Unverdrossen den Weg entlang
27.10.2020 KulturNils Burris drittes Studioalbum ist erschienen. Im Interview erzählt der Frutiger Singer-Songwriter von der Corona-Faust, vom «Tüfeli» auf der Schulter und von baldigen Wohnzimmerkonzerten.
«Frutigländer»: Nils Burri, was zeichnet Ihr neues Album ...
Nils Burris drittes Studioalbum ist erschienen. Im Interview erzählt der Frutiger Singer-Songwriter von der Corona-Faust, vom «Tüfeli» auf der Schulter und von baldigen Wohnzimmerkonzerten.
«Frutigländer»: Nils Burri, was zeichnet Ihr neues Album aus?
Der Musikstil von Balladen bis Elektropop ist breit gefächert. Statt eines roten Fadens greifen die Songs je eigene Themen auf. «Little girl» etwa handelt davon, dass die Flüchtlingskrise wegen des Coronavirus in den Schlagzeilen keinen Platz mehr findet. In «Memories» hingegen erinnere ich mich an die Zeit vor der Pandemie.
Beim Lied «Hello» ballen Sie die Faust …
Zurzeit grüssen wir uns ja mit der Faust oder mit dem Ellenbogen. Doch der Tag kommt, an dem wir uns wieder die Hand reichen und uns umarmen, wie wir das gekannt haben.
Der Songtitel «Better than you» klingt ziemlich selbstsicher …
Die meisten Leute sagten mir, es sei unmöglich, von der Musik zu leben. Ich solle besser eine Weiterbildung ins Auge fassen. Bei «Better than you» spreche ich mit meinem imaginären «Tüfeli» und «Ängeli» auf der Schulter. Ersteres rät mir: «Lass dich nicht unterkriegen, sei mutig!» Letzteres meint: «Die Skeptiker haben recht!» Ich hörte nicht auf das Ängeli und ging unverdrossen meinen Weg entlang. Deshalb heisst das Album auch «Along the way».
Musiker leben heutzutage von Konzertgagen. Warum geben Sie überhaupt ein Album heraus?
Ganz ehrlich, nur wenn du die Songs in ein Album verpackst, kannst du dir Radio- oder andere Medienauftritte erhoffen. Mit einer Single klappt das kaum.
Im März ging von einem Tag auf den anderen nichts mehr. Jetzt bahnt sich für Künstler weiteres «Unheil» an …
Mit dem Wort Künstler in Bezug auf mich habe ich Mühe. Leute mit speziellen Charakteren wie Büne Huber machen Kunst, ich bin Musiker. Doch zur Frage: Bis Ende Jahr stehen bei mir viele Auftritte auf dem Terminkalender. Ich muss aber mit Absagen rechnen. Wegen der Coronasituation kommen auch keine neuen Aufträge mehr herein.
Wie ist das für Sie, möglicherweise bald nicht mehr auf Bühnen zu spielen?
Ich bin der letzte, der klagt, sondern spüre Dankbarkeit. Ich habe einen super Sommer erlebt. Meine Balkonkonzerte – zum Teil mit Nina Burri zusammen – verhalfen mir zu vermehrten Buchungen. Sollten die Engagements gestrichen werden, lege ich den Fokus auf Wohnzimmerkonzerte, die ich auf den sozialen Medien anpreise. So habe ich das im Sommer gehandhabt, als ich auf dem Rasen für Quartierbewohner auf Balkonen und Terrassen gespielt habe. Ich stehe vor der Wahl, im Bandraum zu üben oder zu den Menschen zu gehen.
Haben Sie finanzielle Unterstützung vom Bund erhalten?
Ja, aber ich habe seit Ende Juli darauf verzichtet, weil ich wie gesagt einen guten Buchungseingang verzeichnen konnte. Jetzt könnte sich meine Situation allerdings ändern.
Was erhoffen Sie sich vom neuen Album?
Dass ich den Menschen Freude bereiten kann und sie sich danach sehnen, die Songs von «Along the way» baldmöglichst live zu hören. Sei das als Soloauftritt, im Duo, im Trio oder mit der ganzen Band. Im Wohnzimmer oder auf der Festivalbühne.
INTERVIEW YVONNE BALDININI