LIEBER SCHÖN ODER HILFSBEREIT?
Soglio GR, Morcote TI, Schwellbrunn AR, Oberhofen BE und Trub BE. Diese Dörfer wurden schon als «Schönste Dörfer der Schweiz» ausgezeichnet. Gekürt wurden sie jeweils aus einer Liste von zwölf Vorschlägen, die ...
LIEBER SCHÖN ODER HILFSBEREIT?
Soglio GR, Morcote TI, Schwellbrunn AR, Oberhofen BE und Trub BE. Diese Dörfer wurden schon als «Schönste Dörfer der Schweiz» ausgezeichnet. Gekürt wurden sie jeweils aus einer Liste von zwölf Vorschlägen, die definitive Wahl wurde durch das Publikum mehrerer Zeitschriften und des Schweizer Fernsehens vorgenommen. Und in diesem Jahr, in dem alles ein bisschen anders ist?
Die Lage, die alten (sanierten) Gebäude oder der allgemeine Eindruck zählen für die Entscheidung. Das zeigt sich, wenn man Bilder der bisherigen Gewinner anschaut. 2020 ist das Bild ein anderes. Die Initianten haben kurzerhand die Kriterien geändert. Nicht das optisch schönste Dorf wird prämiert, sondern massgebend ist die Solidarität und Kreativität in Zeiten von COVID-19. Bemerkenswerte Initia tiven und Projekte aus der Bevölkerung, dem Gewerbe oder der Behörden sind für die Auswahl der Finalkandidaten entscheidend. Eine gute Sache!
Spontan entstandene Hilfsdienste, digitale Angebote wie Apps für schnelle Informationen oder allgemein die Hilfsbereitschaft sind das Mass der Dinge. Im Final sind nun Orte wie Essertines-sur-Yverdon VD oder Wegenstetten AG. Nachdem unser Kanton die beiden letzten Sieger stellen durfte, wird Guttannen als einzige Berner Kandidatin wohl einen schweren Stand haben.
Am Ende ist der Entscheid subjektiv. Ich frage mich deshalb, ob unsere sieben Gemeinden respektive Dörfer im Frutigland da auch mitmischen könnten? Hilfsangebote und Lieferdienste wurden spontan und meist auf nachbarschaftlicher Basis organisiert; die Gutscheinaktionen für das lokale Gewerbe haben hingegen unterschiedlichen Erfolg gezeigt. Digital sind Kandersteg, Krattigen (Crossiety) und Adelboden (My Local Services und Co-Working-Space) zwar online unterwegs, die Nutzung der Plattformen ist aber noch ausbaufähig. Mit den jetzt aufgestellten Vorgaben zum nettesten oder hilfsbereitesten Dorf der Schweiz haben wir sicher noch Nachholbedarf. Das sollte eigentlich motivieren, diese guten Anfänge aus der Corona-Zeit weiterzuentwickeln – auch wenns kaum je eine Auszeichnung dafür geben wird.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
H.SCHNEIDER@FRUTIGLAENDER.CH