Plötzlich lag ein Felsblock im Garten
12.02.2021 Reichenbach, Kiental, NaturSteinschlag am letzten Samstag oberhalb von Reudlen: Zwei grosse Felsblöcke rollen über das Wiesland und werden erst zwischen den Wohnhäusern im Rüteli gebremst. Welche Folgen hat der Abbruch?
Steinschlag am letzten Samstag oberhalb von Reudlen: Zwei grosse Felsblöcke rollen über das Wiesland und werden erst zwischen den Wohnhäusern im Rüteli gebremst. Welche Folgen hat der Abbruch? GALERIE HANS RUDOLF SCHNEIDER Keine akute Bedrohung, aber … Diese Beurteilung stammt aus dem Kurzbericht des Geologen Jörg Häberle von der Abteilung Naturgefahren. Der letzte Regen vor dem Abbruch lag fünf Tage zurück, der Boden war aber weich, diagnostizierte er. Der Schutzwald konnte viel des herabstürzenden Materials stoppen, so wie es sein sollte und bisher immer wieder der Fall war. Die beiden grossen Blöcke hingegen schlugen eine Schneise in den Wald und waren von den Bäumen nicht zu bremsen. Die rote Zone droht
Es war einiges an Glück, das die Bewohner der vier Häuser im Rüteli letzten Samstag beanspruchten. Im Gebiet «Ob den Leiteren» hatten sich gegen 11.30 Uhr etwa 150 Kubikmeter Niesenflysch aus einer Felswand gelöst. Zwei grössere Blöcke rollten bis hinunter zwischen die Gebäude. Gegen fünf Kubikmeter gross waren die Abbruchstücke. Dass es so weit kommt, ist nicht besonders überraschend, bestätigt der Naturgefahrenberater der Gemeinde Reichenbach, Peter Bettschen. «Dort oben ist ein ‹Ghüderhaufen›, sprich viel lockeres Material, der Fels ist brüchig und voller Klüfte. Solange man sich erinnert, gab es aber keine so grossen Abbrüche.»
Kurz nach dem Mittag waren Bettschen und der Bergführer Kilian Aellig bereits in der Felswand. Man beschloss in Absprache mit dem Geologen des Kantons, dass die Häuser evakuiert werden. Die gut zehn Bewohner kamen bei Bekannten unter und konnten am Sonntag nach einer erneuten Beurteilung wieder einziehen. Die Besichtigung ergab, dass es im Umfeld der Abbruchstelle zahlreiche mehr oder weniger vom Fels getrennte Pfeiler hat, die durch die fortschreitende Verwitterung irgendwann abstürzen werden. Der Zeitpunkt sei aber kaum zu prognostizieren. Akut abbruchgefährdete Blöcke in Dimensionen, die erneut bis in den Siedlungsraum vordringen könnten, seien jedoch keine ausgemacht worden.
Als Sofortmassnahme werden nun Bäume gefällt und quer in die entstandene Schneise durch den Schutzwald gelegt. So soll ein gewisser Schutz bei erneuten Abbrüchen entstehen, den die zerschmetterten Bäume nicht mehr gewährleisten. Und dann wird wohl die Gefahrenkarte angepasst werden müssen, sagt der Naturgefahrenberater Bettschen. «Bisher sind die Rüteli-Häuser in der gelben Steinschlaggefahrenzone. Dieses Ereignis zeigt nun aber, dass das Risiko höher ist als angenommen, vor allem sind grössere Felsblöcke zu erwarten.» Wenn das Gebiet in die rote Zone kommt, wird die Gemeinde voraussichtlich Schutzmassnahmen ergreifen müssen, sprich kleine Wohnsiedlung durch bauliche Massnahmen sichern.