Gibts in Reichenbach bald einen «Canal Grande»?
16.10.2020 Reichenbach, Kiental, NaturHOCHWASSERSCHUTZ Es geht vorwärts mit den nächsten Hochwasserschutzprojekten, namentlich beim Chrachegrabe und am Schwarzbach. Die Kredite dafür wurden bestätigt, wenn auch nicht ohne kritische Worte.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Peter Bettschen hatte einiges zu ...
HOCHWASSERSCHUTZ Es geht vorwärts mit den nächsten Hochwasserschutzprojekten, namentlich beim Chrachegrabe und am Schwarzbach. Die Kredite dafür wurden bestätigt, wenn auch nicht ohne kritische Worte.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Peter Bettschen hatte einiges zu erzählen, was seit der letzten ordentlichen Versammlung Ende 2019 in der Schwellenkorporation passiert ist. Mehrere Unwetter respektive deren Folgen forderten den Präsidenten und den Vorstand. Viel Aufwand muss jeweils für das Ausholzen der Gräben und Bachläufe investiert werden. Als Beispiel zeigte Bettschen Bilder vom Amsler, einem Graben oberhalb Buchholz/Reudlen an der Niesenkette. «Heute ist eine richtige Schneise im Wald sichtbar, das sollte wieder für einige Zeit reichen», meinte der Schwellen-Präsident. Ab 2022 soll dann das Gerinne für knapp eine Million Franken verbaut werden. Bewilligt ist dieses Projekt noch nicht, aber man sei trotz dem Widerstand eines Betroffenen «auf gutem Weg».
Neue Leitung in den Schlumpach
Neben der praktischen Arbeit rund um die vielen Gewässer in der Gemeinde ist Planungsarbeit angesagt. Für zwei konkrete Projekte wurden an der Versammlung Kredite beantragt – und bewilligt. Das erste ist der Chrachegrabe. Das Wasser von der Niesenseite her hat keinen natürlichen Abfluss in die Kander und versickert. Das führt bei grösseren Mengen zu Problemen in Reudlen. Die von der Schwellenkorporation vorgeschlagene Lösung ist ein grösserer Geschiebesammler sowie eine neue Ableitung in den Schlumpach. 1,2 Millionen Franken brutto wird die Realisierung kosten.
Der Kanal durchs Dorf
360 000 Franken sind nötig, um das Vorprojekt Schwarzbach bis zur Baugenehmigung voranzutreiben. Drei Ingenieurbüros sollen für Offerten angefragt werden, davon erhofft man sich Kostenersparnis gegenüber der derzeitigen Schätzung für die Realisierung von etwa 4,6 Millionen Franken. Der Kredit war unbestritten. Hinterfragt wurde dagegen der geplante Kanal durch das Dorf. Ein Anwohner äusserte seinen Unmut über das derzeitige Projekt. Peter Bettschen gab zu, dass der Betonkanal tief und mit rund 3 Metern Breite auch wirklich gross werde, aber «wir kämpfen noch um jeden Zentimeter». Allerdings sehe er keine realistische Alternative, da alle anderen Varianten mehr Nachteile brächten oder beispielsweise von der BLS strikt abgelehnt würden. Knackpunkt dabei ist die Unterquerung von Bahn und Strasse im Bereich des Bahnhofs, nachdem das Gewässer übers Feld von seitlichen Dämmen im Zaum gehalten werden soll.
Die Pendenzen
Verschiedene Projekte sind ebenfalls in unterschiedlichem Stadium in der Planung:
• Verzögerungen gibt es beim Richebach, weil der Kanton die Brücke bei der Kirche zusätzlich auch noch ersetzen will. Mit einem Geschiebesammler und weiteren Verbauungen soll der Dorfkern besser geschützt werden. Kosten: rund 7 Millionen Franken. Baubeginn: im besten Fall im Herbst 2021.
• Das Projekt Kander/Louibach muss nach der Vorprüfung durch den Kanton angepasst werden. Den Baubeginn erwartet Peter Bettschen in frühestens 2,5 bis 3 Jahren. Auf sieben Millionen Franken geht die derzeitige Schätzung der Baukosten. Damit könnte die Gewerbezone an der Alten Strasse aus der roten Gefahrenzone genommen werden.
• Mit einem Teilprojekt von «Kander 2050» wird der Schutz von Kien/ Gand verbessert, inbegriffen ist dabei eine Kander-Aufweitung für geschätzt über 20 Millionen Franken. Die Grundeigentümer sollen nächstens als Erste informiert werden, wobei der Realisierungszeitpunkt völlig offen ist.
Wie finanziert sich der Wasserbau?
An die Kosten werden jeweils mindestens 60 Prozent Subventionen erwartet. Im Vergleich zu den Schätzungen machen die Einnahmen von knapp 900 000 Franken durch die Schwellentelle recht wenig aus. Im 2019 konnten davon Reserven von 415 000 Franken gebildet werden, die für den Unterhalt bestimmt sind. Das Budget 2020 sieht bei vergleichbaren Erträgen einen Gewinn von 170 000 Franken vor. Der unveränderten Schwellentelle von 1,5 Promille des amtlichen Wertes stimmten die knapp 30 anwesenden Liegenschaftsbesitzer zu.
Mit diesen Problemen des Wasserbaus wird sich auch der neu in den Vorstand gewählte Kilian Aellig aus Kiental auseinandersetzen müssen. Mit seiner beruflichen Funktion beim Amt für Naturgefahren scheint er die richtige Ergänzung für das Gremium zu sein.
Das rote Problem in Kiental
Eigentlich hätte die Schwellenkorporation, die im Auftrag der Gemeinde selbstständig den Wasserbau betreut, genug mit den erwähnten Projekten zu tun. Doch bei der Abklärung für eine neue Brücke im Dorf Kiental stiess der Kanton auf eine Ungereimtheit. Die rote Zone entlang des Erlibaches war beim Erstellen der Gefahrenkarte 2007 offenbar nur vom Bürotisch aus festgelegt worden, wie Peter Bettschen sagte. Die Realität sehe leider anders aus. Viel Geschiebe liegt dort im Graben bereit, das ins Dorf rutschen könnte. Plötzlich ist ein Teil des Dorfes in der roten Gefahrenzone – mit der Folge eines absoluten Bauverbotes. «Wir wollen das Problem rasch lösen», verspricht Bettschen. Mit Dämmen soll das Dorf gegen das Bachbett hin abgeschottet werden. So können gefährdete Infrastrukturbauten wie die Eisbahn wieder in die blaue oder sogar in die gelbe Zone zurückgestuft werden. Wann das realisiert werden kann und wie hoch die Kosten sind, ist derzeit noch offen. «Technisch ist das ein relativ einfaches Projekt, aber der damalige Fehler des Ingenieurbüros nervt uns heute», sagt Bettschen.
HSF