POLITISCHES PARKETT
26.03.2021 KolumneEine «eigentliche Fehlkonstruktion» und ein politischer Erfolg
Die Frühlingssession des Grossen Rats wurde wegen der Corona-Situation nicht im Rathaus durchgeführt, sondern wieder in die alte Festhalle auf das Bernexpo-Gelände verlegt. Für mich ist positiv, dass wir ...
Eine «eigentliche Fehlkonstruktion» und ein politischer Erfolg
Die Frühlingssession des Grossen Rats wurde wegen der Corona-Situation nicht im Rathaus durchgeführt, sondern wieder in die alte Festhalle auf das Bernexpo-Gelände verlegt. Für mich ist positiv, dass wir auf unseren Tischen mehr Platz zur Verfügung haben. Leider kommt aber unter diesen Umständen der wichtige persönliche Kontakt unter den Ratsmitgliedern zu kurz.
Für einigen Gesprächsstoff sorgten die Vorstösse zu den Covid-Härtefallhilfen des Bundes, die in den Kantonen umgesetzt werden müssen. Der Regierungsrat hatte in Bern, als einer der ganz wenigen Kantone, die Bundesvorgaben noch verschärft, sodass Betriebe mit einem Umsatz unter 100 000 Franken von den Hilfen ausgeschlossen waren. Der Grosse Rat gab dem Regierungsrat schliesslich den Auftrag, diese Grenze auf 50 000 Franken zu senken. In meinem Votum als Fraktionssprecher habe ich die Härtefallregelung des Bundes ganz grundsätzlich kritisiert. Diese ist eine eigentliche Fehlkonstruktion, sie ist bürokratisch, kompliziert und ungerecht. Betriebe, die beispielsweise ihre Gebäude und Autos gekauft haben statt diese zu mieten oder zu leasen, erhalten keinen Beitrag an die Fixkosten. Aus meiner Sicht müssten Betriebe, die unverschuldet von einem behördlich auferlegten Arbeitsverbot betroffen sind, nach ihrem vorherigen Umsatz entschädigt werden. Es ist nicht einzusehen, warum sie erst zum «Härtefall» werden müssen, bevor ihnen geholfen wird.
Dass es in der Politik oftmals ziemlich viel Ausdauer und Geduld braucht, um etwas zu bewegen, habe ich bei der Beratung des Gesetzes über die Motorfahrzeugsteuern erlebt. Vor vier Jahren hatte ich mit einer Motion versucht, die Pistenfahrzeuge von der Motorfahrzeugsteuer zu befreien. Ich begründete dies damit, dass Pistenfahrzeuge keine Strassenfahrzeuge sind und keine Strassen benötigen, um sich fortzubewegen. Auch in anderen Kantonen sind diese steuerbefreit. Was damals knapp nicht gelang, konnte nun plötzlich mit einer grossen Mehrheit im Parlament erreicht werden. Da eine Mehrheit im Parlament nebst dem Gewicht neu auch den CO2-Ausstoss bei der Steuerbemessung berücksichtigen will, war diese gewillt, hier ein kleines Zugeständnis zu machen. (Siehe Artikel rechts.) Wichtigstes Geschäft war für mich persönlich meine Motion, die eine faire Festsetzung der amtlichen Werte forderte. Vor allem in den touristischen Gemeinden im Oberland musste nach der neuen amtlichen Bewertung festgestellt werden, dass diese zu unverständlich hohen Werten geführt hatte. Ich forderte eine Überarbeitung der Bewertungskriterien, sodass die unterschiedlichen Werte von Erst- und Zweitwohnungen berücksichtigt und auch die Lage der Objekte gewichtet werden. Im Vorfeld sowie während der Session habe ich sehr viel Zeit investiert, um mit Mitgliedern im Grossen Rat Gespräche zu führen und Überzeugungs arbeit zu leisten. Erfreulicherweise wurde die Motion dann auch in allen Punkten deutlich angenommen. Der Regierungsrat hat nun den Auftrag, die amtliche Bewertung zeitnah zu überarbeiten.
JAKOB SCHWARZ, GROSSRAT EDU