Fürs Güllen gebüsst
30.10.2020 AdelbodenJUSTIZ Ein Adelbodner Landwirt hatte im Februar 2020 Gülle ausgebracht und war dafür vom Ortspolizisten angezeigt worden. Den Strafbefehl über 700 Franken (Busse plus Verfahrenskosten) akzeptierte er nicht, weshalb es gestern Donnerstag vor dem Regionalgericht Oberland in Thun zu einem ...
JUSTIZ Ein Adelbodner Landwirt hatte im Februar 2020 Gülle ausgebracht und war dafür vom Ortspolizisten angezeigt worden. Den Strafbefehl über 700 Franken (Busse plus Verfahrenskosten) akzeptierte er nicht, weshalb es gestern Donnerstag vor dem Regionalgericht Oberland in Thun zu einem kurzen Strafverfahren kam.
PETER SCHIBLI
Er wolle gehört werden und dem Gerichtspräsidenten seine Version des Sachverhalts schildern, begründete der Bauer seinen Einspruch. Nach seiner Aussage war es am besagten 17. Februar 2020 genau wie an den vorangegangenen Tagen ungewöhnlich warm, rund 10 Grad, gewesen. Schnee oder Eis hätten auf seinem Land nicht gelegen. Weil seine beiden Jauchegruben voll waren, habe er sich entschlossen, 4500 Liter Gülle auszubringen. Dies auch, weil Regenwasser in seine neue Jauchegrube geflossen sei.
Bei der Gemeinde habe er sich nicht nach Alternativen erkundigt. Vielmehr sei er der festen Überzeugung gewesen, dass er der Natur nicht schade, wenn er an diesem milden Nachmittag den stark durchnässten Boden dünge. Er habe dies nur von der Strasse aus getan, ein Bächlein sei 300 Meter entfernt gewesen. Ausserdem habe auch sein Nachbar wenige Tage nach ihm Gülle ausgefahren und sei dafür vom Polizisten nicht angezeigt worden. Deshalb finde er es ungerecht, wenn an ihm ein Exempel statuiert werde.
Gerichtspräsident Blatter zeigte Verständnis für die Argumente des Landwirts. Er machte den Beschuldigten aber darauf aufmerksam, dass gemäss der einschlägigen Landwirtschaftsverordnung das Ausbringen von Gülle unter zwei verschiedenen Bedingungen verboten ist: wenn der Boden mit Eis bedeckt ist und wenn die Vegetationsphase noch nicht begonnen hat. Die Pflanzen müssten nämlich in der Lage sein, den in der Gülle enthaltenen Stickstoff aufzunehmen, erklärte der Gerichtspräsident. Das aber sei Mitte Februar noch gar nicht möglich gewesen.
Zusätzliche Kosten abgewendet
Der Beschuldigte gab an, dass ihm auch diese zweite Bedingung bekannt gewesen sei. Deshalb schritt der Gerichtspräsident bereits nach 30 Minuten Befragung zur Abkürzung und deutete an, dass ein Freispruch wegen der Verordnung und wegen eines Bundesgerichtsurteils aus dem Jahr 1997 nicht drin liege. Bei einer Bestätigung des Strafbefehls durch das Gericht müsse der Beschuldigte mit zusätzlichen Kosten rechnen. Er gebe aber dem Bauern Gelegenheit, seine Einsprache gegen den Strafbefehl zurückzuziehen. Es bliebe in diesem Fall bei 700 Franken, denn auf zusätzliche Kosten würde das Gericht verzichten.
Der Landwirt verstand den Hinweis, lenkte ein und zog seine Einsprache zurück, worauf das Strafverfahren nach 35 Minuten beendet war. Der als Zeuge geladene Polizist kam nicht zum Einsatz und musste unverrichteter Dinge abziehen. Der verurteilte Bauer zeigte sich zufrieden, dass das Gericht ihn angehört hatte und meinte lakonisch: «Ich werde im Februar nie mehr güllen.» Danach fuhr er erleichtert Richtung Adelboden.