KOLUMNE – ZAHLEN IN WORTEN - Aliens! Aliens?
29.09.2020 KolumneAliens! Aliens?
Die Aufregung unter uns Weltraumbegeisterten war mal wieder gross: Auf unserem Nachbarplaneten Venus sei ein mögliches Zeichen für Leben gefunden worden, so berichteten Astronominnen und Astronomen vor zwei Wochen. Sie haben allerdings kein kleines grünes ...
Aliens! Aliens?
Die Aufregung unter uns Weltraumbegeisterten war mal wieder gross: Auf unserem Nachbarplaneten Venus sei ein mögliches Zeichen für Leben gefunden worden, so berichteten Astronominnen und Astronomen vor zwei Wochen. Sie haben allerdings kein kleines grünes Wesen durch ihre Teleskope erspäht und auch keine kryptisch verschlüsselte Nachricht von der Venus erhalten. Nein, das Lebenszeichen ist ein spezielles Gas, das die Forschenden in der Atmosphäre des Planeten entdeckt haben.
Dieses Gas – es handelt sich um Monophosphan, für die Amateurchemiker unter uns – wird auf der Erde zum Beispiel durch Kleinstlebewesen produziert, die oft in unwirtlichen Teilen unserer Welt leben. Auf der Venus kennen wir aber (noch) keinen Mechanismus, der das Gas produzieren könnte. Sind die Forschenden also auf kleine Aliens gestossen, die dieses Gas ausstossen, wenn sie Blähungen haben? Oder auf eine ausserirdische Fabrik, die das Gas produziert und damit die Venus-Atmosphäre belastet? Vielleicht. Aber vielleicht entsteht Monophosphan auf der Venus auch einfach durch eine natürliche chemische Reaktion, die wir bis jetzt nicht gekannt haben. Eine, in die kein Leben involviert ist.
Das ist laut vielen Fachleuten die wahrscheinlichste Erklärung für das Vorkommen von Monophosphan auf der Venus. Wissenslücken lassen uns noch immer nicht vollständig verstehen, was auf anderen Planeten chemisch abläuft. Trotzdem: Das Ereignis hat wieder einmal die Alienfrage aufgewärmt. Wie sieht Leben auf einem anderen Planeten überhaupt aus, wonach suchen wir? Haben unsere potenziellen galaktischen Nachbarn wirklich grüne Haut und metallische Stimmen, so wie Filme und Bilderbücher sie darstellen? In unserer Nachbarschaft – und ich meine unser Sonnensystem mit den Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und den kleineren und grösseren Brocken, die sonst noch um die Sonne kreisen – gibt es ziemlich sicher keine grünen Aliens. Solch auffällige Nachbarn hätten wir wohl schon entdeckt mit den immer besser werdenden Teleskopen, die die Wissenschaft entwickelt. Wer nach Leben sucht, muss in unserem Sonnensystem sehr viel genauer hinschauen – und die gängige Definition von Leben allenfalls neu überdenken.
Auf unserer Nachbarin Venus etwa sind die Bedingungen für unsere Vorstellung von Leben nämlich gänzlich ungeeignet: Die Venus ist zwar fast ebenso gross wie die Erde, aber mehr als 400 Grad heiss. Der Druck auf der Oberfläche entspricht ungefähr dem, was eine Taucherin in 900 Metern Tiefe unter der Wasseroberfläche spüren würde – keine angenehmen Voraussetzungen. Leben in anderen Teilen des Universums muss unter extremsten Bedingungen gedeihen können, ein bisschen wie die Lebewesen, die trotz aller Widrigkeit in Vulkanen oder in der tiefsten Tiefsee leben, bei Hitze, Kälte, bösartiger Strahlung, ohne Licht, sogar ohne Sauerstoff. Das heisst: ein bisschen wie die Monophosphan produzierenden Lebewesen auf der Erde. Haben sie Verwandte auf der Venus? In meiner letzten Kolumne habe ich schon verraten, dass ich an Leben jenseits der Erde glaube. Für mich erscheint es logisch, dass sich bei so vielen Sternen und Planeten in unserem Universum auch irgendwo sonst Leben entwickelt hat. Möglicherweise ist es winzig klein. Möglicherweise ist es ganz anders, als was wir uns je vorstellen könnten. In jedem Fall ist es fast unendlich schwer zu finden.
VALERIE KOLLER
VALERIE.KOLLER@BLUEWIN.CH