Abpfiff – Knall auf Fall
10.11.2020 SportFUSSBALL Das Derby zwischen Reichenbach und Frutigen hätte einen spannenden Abschluss der Hinrunde darstellen können. Doch die Pandemie sorgte für einen abrupten Unterbruch der Saison. Nun hoffen die Reichenbacher Kicker auf die Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs im ...
FUSSBALL Das Derby zwischen Reichenbach und Frutigen hätte einen spannenden Abschluss der Hinrunde darstellen können. Doch die Pandemie sorgte für einen abrupten Unterbruch der Saison. Nun hoffen die Reichenbacher Kicker auf die Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs im Dezember.
MICHAEL MAURER
Grosser Zuschaueraufmarsch, ein vom Anpfiff bis zum Abpfiff heiss umkämpftes «rundes Leder» und würdiges Feiern nach dem Match – all das gehört auf dem Gand in Kien dazu, wenn das Nachbarschaftsduell zwischen Reichenbach und Frutigen stattfindet. Entsprechend gut hatte man sich auf das für den 24. Oktober angesetzte Spiel vorbereitet. Peter Kunz, Trainer der Reichenbacher Drittligisten, war vom Formstand seiner Equipe überzeugt: «Wir wären sicher gewappnet gewesen.» So wurde auch noch am Donnerstagabend vor dem Traditionsspiel motiviert trainiert. Nach der vorangegangenen Niederlage gegen Interlaken wollte der FC Reichenbach wieder seine Stärke demonstrieren.
Enttäuscht und erleichtert zugleich
Doch Kunz und seine angriffswillige Mannschaft wussten nicht, dass sie den Kunstrasenplatz an jenem Abend vorerst zum letzten Mal betreten würden. Keine 24 Stunden vor Anpfiff des Derbys kam mit den Ankündigungen weiterer kantonaler Corona-Schutzmassnahmen der Abpfiff. «Jeder im Verein war enttäuscht», äussert sich Sportchef Christian Kallen stellvertretend für Spieler, Funktionäre und auch Zuschauer zum abrupten Stopp des Spiel- und Trainingsbetriebs kurz vor dem offiziellen Ende der Meisterschaftshinrunde. «Es kam Knall auf Fall», meint auch Junioren-Obmann Daniel Fritschi. Weil beim FC Reichenbach mit dem Thema Corona ernsthaft umgegangen wird, siegte die Vernunft über die anfängliche Ernüchterung. Im Nachhinein ist sogar eine gewisse Erleichterung festzustellen. «So wie die Situation war, bin ich froh, dass das Derby nicht stattfand», erklärt etwa Christian Kallen, der auch als Covid-19-Verantwortlicher des Vereins amtet. Das sich wieder ausbreitende Virus mit zunehmenden Quarantänefällen in Sportvereinen hatte vor dem Unterbruch auch bei Kevin Zurbrügg, Captain der 1. Mannschaft, Bedenken aufkommen lassen. Entsprechend erleichtert kommentiert er die Restriktionen: «Es wurde höchste Zeit für den Unterbruch.»
Willkommene Trainingspause
Dabei war auch die Ausgangslage eine andere als bei der Einstellung des Spielund Trainingsbetriebs im Frühjahr. Im Gegensatz zu den Frühlingsmonaten ruhen die Bälle aufgrund einer regulären Trainings- und Spielpause im Spätherbst ohnehin weitgehend. Nun kam die Pause dieses Jahr rund zwei Wochen früher. Dem kann Drittligatrainer Peter Kunz sogar Positives abgewinnen. Wohl steht seine Elf mit dem aktuell dritten Tabellenrang sehr gut da. Seine Mannschaft wurde aber bis zuletzt vom Verletzungspech heimgesucht. Die nun längere Pause erlaubt es den betroffenen Spielern, ihre Leiden besser behandeln und ausheilen zu lassen. Zu berücksichtigen ist auch, dass dieses Jahr nach dem Shutdown-Ende die Sommerpause ausgelassen wurde. Der zwischen Mai und Oktober intensive Trainings- und Spielbetrieb verlangte Kunz und seinen Jungs einiges ab. Allerdings hätte sich der Coach einen etwas geordneteren Abgang in die Winterpause gewünscht. «Man sah sich nicht mehr», bedauert er die Auswirkungen der sich überstürzenden Ereignisse. Eine Schlussbesprechung, ein gemeinsames Abschlussessen oder ein Anstossen auf den bisher guten Saisonverlauf – das alles war nicht mehr möglich.
Geselliges Vereinsleben, ade
Dass das Vereinsleben einmal mehr leidet, bestätigt Sportchef Kallen. Der normalerweise im November stattfindende Lottomatch und das Hallenturnier wurden abgesagt, und auch der Nachwuchs ist bis auf Weiteres nicht mehr auf dem Gand anzutreffen. Einer, der seit Kindesbeinen auf dem Rasen stand und daher die Bedeutung regelmässiger Trainings und Matches für Kinder und Jugendliche aus eigener Erfahrung kennt, ist Junioren-Obmann Fritschi: «Es ist für die Kinder sicher nicht einfach.» Trotzdem relativiert er: Ein aktives Kind habe sicher genügend andere Hobbys, denen es sich widmen könne. Zudem dürften auch die sportlichen Auswirkungen im Juniorenbereich gering sein. «Ein Junior verliert nicht so schnell an Kondition», so der langjährige Junioren-Obmann.
Fortführung mit einem Klassiker
Definitiv zu beschäftigen weiss sich Drittliga-Captain Zurbrügg. «Die Familie ist froh, dass ich da bin», erklärt er und sieht auch Möglichkeiten, sich weiterhin fit zu halten und soziale Kontakte zu pflegen. «Die Zeit ist optimal, um zu Hause etwas zu machen.» Den Kontakt zur Mannschaft pflegt der zweifache Vater nun per WhatsApp und Telefon. Da der Reichenbacher Torschützenkönig auf eine gut eingespielte Equipe zählen kann, sieht er sein Team für die Wiederaufnahme der Meisterschaft gut gerüstet. Diese soll dann im März mit dem Klassiker FC Reichenbach gegen FC Frutigen erfolgen. Peter Kunz ist es darum besonders wichtig, dass der Trainingsbetrieb Mitte Dezember wieder aufgenommen werden kann. So sicher ist er sich nach dem bisherigen Jahresverlauf darüber allerdings nicht: «Man weiss nicht, wann man wieder trainieren kann.» Der engagierte Trainer konzentriert sich somit erst einmal aufs Hier und Jetzt. «Die Pause nutzen und die Köpfe lüften», rät er für die kommenden Wochen.