Banking-App und «Dorflädeli»
29.01.2021 WirtschaftWährend UBS und Credit Suisse immer mehr Standorte abbauen, halten die Banken im Tal an ihren Filialen fest. Gleichzeitig müssen sie mit der Digitalisierung Schritt halten. Doch die entsprechende Infrastruktur ist teuer – und oft nur gemeinsam zu finanzieren.
MARK ...
Während UBS und Credit Suisse immer mehr Standorte abbauen, halten die Banken im Tal an ihren Filialen fest. Gleichzeitig müssen sie mit der Digitalisierung Schritt halten. Doch die entsprechende Infrastruktur ist teuer – und oft nur gemeinsam zu finanzieren.
MARK POLLMEIER
Kaum hatte das Jahr begonnen, da liess eine Nachricht aus dem Bankensektor aufhorchen: Die UBS werde knapp ein Fünftel ihrer Schweizer Filialen schliessen, 44 der 239 Standorte sollen verschwinden, und zwar noch im ersten Quartal 2021. Dabei hatte die grösste Schweizer Bank erst im letzten Jahr fast 30 Filialen dichtgemacht.
Es lag nahe, die Sparmassnahme auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. Allein am Geld kann es nicht liegen: Für das vergangene Jahr hat die UBS gerade einen Gewinn von 6,6 Milliarden Dollar ausgewiesen, ein Plus von 54 Prozent. Die Gründe für den Filialabbau sind demnach andere, und UBS-Schweiz Chef Axel Lehmann macht auch gar keinen Hehl daraus. «Es ist wie bei einem Dorflädeli», erklärte er im Interview mit der NZZ. Wenn dort zu wenig Leute einkaufen oder ihre Waren online bestellen würden, müsse man den Laden eben zumachen.
Die Schaltertransaktionen der UBS seien im letzten Jahr um rund zehn Prozent zurückgegangen, führte Lehmann aus. Dabei mag die Pandemie durchaus eine Rolle gespielt haben. Doch der Onlinetrend besteht schon länger; vor allem die Jüngeren erledigen einfache Bankgeschäfte überwiegend mit dem Smartphone. Da passt es ins Bild, dass auch die zweite Schweizer Grossbank, die Credit Suisse, bereits im letzten Sommer einen Abbau angekündigt hatte. Lediglich 109 der 146 Standorte sollen erhalten bleiben, hiess es damals. Wie bei der UBS trifft es zuerst die kleinen Filialen – eben die «Dorflädeli»
Neue flexible Schalterhallen
Während die Grossen die persönliche Betreuung zurückfahren, lässt sich bei den Regionalbanken eine gegenläufige Entwicklung feststellen. Die Spar- und Leihkasse Frutigen hat vor drei Jahren ihren neuen Hauptsitz eingeweiht, der Neubau der Agentur in Reichenbach steht kurz bevor. Auch der Mitbewerber Raiffeisen investiert in seine Gebäude. Am Hauptsitz in Frutigen ist ein grösserer Umbau geplant, Näheres dazu soll in Kürze bekannt gegeben werden. Ticken die Uhren auf dem Land also anders?
Ja und nein. Das Geschäftsmodell der Regionalbanken lebt vom persönlichen Kontakt. Selbst in kleinen Orten präsent zu sein, ist deshalb kein Luxus, sondern notwendige Nähe zum Kunden.
Auch wenn sie weiterhin auf klassische Filialen setzen, müssen die Banken jedoch mit der Zeit gehen. Die Bauprojekte der letzten Jahre zeigen: Statt der früheren «Schalterhallen» setzt man heute auf offene Begegnungszonen, die je nach Bedarf flexibel angepasst werden können: mal Warteraum, mal Beratungsinsel.
Ein kostenintensiver Spagat
Um die Digitalisierung kommen freilich auch die Regionalbanken nicht herum. Und dabei sind sie gleich doppelt gefordert. Sie müssen intern, im Backoffice-Bereich, über eine moderne IT-Infrastruktur verfügen. Und sie müssen nach aussen alle Instrumente bieten, die Bankkunden heute erwarten: Eine E-Banking-Plattform, eine entsprechende Smartphone-App und digitale Kommunikationskanäle. Gerade die Corona-Krise hat gezeigt, wie wichtig solche Möglichkeiten inzwischen sind.
Doch so notwendig er ist: Der hoch komplexe IT-Bereich kostet eben auch einiges. Um sich die digitale Infrastruktur leisten zu können, müssen die Regionalbanken zusammenspannen. Als die Sparund Leihkasse Frutigen vor einigen Jahren auf eine neu Softwarelösung umstieg, tat sie das mit einer Reihe weiterer Banken. Inzwischen gehören der Gruppe 26 kleinere Geldinstitute an.
Vor-Ort-Präsenz auf der einen, digitale Angebote auf der anderen Seite – in diesem kostenintensiven Spagat werden sich die Regionalbanken auch in den kommenden Jahren wiederfinden. Wird sich langfristig sogar alles «ins Netz» verlagern? Schon jetzt gibt es einige Finanzdienstleister, die gar keine Kundengebäude mehr unterhalten. SLF-Direktor Daniel Schneiter kennt die digitale Konkurrenz – aber auch die Stärken des persönlichen Kontakts. «Wenn Sie Ihre erste Wohnung kaufen, sind Sie froh über kompetente Beratung.»