KRISENSICHER MIT KONSERVEN
Wir alle durchlaufen in Krisen mehr oder weniger die gleichen Phasen. Nach dem anfänglichen Schock, dem Nicht-Wahrhaben-Wollen und der a ggressiven Abwehrreaktion folgt i rgendwann die Akzeptanz – und zu guter Letzt die Bewältigung. Was wir ...
KRISENSICHER MIT KONSERVEN
Wir alle durchlaufen in Krisen mehr oder weniger die gleichen Phasen. Nach dem anfänglichen Schock, dem Nicht-Wahrhaben-Wollen und der a ggressiven Abwehrreaktion folgt i rgendwann die Akzeptanz – und zu guter Letzt die Bewältigung. Was wir sowieso nicht ändern können, gestalten wir uns eben so angenehm wie möglich.
Als regelrechte Meister der Krisenbewältigung fallen immer wieder die J apaner auf. Legt ein Schneechaos das Land lahm, werden die Vorgärten kurzerhand mit Schnee-Pokémon verziert – das sorgt für hübsche Anblicke im entschleunigten Verkehr. Und wer ungeachtet der Wohnungsnot in Tokio leben will (das wollen die meisten), richtet sich halt kreativ auf neun Quadratmetern ein.
Auch in der Corona-Krise machen die Japaner vor, wie es sich trotz Einschränkungen gut leben lässt. Für schlappe 50 Franken kann man an einer touristischen «Bustour» teilnehmen – vor dem Computerbildschirm. Fürs echte Reisefeeling bekommt man vor der «Abfahrt» ortstypische Leckereien und einen Sicherheitsgurt nach Hause geliefert. Noch einen Schritt weiter geht die Stadt Hokuto. Sie verschenkt seit neustem Bergluft. Dafür schickte sie fünf Mitarbeiter in die Berge, welche die Luft dort mit Konservenbüchsen «einfangen» sollten.
Doch so schön diese Ideen auch sein mögen: Sie sind nicht zu Ende gedacht. Zum prallen Leben gehören schliesslich auch so scheinbar lästige Details wie schnatternde Sitznachbarn im Zug, der Schweissduft anderer Wanderer, der Geschmack viel zu schalen Biers in der vollen Beiz oder das übergriffige Gedränge an der Supermarktkasse.
Um für den nächsten Lockdown gerüstet zu sein, sorgen Sie also vor: Nehmen Sie Aufnahmegeräte und Konservendosen zur Arbeit und ins Restaurant mit. Fangen Sie dort alle Sounds und Gerüche ein, die Ihnen später einmal fehlen werden. An abgestandenes Bier oder verkochtes Gemüse zu kommen, dürfte selbst im Lockdown kein Problem sein. Einzig Körperkontakt ist nicht so leicht zu simulieren. Aber keine Sorge: Japan ist auch in der Robotik führend. Vielleicht kommt schon bald ein Schubs- und Drängelroboter auf den Markt.
BIANCA HÜSING
B.HUESING@FRUTIGLAENDER.CH