Online-Anlass zum Spitzen Stein
30.10.2020 KanderstegDas Rutschgebiet bewegt sich schneller als in den Vorjahren und mit den Schutzbauten ist man auf Kurs. Diese und andere Details erfuhren über 200 BürgerInnen am Mittwochabend via YouTube-Stream.
BIANCA HÜSING
Die Feuerprobe ist geglückt. Bis auf ein paar ...
Das Rutschgebiet bewegt sich schneller als in den Vorjahren und mit den Schutzbauten ist man auf Kurs. Diese und andere Details erfuhren über 200 BürgerInnen am Mittwochabend via YouTube-Stream.
BIANCA HÜSING
Die Feuerprobe ist geglückt. Bis auf ein paar Unterbrüche lief der Info-Livestream zum Spitzen Stein nahezu reibungslos – und lockte phasenweise sogar über 240 ZuschauerInnen vor die Bildschirme. Ob die Gemeinde unter normalen Umständen eine solche Reichweite erzielt hätte, ist durchaus fraglich. Zumindest dürfte sie jetzt für weitere Veranstaltungen dieser Art gerüstet sein. Vom Angebot, per Mail oder Kommentarfunktion Fragen zu stellen, machte zwar niemand Gebrauch. Dafür trudelte gegen Ende der Übertragung das eine oder andere Lob ein.
Plötzlich knarzte und krachte es
Mit dem Informationsanlass wollte die Gemeinde ihre BürgerInnen darüber auf dem Laufenden halten, mit welcher Geschwindigkeit sich der Spitze Stein bewegt, welche Abbruch- und Folgeszenarien wahrscheinlich sind und wie sich Schwellenkorporation und Gemeinde darauf vorbereiten. Den Schlusspunkt hätte eigentlich Regierungsrat Christoph Ammann setzen sollen. Dieser war jedoch aufgrund der spät anberaumten Corona-Medienkonferenz (siehe Artikel auf Seite 1 und 3) verhindert. An seiner Stelle ergänzte Roger Schmidt, Vorsteher des Amts für Wald und Naturgefahren, die Rednerliste. Dieser übermittelte Ammanns Grüsse und dessen Anerkennung für die Arbeit der Gemeinde.
Nils Hählen, Leiter der Abteilung Naturgefahren, erläuterte, welche Untersuchungen 2020 vorgenommen worden seien. Die Analyse historischer Luftaufnahmen etwa habe die Vermutung bestätigt, dass die aktuellen Entwicklungen im Rutschgebiet zumindest im Lichte der letzten 10 bis 20 Jahre aussergewöhnlich seien. Durch Bohrungen sei man in der Westflanke überraschend auf Permafrost gestossen und GPS-Daten hätten gezeigt, dass die Bewegungsraten 2020 deutlich höher seien als in den beiden Jahren zuvor. Immer wieder sei es den Sommer hindurch zu Abstürzen kleinerer «Pakete» gekommen – einmal sogar, während die Geologen mit ihrer Kamera vor Ort waren. Plötzlich habe man es Knarzen und Krachen gehört. In der Ostflanke habe sich diesen Sommer zudem ein meterlanger Spalt aufgetan.
Weil viele Messgeräte im Winter nicht zur Verfügung stünden und kleinere Felsstürze auch grössere Lawinen auslösen könnten, empfahl Hählen der Gemeinde ausdrücklich, die Sperrgebiete auch im Winter dauerhaft aufrechtzuerhalten.
Deponiestandort gesucht
Markus Zimmermann von der NDR Consulting klärte über mögliche Sekundärprozesse auf – Ereignisse also, die infolge der Felsabbrüche auftreten können. Murgänge sind nach den Berechnungen der Experten um einiges wahrscheinlicher als eine Flutwelle mit Dammbruch. Und mit den bestehenden Schutzbauten könne man zumindest die Folgen solcher Murgänge gut abfedern. Wie weit man mit diesen Schutzprojekten ist, erläuterte Umweltingenieur Beat Brunner. Der Damm Oeschiwald sei fürs Erste fertiggestellt, und mit dem Damm Zilfuri will man bis Ende November so weit sein. Nächstes Jahr sollen die Bauwerke noch mithilfe des herabkommenden Geschiebes erhöht werden. Für das überschüssige Geschiebe suche man zurzeit nach einem geeigneten Deponiestandort. Ideal wäre der Perimeter beim Damm Oeschiwald, doch dafür bräuchte es das Einverständnis der Bäuert.
Broschüre mit Evakuierungsplan
Gemeinderatspräsident Urs Weibel hob hervor, wie gut man durch die Fachstellen betreut werde, dass die Verantwortung aber letzten Endes immer bei der Gemeinde liege. Im Falle der umstrittenen Planungszone Oeschibach (siehe Artikel unten), habe man zum Beispiel kein komplettes Bauverbot vorgesehen. Nicht bewilligungspflichtige Massnahmen zum Werterhalt blieben weiterhin möglich – entgegen der «Lehrmeinung».
Weil der Gemeinderat sich trotz der Schutzbauten auch auf spontane Evakuierungen vorbereiten müsse, werde demnächst eine Broschüre erstellt und versandt. Zudem werde jede Familie einzeln darüber informiert, in welcher Evakuierungszone sie wohne.
Ein Video vom Informationsanlass finden Sie unter www.frutiglaender.ch/web-links.html