Die Kandidierenden im Fragen-Check

  03.11.2020 Reichenbach, Kiental

Fünf der insgesamt zehn BewerberInnen für den Gemeinderat sind Bisherige. In einer ersten Tranche präsentieren sie sich, die restlichen Kandidierenden folgen am nächsten Freitag.

JULIAN ZAHND
Der «Frutigländer» fragte die Bewerberinnen und Bewerber nach ihren Persönlichkeitsmerkmalen, nach ihrem Wunschressort und nach ihrer Einschätzung der Finanzlage Reichenbachs:

Frage 1: Welche drei Gründe sprechen dafür, dass Sie für weitere vier Jahre gewählt werden?

Frage 2: Möchten Sie ihr bisheriges Ressort beibehalten oder in ein anderes wechseln – und warum?

Frage 3: Die Gemeinde steht vor finanziellen Herausforderungen und hat deshalb ein jährliches Investitionsmaximum von zwei Millionen Franken festgelegt.

a) Wofür müsste das Geld vor allem eingesetzt werden?

b) Ist die Obergrenze richtig oder gäbe es Alternativen, die die Finanzen wieder ins Lot bringen?

c) Um das Budget zu entlasten, hat die Gemeinde kürzlich ihre Finanzbeiträge für die Ramslauenenbahn gestrichen. Begrüssen Sie Entscheide wie diesen?

Die Gewichtung der Antworten stand den Kandidierenden offen. Bezüglich Inhalt wurden die BewerberInnen lediglich ermuntert, konkrete Aussagen zu machen, anstatt Gemeinplätze zu bemühen. Inwiefern ihnen das gelungen ist, lesen Sie in den jeweiligen Antworten.


Hansrudolf Bachmann

Antwort 1 – Profil/Stärken:
a)
Das Amt erfordert eine lange Einarbeitungszeit. Als Bisheriger habe ich diese bereits hinter mir.
b) Mit der Verwaltung pflege ich eine gute Zusammenarbeit.
c) Gerade im Trinkwasserbereich gibt es das eine oder andere Projekt, das ich gerne angehen oder fertigstellen möchte.

Antwort 2 – Wunschressort:
Ich kann hier gleich bei der ersten Frage anknüpfen: Das Ressort würde ich gerne behalten, um beispielsweise Wasserfassungen in Scharnachtal zu realisieren.

Antwort 3 – Gemeindefinanzen:
a)
Die bestehende Infrastruktur sollte auf jeden Fall erhalten werden. Dinge kaputt gehen lassen muss man sich ja auch erst einmal leisten können.
b) Es gibt viele gebundene Ausgaben, daher haben wir wenig Spielraum. Ich finde aber wichtig und richtig, diese Investitionsobergrenze eingeführt zu haben.
c) Als VR-Präsident der Bahn bedauerte ich den Ramslauenen-Entscheid und auch, dass der Gemeinderat überhaupt eine Empfehlung abgegeben hat. Es geht bei solchen Beschlüssen immer um ein Ganzes: Der Bauer, der im Winter keinen Verdienst hat, repariert seinen Schuppen im Frühjahr selbst. Es gehen Arbeitsplätze verloren, der Gemeinde entfallen Steuereinnahmen.

Für andere Sportinstitutionen wie die Eishalle Kandersteg oder das Hallenbad Aeschi spricht die Gemeinde nach wie vor Beträge. Zudem fliessen jährlich grössere Summen in die TALK AG. Würde man nur schon die Hälfte davon in die Ramslauenenbahn investieren, bliebe für die Gemeinde nur wenig übrig.


Daniela Luginbühl

Antwort 1 – Profil/Stärken:
a)
Ich bin in der Gemeinde Reichenbach geboren und habe den grössten Teil meines bisherigen Lebens hier verbracht. Ich bin «eine von hier» und weiss, wie die Leute denken und wo der Schuh drückt.
b) Damit meine bisherige geleistete Arbeit nicht vergebens war.
c) Ich möchte weiterhin mithelfen, damit unsere schöne Gemeinde Reichenbach eine Gemeinde ist und bleibt, in der man gerne wohnt und arbeitet.

Antwort 2 – Wunschressort:
Ich möchte mein Ressort gerne beibehalten, um meine / unsere noch offenen Projekte und Ideen weiterzuführen.

Antwort 3 – Gemeindefinanzen:
a)
Für eine gute Ausbildung unserer nächsten Generation, zur Steigerung der Tourismusattraktivität und ein Beibehalten unserer gesunden Landwirtschaft.
b) Die Investitionsobergrenze von zwei Millionen Franken finde ich angemessen. Durchgehend arbeiten wir an Lösungswegen, um die Stabilität unserer Finanzen zu verbessern.
c) Das Volk der Gemeinde Reichenbach hat über die Finanzierung der Ramslauenenbahn entschieden. Über mehrere Jahre hinweg wurde die Ramslauenenbahn finanziell von der Gemeinde Reichenbach unterstützt. Ich bin zuversichtlich, dass sie nun einen eigenen Weg zur Finanzierung findet, ohne das Gemeindebudget zu belasten.


Alfred Schmid

Antwort 1 – Profil/Stärken:
a)
Meine Erfahrung in der Bäuert- und Gemeindepolitik.
b) Beim Gemeinschaftsgrab habe ich zusammen mit der Arbeitsgruppe den Auftrag der Stimmbürger, die Kosten zu senken, umgesetzt.
c) Ich arbeite gerne am aktuellen Geschehen und an den zukünftigen Herausforderungen der Gemeinde mit.

Antwort 2 – Wunschressort:
In der Gemeinde Reichenbach findet gleichzeitig eine Abstimmung über die Strukturreform statt, an der ich mitgearbeitet habe. Ich befürworte diese Reform, welche vorwiegend eine Vereinfachung in den Abläufen bringen wird. Mein bisheriges Ressort wird zusammengelegt. Ich bin offen für Neues, die Zuteilung der Ressorts wird nach dem Anciennitätsprinzip erfolgen. Da ich nicht an erster Stelle sein werde, möchte ich hier nicht vorgreifen.

Antwort 3 – Gemeindefinanzen:
a)
Ein Grossteil der Investition wir durch den Unterhalt von bestehenden Anlagen vorgegeben. Beim Strassenunterhalt dürfte man zurückhaltender sein. Hingegen könnte man den Tourismus mit Erlebniswegen, «Brätlistellen» und WCs (ToiToi) attraktiver machen.
Ich würde Geld in die Infrastruktur investieren, welche Homeoffice und dezentrale Arbeitsplätze für Büroarbeiten ermöglicht. Nicht nur wegen Covid, sondern, um den Pendlerverkehr zu reduzieren.
b) Die Investitionsobergrenze ist richtig und muss aus meiner Sicht nicht zwingend ausgeschöpft werden. In den nächsten Jahren werden von der Schwellenkorperation auch noch einige Millionen Franken investiert. Aus meiner Sicht müsste man dies in die Gesamtbetrachtung mit einbeziehen.
c) Dem Entscheid des Stimmbürgers ist nichts entgegenzusetzen, er ist so zu akzeptieren. Dass der Gemeinderat ein Nein empfohlen hat, ist für mich nachvollziehbar, wobei ich als Kassier der Sportbahnen Kiental AG im Ausstand war. Ich bedaure, dass wir von den Sportbahnen Kiental AG und von der Gemeinde coronabedingt keine Infoveranstaltung durchführen konnten. Ich persönlich hätte gerne mit dem Stimmbürger die Möglichkeit der Nachlassstundung besprochen. Der Verwaltungsrat hatte diese sorgfältig geprüft, sah aber leider keine andere Lösung, als die Bilanz zu deponieren.


Jürg Lüdi

Antwort 1 – Profil/Stärken:
a)
Die Aufgaben als Gemeinderat und die Möglichkeit, die Geschicke der Gemeinde Reichenbach mitzubestimmen, machen mir Freude und ich will mich den damit verbundenen Herausforderungen für weitere vier Jahre stellen.
b) Der Einsatz für und der Kontakt mit der Bevölkerung gehören zu meiner Tätigkeit und bilden die Basis für einen messbaren Erfolg und eine sanfte, zielorientierte sowie nachhaltige Weiterentwicklung der Gemeinde.
c) Erfolg ohne Ziele gibt es nicht. Es ist deshalb wichtig, den sozialen Anliegen, der Familienpolitik und der sicheren Existenz im Alter, aber auch den wirtschaftlichen Perspektiven im Rahmen der strategischen Zielsetzung den entsprechenden Stellenwert zu geben. Dafür stehe ich.

Antwort 2 – Wunschressort:
Die Notwendigkeit bzw. die Möglichkeit eines Wechsels stellt sich für mich erst nach der Urnenabstimmung und der Frage nach der Strukturreform bzw. der Totalrevision des Organisationsreglements. Falls ich mein Ressort behalte, möchte ich den eingeschlagenen Weg zur einer «guten und geführten Schule» weiterverfolgen, die bestehende Vision für die Volksschule Reichenbach umsetzen und die neue Schulleitung in ihren Aufgaben begleiten und unterstützen.

Antwort 3 – Gemeindefinanzen:
a)
Für eine nachhaltige Entwicklung bei der Bildung, in sozialen Bereichen, dem Umweltschutz und der Nutzung erneuerbarer Energien. Entscheidend ist, dass der Einsatz der Mittel miteinander und nicht gegeneinander erfolgt.
b) Aufgrund des engen finanziellen Spielraums und der bereits gebundenen Ausgaben der Gemeinde ist die Plafonierung der Investitionen zurzeit das richtige Mittel dafür.
c) Es ist wichtig, dass bei solchen Entscheiden die Bürgerinnen und Bürger das letzte Wort haben. Der Gemeinderat hat einen Antrag gestellt und der Souverän hat entschieden. So soll es auch weiterhin sein.


Toni Imsand

Antwort 1 – Profil/Stärken:
a)
Meine langjährige Erfahrung als Gemeinderat und Ressortleiter Finanzen und Steuern.
b) Mein beruflicher Hintergrund als ehemaliger Bankfachmann. Das Ressort Finanzen ist sehr zahlenlastig. Wer keine Übung in dieser Materie hat, wird sich dort nicht wohlfühlen. Ich fühle mich wohl.
c) Die Anliegen, Sorgen und Nöte der Bevölkerung kenne ich gut. Ich bin gerne bereit, zusammen mit dem Gemeinderat Verantwortung zu übernehmen.

Antwort 2 – Wunschressort:
Ich möchte mein Ressort Finanzen und Steuern gerne beibehalten, damit ich den Gemeinderat weiterhin in finanziellen Belangen beraten kann. Ich werde mich dafür einsetzen, dass unsere Gemeinde inskünftig auch in finanzieller Hinsicht attraktiv bleibt, dass wir gezielt investieren und die Investitionen weitgehend durch eigene Mittel bereitstellen können. Ich werde mich auch einsetzen, dass die heutige Generation ihre finanziellen Vorhaben nicht zu Lasten der kommenden Generationen finanziert.

Antwort 3 – Gemeindefinanzen:
a)
Rund 80 bis 90 Prozent der Ausgaben sind gebundene Ausgaben. Es sind Ausgaben, die aufgrund von Gesetzen, Erlassen und früheren Beschlüssen an Gemeindeversammlungen vom Gemeinderat nicht abgeändert werden können. Unser Handlungsspielraum ist begrenzt.
Bei den Investitionen kann der Gemeinderat eher entscheiden, was ihm wichtig und nötig erscheint. Aber auch hier sind uns finanzielle Grenzen gesetzt. Ich werde mich dafür einbringen, dass wir auch in Zukunft vernünftige Investitionen in unsere Infrastruktur vornehmen werden.
b) Die vom Gemeinderat seinerzeit beschlossene Obergrenze der Nettoinvestitionen auf zwei Millionen Franken finde ich nach wie vor richtig und vertretbar. Sie zwingt den Gemeinderat und die einzelnen Kommissionen zum sparsamen Umgang mit den Steuergeldern.
Bei einem Selbstfinanzierungsgrad von derzeit 46 Prozent müssen wir aber gut abwägen, was wir vornehmen wollen oder nicht. Diese wichtige Kennzahl können wir nur verbessern, wenn wir bereit sind:
• Die Steuern zu erhöhen
• Weniger zu investieren und die übrigen Ausgaben zu hinterfragen.
Diese beiden Massnahmen finde ich in dieser unsicheren Corona-Zeit nicht empfehlenswert, da sich die öffentliche Hand jetzt gezielt antizyklisch verhalten sollte.
c) Es ist eigentlich schade, gibt es die Bahn vorläufig nicht mehr. Die Urnenabstimmung vom 7. Juni 2020 hat aber eindeutig gezeigt, dass der Bürger die Gesellschaft unter den gegebenen negativen Vorzeichen nicht mehr unterstützen will. Die Bürger liessen sich bestimmt nicht durch die ablehnende Empfehlung des Gemeinderates beeinflussen. Wegen der prekären finanziellen Lage der Bahn durften wir dem Stimmbürger auch nicht einen positiven Antrag empfehlen. Wir konnten es nicht mehr verantworten, jährlich wiederkehrend sehr viel Steuergeld in diese Unternehmung zu investieren. Der Gemeinderat hat sich diesen Entscheid nicht leicht gemacht. Vom Gemeinderat wird eine ehrliche und offene Politik erwartet, wofür ich mich auch weiterhin einsetzen möchte.


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