Waren aus dem Morgenland
19.02.2021 Porträt, Kandergrund, Blausee, MitholzMitten im Kandertal liegt das kleine Reich von Brahim El-Hajra. Mit seinem Shop «El-Fesi» bringt er ein wenig orientalische Lebensfreude in die Region. El-Hajra hat spannende Zeiten hinter sich – und vor sich. Denn von der Räumung des Munitionslagers Mitholz wird auch er betroffen ...
Mitten im Kandertal liegt das kleine Reich von Brahim El-Hajra. Mit seinem Shop «El-Fesi» bringt er ein wenig orientalische Lebensfreude in die Region. El-Hajra hat spannende Zeiten hinter sich – und vor sich. Denn von der Räumung des Munitionslagers Mitholz wird auch er betroffen sein.
MICHAEL SCHINNERLING
Viele Lampen mit bunten und filigranen Mustern hängen an der Decke, blauweisse Salatteller stehen in den Regalen. Dazwischen finden sich Duftlampen, Windlichter, Laternen, Schüsseln, Schalen und Servierteller. Jedes Teil trägt typische marokkanische Ornamente in vielen Farben, handbemalt direkt aus Marokko. Verteilt im Raum stehen traditionelle Mosaiktische. Hier sind liebevoll Teekannen, Teetassen, Zuckerdosen und alles, was es zu einer richtigen Teezeremonie braucht, drapiert. «Und das hier ist mein Tajine, ein Ton-Dampfkochtopf. Diesen braucht man für das traditionelle marokkanische Kochen», erklärt Brahim El-Hajra. Man fühlt sich wie in einem Land aus Tausendundeiner Nacht. Oder, wie man auf Arabisch sagen würde, «Alf Leila Wa Leila». Seit 17 Jahren hat El-Hajra den gleichen Verkäufer in Marokko. Früher fuhr er selbst mit einem Kleintransporter die über 2500 Kilometer via Frankreich und Spanien nach Fès, woher sein Vater ursprünglich stammt. Später nutzte er die Fähre ab Frankreich (Sète). Mit der Zollabwicklung vergingen dabei bis zu fünf Tage.
El-Hajra fotografiert seine Waren und verwaltet seinen Onlineshop eigenständig. «Von den Bestellungen in Marokko bis zum Kunden in der Schweiz mache ich alles selbst.» Nach Voranmeldung kann man seinen Showroom besuchen.
«Hierzubleiben wäre mein Wunsch»
In seiner Jugend reiste El-Hajra zum Arbeiten für ein Jahr in die Dominikanische Republik. Als er zurückkam, fand er als Verantwortlicher des Take-away im Blausee eine Arbeit. Die Region gefiel ihm so gut, dass ihm schnell klar wurde: «Hier will ich bleiben!» Zwei Jahre lang führte er die Adler-Bar in Kandersteg und arbeitete auch schon als Bademeister. Seit gut einem Jahr ist er an mehreren Tagen im Kandersteger Bahnhofkiosk anzutreffen. Der Teilzeitjob sei ein guter Ausgleich zur Arbeit im Versand und gebe ihm eine gewisse Sicherheit. Mit dem Verkauf marokkanischer Artikel begann er auf Märkten in Thun und Bern. Von 2005 bis 2010 führte El-Hajra einen Laden in Thun. Seit zehn Jahren betreibt er seinen Onlineshop und den Showroom beim alten Bahnhof Blausee-Mitholz.
Dass er wegen des Munitionslagers wird umziehen müssen, bereitet El-Hajra Sorgen. «Alle wollten, dass die Munition hier geräumt wird und wurden überrascht, dass es so lange dauern würde.» Nun ist offen, wohin der Weg ihn führen wird. Frutigen oder Kandersteg wären gut, so könnte er in der Nähe seiner Kinder bleiben, die er regelmässig betreut. Er erinnert sich, wie er 2014 mit dem Traktor vom Wärterhaus oberhalb der Felsenburg ins Dorf zügelte. Alles wurde auf Anhänger geladen, und mithilfe des BLS-Teams wurde das Inventar nach unten transportiert. «Denn es gibt nur einen kleinen Fussweg zum Wärterhaus, der gute 15 Minuten in Anspruch nimmt. Dort wohnte ich 16 Jahre lang.»
In der Region gefällt es El-Hajra nach wie vor gut. «Es war schon immer mein Wunsch, ländlich zu wohnen. Der Zusammenhalt im Dorf Mitholz ist gross. Ich habe hier meinen eigenen Garten, eine Leidenschaft von mir. Du wohnst hier sehr schön und bist sehr schnell in Kandersteg oder Thun – und doch etwas abseits vom Schuss.» Wohin geht er, wenn er aus Mitholz wegmuss? «Das weiss ich nicht. Ich suche nach einer Lösung. Vielleicht hat ja jemand passende Räumlichkeiten in der Region. Im Lager befindet sich Ware für einen riesigen Container», ergänzt er. El-Hajra weiss nur: «Hierzubleiben wäre mein Wunsch.»
Einen Link zu «El-Fesi» finden Sie in unserer Web-Link-Übersicht unter www.frutiglaender.ch/ web-links.html
ZUR PERSON
Der 47-jährige Brahim El-Hajra hat zwei Kinder und lebt getrennt. Er ist in Ostermundigen gross geworden. Mit 18 Jahren kam er nach Thun und blieb dort bis 1997. Seit 1998 ist er in Mitholz zu Hause.
MS