Vigier sieht sich grösstenteils entlastet
19.02.2021 Interview, Kandergrund, Blausee, MitholzGestern informierte die Vigier AG über interne Untersuchungen zu vermeintlichen Umweltvergehen im Steinbruch Mitholz (siehe Artikel auf Seite 1). Bruno Kiefer, Mitglied der Vigier-Geschäftsleitung, beantwortete Fragen zum Zwischenbericht.
Bruno Kiefer, mit einem Zwischenbericht ...
Gestern informierte die Vigier AG über interne Untersuchungen zu vermeintlichen Umweltvergehen im Steinbruch Mitholz (siehe Artikel auf Seite 1). Bruno Kiefer, Mitglied der Vigier-Geschäftsleitung, beantwortete Fragen zum Zwischenbericht.
Bruno Kiefer, mit einem Zwischenbericht wendet sich Vigier zum ersten Mal ausführlicher an die Öffentlichkeit – während die Blausee AG und die Medien seit Monaten ständig neue Nachrichten produzieren. Was erhoffen Sie sich von Ihrer Stellungnahme?
Bruno Kiefer: Vigier steht für Nachhaltigkeit, und die wenden wir auch auf unsere Kommunikation an. Nach den Vorwürfen im letzten Herbst haben wir angekündigt, dass wir eine interne Untersuchung einleiten werden. Die Ergebnisse wollten wir faktenbasiert veröffentlichen. Das haben wir nun getan, mit dem Zwischenbericht stellen wir unsere Sicht der Dinge dar.
Die interne Untersuchung, die Sie ansprechen, lief unabhängig von den Ermittlungen der Justiz und den Nachforschungen des Parlaments?
Unsere Untersuchung ist davon unabhängig, ja. Aber wir sind natürlich in die übrigen Prozesse eingebunden und auch beteiligt an dem runden Tisch, der ins Leben gerufen wurde. Wir wollen zur Aufklärung beitragen.
In Ihrem Zwischenbericht wird auch das Berner Transportunternehmen TGC genannt, das den Steinbruch Mitholz über mehrere Jahre beliefert hat. Laut Ihren internen Auswertungen war bereits 2017 durch eigene Kontrollen aufgefallen, dass das angelieferte Material nicht in Ordnung ist. Wann haben Sie die Zusammenarbeit mit der Firma TGC beendet?
Die Firma TGC hat die SHB Steinbruch & Hartschotterwerk AG mit krimineller Energie getäuscht, indem sie Material als unverschmutzt angeliefert hat, das in Wahrheit verschmutzt war. Ein von Mitarbeitern des Steinbruchs Ende 2017 veranlasster Test hat das ans Licht gebracht. Danach wurde laut unseren Erkenntnissen noch eine TGC-Lieferung in Mitholz angenommen. Seitdem gibt es zwischen dem Steinbruch Mitholz und der Firma TGC keinerlei Geschäftsbeziehungen mehr.
Bereits 2017 war also aufgefallen, dass die Firma TGC trickste. Das ist, wie Sie selber sagen, ein kriminelles Vorgehen. Trotzdem wurden die Behörden offenbar nicht in Kenntnis gesetzt, etwa das kantonale Amt für Wasser und Abfall AWA. Warum?
Soweit wir es nachvollziehen konnten, wurde das AWA damals nicht informiert. Warum, wissen wir noch nicht. Klar ist, dass das Vorgehen der Firma TGC strafrechtliche Konsequenzen hat; wir prüfen rechtliche Schritte gegen das Unternehmen.
Der Bericht, den Sie gestern vorgelegt haben, fällt für Sie insgesamt sehr positiv aus. Demnach wurde das Material im Steinbruch Mitholz im Grossen und Ganzen korrekt verarbeitet und entsorgt. Nur bei «verhältnismässig kleinen Mengen» bestehen Zweifel, so heisst es. Trotzdem mussten im Steinbruch auf Anweisung des AWA rund 1000 Tonnen bereits verfülltes Material aus dem Lötschbergtunnel, sogenannte Feinfraktionen, wieder ausgegraben und entsorgt werden. Sind 1000 Tonnen eine kleine Menge?
Sie müssen die Relationen sehen. In dem Zeitraum, den wir untersucht haben, also von 2012 bis 2020, wurden in Mitholz rund 350 000 Tonnen Material angeliefert. Von dieser Menge ist nach unseren Erkenntnissen der ganz überwiegende Teil vorschriftsmässig verarbeitet oder deponiert worden.
Aber warum mussten diese 1000 Tonnen überhaupt wieder ausgegraben werden? Eigentlich soll es sich dabei ja um unproblematisches Material handeln ...
Das geschah im Sommer 2020 in Abstimmung mit dem AWA. Der Schotter aus dem Lötschberg-Scheiteltunnel war als unverschmutzt und tolerierbar, das heisst schwach verschmutzt, deklariert. Wir haben das Material trocken aussortiert, also in Schotter, sogenannte Grobfraktion und Feinfraktion, getrennt. Wenn irgendwo bedenkliches Material drin ist, dann am ehesten in dem feinen Material. Das haben wir dann wieder abgebaut und entsorgt.
Also gewissermassen als Vorsichtsmassnahme?
Die Massnahme geschah in Absprache mit dem AWA. Mehr kann ich dazu momentan nicht sagen, weil die juristischen Abklärungen noch laufen.
Im Bericht ist davon die Rede, dass Sie «erkannte Unzulänglichkeiten beheben» wollen. Was sind das für Unzulänglichkeiten, können Sie die näher benennen?
Wir haben seit dem letzten Herbst Weisungen herausgegeben, mit denen wir die Annahme von Material einheitlich regeln. Dabei haben wir auch die Kontrollmechanismen verschärft. Wir führen nun häufiger Rückstellproben durch, wir haben Kameras installiert, um die Anlieferungsvorgänge besser nachvollziehen zu können, und wir machen zusätzliche Schulungen für unsere Mitarbeiter.
Mit den Ergebnissen der internen Untersuchung haben Sie nun Ihre Sicht der Dinge präsentiert. Das grundsätzliche Problem aber bleibt bestehen: Die Blausee-Besitzer beharren darauf, dass die Vorgänge im Steinbruch zum Forellensterben in ihrer Fischzucht geführt haben. Zum Beleg verweisen auch sie auf ihre eigenen Wasserproben. Wie gehen Sie mit diesen unterschiedlichen Wahrnehmungen um?
Ich kann die Wasserproben, die Herr Linder präsentiert hat, nicht beurteilen. Wir haben von den Vorwürfen gegen uns auch erst aus der Presse erfahren und sind davor nie vom Blausee kontaktiert worden. Alles, was ich sagen kann, ist also: Unsere Messungen, die übrigens stets in Absprache mit dem AWA erfolgt sind, waren immer sauber. In den Wasserproben gab es keine Anzeichen für eine Gefährdung des Grundwassers. Deshalb sagen wir: Wir sehen zwischen dem Steinbruch und dem Forellensterben in einigen Bassins der Blausee-Fischzucht keinen Zusammenhang.
INTERVIEW MARK POLLMEIER