Hohe Bussen für zwei Umweltsünder
23.04.2021 GesellschaftJUSTIZ Wer gegen das Umwelt- und das Baurecht verstösst, muss mit harten Strafen rechnen. So erging es auch zwei Frutigländern, die am Mittwoch vor Gericht standen. Damit sie nicht noch mehr zahlen müssen, akzeptierten sie ihre zuvor erhaltenen Strafbefehle und zogen ihre Einsprachen ...
JUSTIZ Wer gegen das Umwelt- und das Baurecht verstösst, muss mit harten Strafen rechnen. So erging es auch zwei Frutigländern, die am Mittwoch vor Gericht standen. Damit sie nicht noch mehr zahlen müssen, akzeptierten sie ihre zuvor erhaltenen Strafbefehle und zogen ihre Einsprachen zurück.
PETER SCHIBLI
Illegale Schuttablagerung, Waldrodungen, Verstösse gegen das Gewässerschutzgesetz: Am Regionalgericht Oberland nehmen seit einiger Zeit die Fälle von Umwelt- und Bauvergehen zu. Das Engstlig- und das Kandertal als Deliktsorte sind dabei keine Ausnahmen. Vor Gericht in Thun standen am Mittwoch zwei Frutigländer, beide mit längeren Vorgeschichten an Umweltsünden.
Die Staatsanwaltschaft warf den beiden Beschuldigten mehrfache Übertretungen gegen das Baugesetz, das Abfallgesetz, das Umweltschutzgesetz, das Gewässerschutzgesetz, das Waldgesetz und gegen das Natur- und Heimatschutzgesetz vor. Gemäss Abklärungen der Behörden hatten sie 2018 ohne entsprechende Baubewilligung Asphaltgranulat auf eine Zufahrtsstrasse gestreut, die Strasse verbreitert und einen Wanderweg verlegt. Asphaltgranulat gilt gemäss Baugesetz als Abfall, der das Grundwasser verschmutzen kann. Betroffen von den nicht bewilligten Arbeiten war streckenweise auch ein benachbartes Auengebiet.
Ebenfalls im Jahr 2018 errichteten sie ohne entsprechende Bewilligung eine Bruchsteinmauer und rodeten Wald. Einer der Beschuldigten veränderte zudem das Waldareal und richtete in seinem Holzschopf eine Werkstatt und eine Dieseltankstelle ein. Der zweite Beschuldigte nutzte seinen sich ausserhalb der Bauzone befindlichen Materialdeponieplatz ohne Baubewilligung um.
Keine Bewilligungen auf «grüner Wiese»
Per Strafbefehl vom 18. März 2020 verurteilte die Staatsanwaltschaft Oberland den ersten Beschuldigten zu einer Busse von 12 200 Franken plus 800 Franken Gebühren. Der zweite Beschuldigte sollte für seine Taten eine Busse von 15 800 Franken sowie ebenfalls 800 Franken Gebühren entrichten. Da beide den Strafbefehl nicht akzeptierten, wurden sie vom Regionalgericht Oberland zu einer Verhandlung vorgeladen.
Die beiden Beschuldigten beriefen sich zu ihrer Verteidigung auf eine jahrelange Praxis. Asphaltgranulat werde seit eh und je in geringen Mengen dem Strassenbelag beigemischt. Hierzu brauche man keine Bewilligung. Den Vorwurf illegaler Ablagerung von mineralischen Bauabfällen wiesen sie mit dem Hinweis zurück, andere Unternehmen im Tal täten dies auch. Ob man angeklagt werde oder straflos ausgehe, hänge davon ab, wie man heisse, gaben sie zu Protokoll. Strittig blieben im Beweisverfahren der Verlauf der Auenschutzgrenze und des tangierten Waldgebiets.
Als vom Gericht vorgeladener Zeuge bestätigte der Bauverwalter der Gemeinde Frutigen, er habe im Oktober 2018 aufgrund einer Meldung gemeinsam mit Vertretern der kantonalen Ämter den Deliktsort besichtigt und zahlreiche Verstösse gegen die Gesetzesbestimmungen festgestellt. Notwendige Deponie-, Bau- oder Rodungsbewilligungen gebe es für die Parzellen keine. Im Gegensatz zu der «grünen Wiese» der beiden Beschuldigten existiere für eine zweite Deponie in der Gemeinde Frutigen eine rechtskräftige Bewilligung. Von einer Ungleichbehandlung könne deshalb keine Rede sein.
Wink mit dem Zaunpfahl
Für die Thuner Gerichtspräsidentin schien der Fall klar. Am Schluss des Beweisverfahrens liess sie deshalb durchblicken, die im Strafbefehl ausgesprochenen Bussen seien ihrer Meinung nach zu tief und könnten in einem zu fällenden Urteil wesentlich höher ausfallen. Sie schlug den beiden Beschuldigten und dem anwesenden Anwalt eine Bedenkpause vor, in der sie das weitere Vorgehen besprechen könnten. Die klaren Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Zurück im Gerichtssaal, zogen die Beschuldigten ihre Einsprachen gegen den Strafbefehl zurück und baten die Richterin, bei den Gerichtskosten Milde walten zu lassen – was diese auch tat. Statt eines Urteils erhielten damit die beiden Strafbefehle Rechtskraft. Die zusätzlichen Gerichtskosten legte die Gerichtspräsidentin auf je 100 Franken fest.
Fazit des Falls: Wer Bauschutt ablagert, den Verwendungszweck einer Parzelle oder eines Gebäudes verändert, Bäume fällt oder einen Weg verlegt, erkundigt sich besser vor den Arbeiten bei den zuständigen Behörden, ob dafür eine Bewilligung nötig ist.