Ohne Handy läuft nichts
02.02.2021 GesellschaftTäglich fünf Stunden verbringen Schweizer Jugendliche am Wochenende mit ihren Smartphones – das sind fast zwei Stunden mehr als noch 2018. Laut der nationalen Studie «JAMES» hängt das veränderte Medienverhalten unter anderem mit der Corona-Pandemie zusammen.
ANNA ...
Täglich fünf Stunden verbringen Schweizer Jugendliche am Wochenende mit ihren Smartphones – das sind fast zwei Stunden mehr als noch 2018. Laut der nationalen Studie «JAMES» hängt das veränderte Medienverhalten unter anderem mit der Corona-Pandemie zusammen.
ANNA BRÜGGER
Der Handykonsum der jüngeren Generation hat zugenommen – an Samstagen und Sonntagen deutlich stärker als unter der Woche. Ob dieser Anstieg für eine digitale Abhängigkeit spricht? Nicht ganz ausgeschlossen. Denn ein Grund für die Veränderung ist, dass sich die Internetnutzung der Jungen zunehmend aufs Mobiltelefon verlagert. Warum sollte man per Computer shoppen und TV-Sendungen im Fernsehen anschauen, wenn man doch ein Handy hat, das all diese Dinge ebenfalls kann?
Allerdings gilt es noch einen anderen Aspekt zu beachten: Das Medienverhalten wird stets auch von markanten Grossereignissen beeinflusst, so auch von der Corona-Pandemie. Um während des Lockdowns mit Gleichaltrigen in Kontakt zu bleiben, nutzten die Jugendlichen vor allem ihre Smartphones. Und dies wirkte sich auf die Bildschirmzeit aus.
Unterhaltung statt belastender Realität
Gefragter denn je sind Streamingdienste, also Plattformen, die gegen Bezahlung ein breites Unterhaltungsangebot in Form von Musik, Filmen oder Games anbieten. Während 2018 gerade einmal ein Drittel der 12- bis 19-Jährigen ihr eigenes Streamingabo besassen, sind es heute bereits drei Viertel.
Dieser markante Anstieg lässt sich erklären. Auch hier spiegeln sich mit grosser Wahrscheinlichkeit die Folgen der Pandemie wider – die Auswirkungen des ersten Lockdowns, um genau zu sein. Für viele junge Menschen war die Nutzung von Streamingdiensten eine naheliegende Methode, um sich während der Krise abzulenken. Plattformen wie beispielsweise Netflix (Video) oder Spotify (Musik) boten den Jugendlichen die Möglichkeit, zumindest für ein paar Serienepisoden oder Songs aus der belastenden Realität zu flüchten.
Nur zwei Drittel schützten ihre Daten
Facebook war vorgestern. Während die Plattform 2014 noch als das beliebteste soziale Netzwerk in jüngeren Kreisen galt, werden Fotos und Videos heute zunehmend via Instagram geteilt. Mit dieser Verlagerung auf ein neueres Netzwerk ändert sich zugleich der Umgang mit persönlichen Daten: Nur zwei Drittel der Schweizer Jugendlichen nutzen technische Einstellungen, um ihre Privatsphäre in sozialen Netzwerken besser zu schützen – im Vergleich zu den Vorjahren ist das eine deutliche Abnahme. Entwicklungspsychologisch erstaunt dies nicht, denn Plattformen wie Instagram sind Orte der Selbstdarstellung. Hier geht es darum, möglichst viele positive Bewertungen (sogenannte Likes) für hochgeladene Bilder zu erhalten – insbesondere für die Jüngeren ist das eine wichtige Art von Bestätigung. Warum sich also durch Datenschutzeinstellungen «weniger sichtbar» machen, wenn doch Likes gerade wichtiger sind als Privatsphäre?
In dieser Hinsicht muss ein Grossteil der Jugendlichen wieder deutlich kompetenter werden – das zeigt auch die steigende Zahl sexueller Belästigungen im Netz. Den Nachwuchs und seine Faszination fürs Digitale zu verteufeln, wird dabei aber kaum helfen – zumal die digitale Welt bei Weitem nicht nur die Jungen im Griff hat. Vielmehr gilt es, zu sensibilisieren. Und zwar auf Seiten der Erwachsenen ebenso wie bei den jungen Menschen selbst.
JAMES – «Jugend, Aktivitäten, Medien– Erhebung Schweiz»
Bereits zum sechsten Mal führte die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) eine repräsentative Untersuchung zum Medien- und Freizeitverhalten Jugendlicher durch: die JAMES-Studie. Die Angaben von über 1000 Befragten aus der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz geben Aufschluss über den Medienumgang der jüngeren Generation.
Die neuste Ausgabe (erschienen im Dezember 2020) ist insofern besonders, als die Daten während des coronabedingten Lockdowns erhoben wurden. Statt direkt im Schulzimmer fand die Befragung der 12bis 19-Jährigen diesmal online statt. Dass die Repräsentativität der Studie deswegen leicht eingeschränkt sein kann, gilt es bei der Interpretation der Ergebnisse zu beachten.
AB