Alle Sprachen unterliegen einem ständigen Wandel, jede Generation redet und schreibt anders als die vorangegangene. Wer Kinder hat, weiss das. Alle anderen können mal eine Stunde lang Bus fahren und zuhören, wie die jungen Leute so reden.
ENTWICKLUNG VON DER SPRACHE
Alle Sprachen unterliegen einem ständigen Wandel, jede Generation redet und schreibt anders als die vorangegangene. Wer Kinder hat, weiss das. Alle anderen können mal eine Stunde lang Bus fahren und zuhören, wie die jungen Leute so reden.
Dass unsere Sprache sich verändert, ist also völlig normal. Sich darüber aufzuregen, hat darum stets etwas Ältliches, Rückwärts gewandtes. Trotzdem tue ich es regelmässig.
Über die Marotte, dass wir mittlerweile alle Machende sind, habe ich mich an dieser Stelle schon einmal ausgelassen. Lernende, Siegende, Bewohnende – ich weiss, man formuliert das jetzt so. Aber ich finde es unschön und in vielen Fällen auch ein bisschen lächerlich. Auf dem KMU-Portal des Bundesrats ist von «jungen Unternehmenden» die Rede. Also bitte!
Mindestens ebenso verbreitet ist inzwischen der sogenannte Vonismus. Wurde früher ein Schulhaus saniert, schrieb man über die Sanierung des Schulhauses – heute ist es die Sanierung vom Schulhaus. Leute, die ein Schwingfest auf die Beine stellten, waren bislang die Organisatoren des Schwingfestes – jetzt sind sie die Organisatoren von dem Schwingfest. Und gerade las ich: «Gestern war die Eröffnung vom neuen Restaurant.»
Man könnte diese Entwicklung für eine Anpassung an die Mundart halten. Aber so ist es nicht. Der Vonismus grassiert auch in den nahezu dialektfreien Zonen Norddeutschlands. Es besteht wenig Hoffnung, dass er je wieder verschwindet.
Die meisten Leute interessieren sich für solche Sprachkosmetik nicht die Bohne, das ist mir bewusst. Aber ich muss mich schon von Berufs wegen damit beschäftigen. Wann hat sich die von-Konstruktion so etabliert, dass wir sie unbekümmert in der Zeitung verwenden können? Wie lange wird es dauern, bis unser Korrektorat beim Lesen solcher Fehler (von solchen Fehlern!) nicht mehr den Rotstift ansetzt? Ist es vielleicht schon so weit? Noch sträube ich mich und formuliere jeden Vonismus konsequent um. Aber ich mache mir nichts vor: Die Evolution der Sprache hält niemand auf. Irgendwann werde ich also einlenken und mich dem mordernen Trend beugen. Auch ich will schliesslich ein mit der Zeit Gehender sein!
MARK POLLMEIER
M.POLLMEIER@FRUTIGLAENDER.CH