Corona für Fussgänger
Wie schnell es doch manchmal geht: Es war Anfang Dezember, als der Bundesrat «für belebte Fussgängerbereiche von Wintersportorten» eine Maskenpflicht verordnete. Da konnte und wollte natürlich auch Adelboden nicht zurückstehen. Bloss war da ...
Corona für Fussgänger
Wie schnell es doch manchmal geht: Es war Anfang Dezember, als der Bundesrat «für belebte Fussgängerbereiche von Wintersportorten» eine Maskenpflicht verordnete. Da konnte und wollte natürlich auch Adelboden nicht zurückstehen. Bloss war da ein Problem: Adelboden ist zwar belebt, aber so etwas wie einen «Fussgängerbereich» hat es nicht! Um die Maskenpflicht trotzdem einführen zu können (und sich diesbezügliche Beschwerden wegen fehlender Rechtsgrundlagen vom Leib zu halten), hat der Gemeinderat kurzerhand den ganzen Dorfkern zur «Fussgängerzone» erklärt, so verlautbart zusammen mit der Maskenvorschrift im amtlichen Anzeiger vom 22. Dezember. Seither gilt auf der Dorfstrasse Tempo 20, und die Fussgänger haben den Vortritt – so wie man es anderswo unter dem Begriff «Begegnungszone» kennt. Auf wundersame Weise hat Covid-19 blitzartig möglich gemacht, was bei früheren Anläufen am Widerstand von Teilen der Bevölkerung scheiterte. Nun ist mit einer Fussgängerzonen-Verfügung halt leider noch keine wahre Fussgängerzone geschaffen. Es rollen nach wie vor gleich viele Fahrzeuge durch das Dorf. Und solange es Autos gibt, wird Durchgangsverkehr hier nicht auszumerzen sein. Denn Adelbodens topogra fisches Unglück Nummer eins ist seine Hanglage: Deren frühe, dichte Bebauung steht einer vollwertigen und permanenten Umfahrungsstrasse im Weg. Das Dorfzentrum ist als dauerhaft verkehrsfreie Flanierzone nicht zu haben. Adelbodens zweites topografisches Unglück ist die steil ansteigende Landstrasse vor dem Dorfeingang: Bei Winterwetter gehts dort nicht ohne Schwarzräumung. Das von Autoreifen mitgeschleppte Salz verwandelt jeglichen Dorfstrassen-Schnee umgehend in bräunlichen Matsch – auch nicht gerade das Bild einer einnehmenden Shopping-Meile. Adelboden hats nicht leicht.
So hat denn auch die «Fussgängerzonen»- Anordnung seit dem 22. Dezember nur wenig spürbare Veränderungen erbracht: Schon vorher waren die meisten Autos im Ortskern bei dichtem Fussgängergewimmel behutsam unterwegs. Wenn sich hingegen abends die Dorfstrasse pandemisch verlassen zeigt, hält sich eh kaum jemand an die vorgeschriebenen 20 km / h.
Alles für die Katz also? Nein: Ein Verkehrsregime mit tiefem Tempolimit und gleichberechtigten Fussgängern ist im Grundsatz genau das, was Adelbodens Dorfzentrum guttut. Weil es die Gemeinde in der jetzigen Form nur als Provisorium einführen durfte, wird es Ende Februar wohl auslaufen. Aber der Versuch ist nicht misslungen. Längerfristig hätte man gerne mehr davon – wenn auch dannzumal hoffentlich ohne angekoppelte Gesichtsverhüllungspflicht.
TONI KOLLER
TONI_KOLLER@BLUEWIN.CH