Lesen, basteln, handarbeiten
10.11.2020 GesellschaftFREIZEIT Was machen die Leute an den langen Abenden, wenn Gaststätten um 23 Uhr schliessen und der Vereinsanlass gestrichen ist? Der «Frutigländer» hat in Bibliotheken, Papeterien und Handarbeitsgeschäften nach Antworten gesucht.
KATHARINA WITTWER
Obschon nach dem ...
FREIZEIT Was machen die Leute an den langen Abenden, wenn Gaststätten um 23 Uhr schliessen und der Vereinsanlass gestrichen ist? Der «Frutigländer» hat in Bibliotheken, Papeterien und Handarbeitsgeschäften nach Antworten gesucht.
KATHARINA WITTWER
Obschon nach dem Lockdown der Sommer vor der Türe stand, verzeichneten alle angefragten Bibliotheken im Frutigland umgehend nach der Wiedereröffnung eine höhere Frequenz. Vom Bestellangebot – entweder mit Hauslieferdienst oder zum Abholen – wurde unterschiedlich Gebrauch gemacht. «Unsere KundInnen waren sehr dankbar für diesen Service», blickt Elsi Rösti, Bibliotheksleiterin in Kandersteg, zurück. Das Desinfizieren sämtlicher Medien, das Entgegennehmen von Bestellungen sowie das Bereitstellen und Herausgeben dieser am «Medienfenster» bedeutete auch fürs Frutiger Team einen beachtlichen Mehraufwand. Astrid Aellig von der Adelbodner Bibliothek informiert, dass die LeserInnen ihre Retouren nach wie vor selber in eine Rückgabekiste legen. «Erst nach drei Tagen Medienquarantäne entnehmen wir sie und stellen sie wieder in die Regale.»
Bevor die Bibliotheken am 11. Juni wieder öffnen durften, war Muskelkraft angesagt. Da wurde gemessen, Regale wurden verschoben, um Platz zu gewinnen und, wo nötig, ein Einbahnregime eingeführt, welches bis auf Zusehen hin beibehalten wird.
Die auf den 24. Oktober vom Regierungsrat in Kraft gesetzten Bestimmungen lösten Unsicherheit aus, weil unter anderem die Schliessung der Lesesäle in Bibliotheken verordnet wurde. Bis zur Medienkonferenz des Bundesrates vier Tage später stieg das Kundenaufkommen merklich. «Solange ihr noch offen habt, muss ich meinen Lesevorrat unbedingt aufstocken», war eine viel gehörte Aussage. Die Leseratten sind erleichtert, dass es (noch) nicht so weit ist.
Neues Hobby: Masken nähen
«Im Sommer verkauften wir viele Bücher», sagt Heidi Schwarz von «Buch und Tuch» in Adelboden. Auch gingen mehr Wolle und Stricknadeln über den Ladentisch – vor allem für Zweitwohnungsinhaberinnen und Schweizer Gäste. «Weil Ferien im Ausland schlecht möglich waren, blieb das Herbstloch aus», so die Mitinhaberin weiter. Die Nachfrage nach Strickheften, Stoff und Nähzubehör war grösser als in Vorjahren. Zum Nähen von Stoffmasken wurde vermehrt Elastik und Vlies verlangt. Gleiches ist auch von Therese Feuz vom Frutiger «Fingerhuet» zu vernehmen. «Zeitweilig waren der weisse und schwarze Nähfaden ausverkauft und im Lieferverzug.»
Weihnachtszeit erhält mehr Gewicht
Normalerweise stellt Andrea Mägert in ihrer Papeterie in Reichenbach die Advents- und Weihnachtsbastelartikel im November in den Laden. Dieses Jahr wurde sie schon nach den Herbstferien danach gefragt. Während des Lockdowns waren Spielsachen und Gesellschaftsspiele – vor allem Kartenspiele – gewünscht. Im «Treffpunkt» Frutigen dagegen fiel der vermehrte Verkauf von Puzzles auf. Aktuell ist dort, nebst Büchern, die Nachfrage nach Kleinigkeiten zum Füllen der Adventskalender gross. «Ich habe das Gefühl, die Leute wollen dieses Jahr Advent und Weihnachten ausgiebiger zelebrieren als in vergangenen Jahren. Viele Bräuche sind gestrichen, also will man sich in den eigenen vier Wänden Gutes tun», mutmasst Andrea Mägert. Dekoration, Kerzenlicht und Guetzliduft sind gut für die Seele und verleihen in der unsicheren Zeit ein bisschen Stabilität und heile Welt.