. Mit den übrig gebliebenen Zehen vom Knoblauch – versteht sich – noch einen Tee gegen Blattläuse gekocht: Falls die Schmierseife nichts genützt haben sollte … Beete umgegraben gegen hartnäckiges Unkraut und so weiter.
Nach einem solchen Tag hat man dermas sen viel Vitamin D getankt, dass man einen Sonnenbrand abbekommen hat, vor lauter Osteoporose-Vorbeugen tun einem alle Knochen weh, laut Muskelkater ist der Muskelaufbau in vollem Gange und geerdet ist man auch – und zwar so sehr, dass man sich nur noch hinlegen möchte:
Da klingelt es. Das Gartentörli ist zu – ah, es läutet an der Haustür. Der Postbote, der in der Nähe wohnt. Sorgenvoll schaut er mich an. Als er meinen Hund entdeckt, fängt er an zu strahlen: «Oh, zum Glück ist der Hund wieder daheim. Er hat heute Morgen knapp vor meinem Auto die Stras se gequert. Ich musste doch schnell nachfragen, ob er wieder wohlbehalten zu Hause angekommen ist.» Keine Sorge, mein werter «Hundeabhäu-Satellit» – für solche Fälle ist die «Hundeabhäu-Station» zuständig.
ANDREA BALMER-BEETSCHEN
ANDREA.BEETSCHEN@BLUEWIN.CH