Nachhaltigkeit wird zum touristischen Programm
23.02.2021 TourismusVor einem guten Jahr noch ging es darum, Gäste in aller Welt von der Schweiz zu begeistern. Seit Corona liegt der Fokus auf Einheimischen. Damit diese zu Stammgästen werden, wirbt die Branche nun mit Naturverbundenheit und Ökologie.
KURT METZ
Die aktuelle ...
Vor einem guten Jahr noch ging es darum, Gäste in aller Welt von der Schweiz zu begeistern. Seit Corona liegt der Fokus auf Einheimischen. Damit diese zu Stammgästen werden, wirbt die Branche nun mit Naturverbundenheit und Ökologie.
KURT METZ
Die aktuelle Wintersaison ist einerseits geprägt von herrlichen Wetter- und Schneeverhältnissen, andererseits aber auch von teils drastischen Einschränkungen. Übernachtungs- und Umsatzzahlen liegen für das ganze Jahr 2020 im roten Bereich – mit Ausnahme der Campingplätze, die um rund zehn Prozent zulegten. Die Bergregionen sind mit einem Minus von 23 Prozent bei den Hotelübernachtungen noch recht gut weggekommen – dies vor allem, weil in den Kantonen Graubünden, Tessin, Bern und Wallis die Zahl der einheimischen Gäste und die Dauer der Aufenthalte gestiegen sind: «Die Schweizer haben die Schweiz entdeckt», freut sich Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus. Er hofft, dass die erfreulichen Erlebnisse im eigenen Land zu einem neuen Verhalten führen und dass «in Zukunft nicht mehr so oft so weit weg gereist wird.» Die Kampagne «sauber und sicher», das Gesundheitskonzept der Branche, habe wesentlich zu bedenkenlosem Reisen im eigenen Land beigetragen.
Viele Schweizer hätten die Schweiz von der positiven Seite erlebt und es sei nun die Aufgabe der Touristiker, ihnen das Angebot abseits bekannter, ausgetrampelter Pfade schmackhaft zu machen. Dazu steht Schweiz Tourismus im Jahr 2021 ein Budget von 28 Millionen Franken zur Verfügung. «Uns geht es weniger ums Werben denn ums Informieren,» hält Nydegger fest. «wir wollen weniger bekannte Orte in den Fokus rücken, den Herbst bekannter machen und erschwingliche Angebote fördern.»
Vom «Hidden Champion» zum Leader
Dazu gehört das verstärkte Marketing des Trends zur Nachhaltigkeit. Diese setze sich aus Authentizität, Einklang mit der Natur und dem Konsum lokaler Produkte zusammen, also dem Gleichgewicht zwischen Einheimischen, Gästen und der Umwelt. Bis anhin sei das Thema eher im Hintergrund gepflegt worden, nun gelte es vom «Hidden Champion zum Nachhaltigkeits-Leader» zu werden. Dazu haben sich alle bedeutenden Tourismusakteure zusammengefunden und sich verbindlich verpflichtet, die Initiative mit dem Begriff «Swisstainable», dem Zusammenzug zwischen Swiss und sustainable (=nachhaltig), umzusetzen. Die Schweiz verfüge bereits über unzählige nachhaltige Tourismusangebote und rangiere in internationalen Nachhaltigkeitsrankings immer auf den vordersten Rängen. Im Zentrum steht ein Signet als visuelle Orientierungshilfe für die Gäste. Bergbahnen, Unterkünfte, Attraktionen usw. können ab Mai 2021 am dreistufigen Programm teilnehmen. Die Lancierung des Nachhaltigkeitsprogrammes erfolgte – unterstützt und begleitet vom Seco – durch die gesamte Branche unter dem Dach des Schweizer Tourismusverbands. Nydegger schloss die virtuelle Medienkonferenz am Freitagmittag mit einem dringlichen Aufruf an die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung: «Wir Touristiker wollen arbeiten, Gastgeber sein und mit Gästen unser Geld verdienen!»
Drei Fragen an TALK-Direktor Urs Pfenninger
War Tourismus Adelboden Lenk Kandersteg (TALK) bei der Erarbeitung von «Swisstainable» involviert und wenn ja, wie?
Es ging eine persönliche Anfrage an mich. In der Folge arbeitete ich an Telefonkonferenzen mit, brachte schriftlich Inputs ein und las schliesslich Passagen gegen.
Was halten Sie persönlich vom Konzept?
Es ist gut und wichtig. Nachhaltigkeit ist ein Megatrend und zentral für den alpinen Tourismus in Zeiten der Klimaerwärmung. Nachhaltigkeit ist aus vier Gründen wichtig: ökonomisch, ökologisch, sozial und kulturell. Das Wirken unserer Destinationsorganisation geht in diese Richtung.
Wie wird es die Arbeit von TALK im kommenden Sommer und den nächsten Jahren beeinflussen?
Wir werden Nachhaltigkeitsaspekte in der Destination verstärkt hervorheben. Hier einige Beispiele: CO2-Reduktion durch Fernwärmenetz, Solaranlagen auf Bahninfrastrukturen sowie das Kleinwasserkraftwerk in Adelboden. Auch der verbesserte Gepäckservice von Tür zu Tür, ÖV eingeschlossen in der Gästekarte und das Anstreben mehrerer und besserer Direktanbindungen im Fernverkehr an und in die Destination gehören dazu.
INTERVIEW KURT METZ