Warmer Ziegenkäse
Kochen war schon immer eine Leidenschaft von mir. Diese hat sich dank der im Moment zuhauf zur Verfügung stehenden Zeit weiter ausgeprägt.
Wenn man schon nicht gross Besuch empfangen kann, dann kocht man für die Familie und probiert neue Rezepte ...
Warmer Ziegenkäse
Kochen war schon immer eine Leidenschaft von mir. Diese hat sich dank der im Moment zuhauf zur Verfügung stehenden Zeit weiter ausgeprägt.
Wenn man schon nicht gross Besuch empfangen kann, dann kocht man für die Familie und probiert neue Rezepte aus. Deren gibt es ja zu Tausenden im Internet, aber auch in den mit Freunden getauschten Kochbüchern.
So koche ich mich durch die indische, nordafrikanische oder italienische Küche. Ich kaufe viel frisches Gemüse vom Bauern und mache Pasta und Brot meist selber. Meine Familie macht dies zum Glück mit und ist neuem Essen gegenüber aufgeschlossen – wenigstens meistens und solange es gut schmeckt.
Die Grenzen des Ausprobierens wurden mir beim Käsekuchen nun aber deutlich aufgezeigt. Hätte ich ihn klassisch und so wie immer zubereitet, wäre mein Freipass in der Küche nie infrage gestellt worden. Aber eben; hätte … Da ich auch dieses Rezept anpasste und mit Birnen, Speck und frischem Ziegenkäse verfeinerte (wobei hier «verfeinern» nicht für alle Geschmäcker gilt), habe ich meine Punkte verspielt. Mein Verhängnis war, dass der Kuchen wunderbar duftete und köstlich aussah. So setzten sich erwartungsvolle Familienmitglieder an den Tisch und freuten sich auf Käsekuchen mit frischem Salat. Bis zum ersten Bissen waren alle noch fröhlich, danach bewegten sich die ersten Augenbrauen nach oben. «Hast du da etwa Ziegenkäse mit reingetan?» – «Ja, den ganz frischen, der kaum nach Ziege schmeckt!», versuchte ich die Lage noch zu retten.
Es half leider nichts. Der frische und milde Ziegenkäse zeigte seinen wahren Charakter im warmen Zustand in aller Deutlichkeit und dies in meinem Käsekuchen, der doch eigentlich laut Rezeptbeschrieb ein Gedicht sein sollte. Besonders, wenn man ihn mit einem Glas kühlen Weissweins geniesst. «Der Weisswein ist sehr fein!», meinte ich und prostete meinem Mann zu. Die Blicke blieben mir und dem Käsekuchen gegenüber eher finster. So wurde an diesem Abend sehr viel Salat gegessen und nur wenig Kuchen.
Meine Kochkünste werden seither von der Familie zum Glück immer noch gelobt und alle sind auch immer noch einverstanden, wenn ich ein Rezept ausprobieren will. Die Bemerkung «einfach ohne Ziegenkäse» können sie sich aber nur schwer verkneifen. Deshalb bin ich froh, dass nun die Restaurants wieder offen sind und die Abwechslung in den kulinarischen Alltag zurückbringen. So kann ich mich wieder auf Bewährtes und Beliebtes in der Küche konzentrieren und den warmen Ziegenkäse auswärts essen, denn ich persönlich mag ihn ja sehr.
BARBARA JOST
BAEBU.JOST@BLUEWIN.CH